Ein Beitrag
für die kommunalen Entscheidungsträger
zur Diskussion zum
"Zweites Gesetz
zur Änderung des
Brandenburgischen Schulgesetzes"

kommunal aktuell
 
2-2001
 

 

 


Mai 2001

Inhaltsverzeichnis
Seite im Kommunal Aktuell
1. Vorwort
1-2
2. Aus dem Entwurf...
3-15
3. Stellungnahme des Städte- und Gemeindebund Brandenburg
15-27
4. Stellungnahme der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
28-48
5. Harald Petzold, Stellv. Landesvorsitzende der PDS Brandenburg
48-51
6. Gemeinsame Erklärung von ['solid], Jusos und Grüner Jugend
52-53
7. Thesenpapiere der SPD in Vorbereitung der Bildungs- und erziehngs-
politischen Konferenz "Bildung braucht Erziehung" 9. Juni 2001
53-57
8. Presseerklärungen des PDS Landesvorstandes
58-65
9. Erklärung der Bildungspolitischen Konferenz der PDS, Leipzig 1. April 2001
66-71

 


Seite 1-2

Die gegenwärtig gültige Schulentwicklungsplanung für die Kreise und kreisfreien Städte läuft zum Sommer 2002 aus. Seit Februar 2001 liegt der Gesetzentwurf der Landesregierung zum "Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes" vor.

Die bildungspolitischen Maßnahmen der Koalitionäre in Brandenburg, die auf mehr Verbindlichkeit und ein strafferes Regiment in den Schulen zielen, sind im Kern strukturkonservativ. Sie zementieren und erweitern zugleich die selektiven Tendenzen im Bildungswesen.
Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe charakterisiert in seiner Regierungserklärung 1999 die gegenwärtige Gesellschaft als "Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft" und erklärt zu deren "Symbol" Selbständige und Existenzgründer. Beate Blechinger, Vorsitzende der CDU-Landtags-fraktion, pflichtet ihm bei, indem sie eine "Kultur der Selbständigkeit" propagiert. Im weltweiten Glo-balisierungswettbewerb, so Blechinger über das Motiv bildungspolitischen Handelns, müsse man sich behaupten können. Zu dem Zweck kündigt sie eine "Richtungsänderung" in der Bildungspolitik an und verlangt ein "effizientes" Bildungssystem. Gemeint ist eins, das sich lediglich "Rechnen" lässt. Jörg Schönbohm, stellvertretener Ministerpräsident und Innenminister : "...unsere Gesellschaft muss wie-der auf Erfolg durch Leistung setzen! Wer heute Erfolg haben will, muss Wissen und soziale Kom-petenz mitbringen. Wer Erfolg haben will, muss sich für seine Ideen begeistern können und bereit sein, mehr Zeit als andere zu investieren. Dann steht die Welt offen. Aber diese Chance muss man auch nutzen. Und deshalb treten wir so vehement für Veränderungen in der brandenburgischen Bil-dungspolitik ein, denn hier geht es um die Zukunft unserer Jugend. Hier brauchen wir endlich einen Wechsel hin zu mehr Leistungsorientierung und stärkerer Differenzierung. Ich bin froh darüber, dass wir im letzten Jahr die Einrichtung von Schnellläuferklassen und somit den Einstieg in das Abitur nach 12 Jahren Schulzeit beschlossen haben. ...Und die Bildungsreform geht 2001 weiter." (aus der Rede "Bewahren und verändern - Mut zur Wertorientierung", gehalten am 11. Januar 2001 in Potsdam - Quelle: www.cdu-brandenburg.de/_private/rede_werte.htm) Ob aber ein effizientes, den Interessen der Wirtschaft angepasstes auch ein gutes Bildungssystem ist, wird sich zeigen müssen. Betriebswirtschaftliche Effizienz ist jedenfalls kein pädagogisches Kriterium, das einen Umbau des existierenden Bildungswesens rechtfertigte. Überhaupt zeigt das derzeitige Vokabular der Bildungs-politiker, das eher betriebswirtschaftliche denn pädagogische Kriterien die Bildungspolitik dominieren.

Zusammenfassend lässt sich mit dem Soziologen Oskar Negt über die Positionen der neuen Mitte in der Bildungspolitik konstatieren:

"Was von konservativen Bildungspolitikern als Lösungsmöglichkeiten der Bildungsmisere ins Auge gefasst wird - an die Stelle von Chancengleichheit verschärfte Selektionskriterien des Bildungszu-gangs zu setzen und einer auf technologische Kompetenz reduzierten Massenbildung speziell geför-derte Elitebildung gegenüber zustellen -‚ würde nicht nur die Zweiteilung der Gesellschaft bruchlos ins Bildungssystem übertragen und damit alle Gerechtigkeitsvorstellungen, die mit der sozialliberalen Bildungsreform verknüpft waren, zum alten Eisen werfen. Schwerwiegender scheint mir noch der Ein-wand zu sein, dass eine solche Restauration des alten Klassensystems der Bildung von Bedingun-gen ausgeht, die zur reinen Fiktion geworden sind. Diese Konzeptionen setzen nämlich voraus, dass es nur einer entschlossenen Ökonomisierung der Ausbildungszeiten und einer technischindustriellen Effektivierung der Qualifikationen bedarf, um alle, die auf den verschiedenen Ebenen des Ausbildungs-systems qualifizierte Abschlüsse erlangen, in das bestehende Berufssystem integrieren zu können. Die Krise der herkömmlichen Erwerbs- und Arbeitsgesellschaft ist im Verstehenshorizont dieses technologisch aufgeputzten Neu-Konservatismus kein Thema." (Negt 1997, S. 18; eig. Herv.)

Vor diesem Hintergrund, insbesondere der vorgesehenen zum Teil gravierenden Änderungen, gilt es nun, die aktuelle Diskussion zu befördern. Der Schulentwicklungsplan soll wiederum in seinen Grund-zügen für fünf Jahre gültig sein. Er wird somit den Planungsrahmen für die künftigen Bildungsange-bote, für Schulbaumaßnahmen als auch für die Schließung von Schulstandorten in den jeweiligen Regionen darstellen. Er ist quasi damit Element kommunaler Selbstverwaltung und regionaler Ent-wicklungsplanung.

Für uns als "kommunalpolitisches forum Land Brandenburg" e.V. war und ist es ein wichtiges Anlie-gen, Kommunalpolitik transparent zu machen, um Betroffenen und Akteure zu ermutigen, sich in die notwendigen Entscheidungsprozesse einzumischen. Dies setzt in erster Linie Information und Wis-sen über die Rechte und Möglichkeiten der Mitgestaltung voraus.

Das vorliegende Material soll dazu Sachinformationen als auch einen Auszug aus dem gegenwärtigen Stand der Diskussion hierzu liefern, damit die Entscheidungsträger in die Lage versetzt werden, sich in die notwendige Fortschreibung der kreislichen Schulentwicklungsplanung kompetent "einzu-mischen".

Steffen Friedrich
Mitarbeiter der Geschäftsstelle
Mai 2001

Textanfang


Seite 3-15

Aus dem Gesetzentwrf der Landesregierung, "Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes"
(Bei diesem Auszug haben wir uns ausschließlich auf die Änderungen beschränkt, die für die kreis-lichen Entscheidungsträger aus unserer Sicht von Bedeutung sind.)


Teil 8
Öffentliche Schulträgerschaft

§ 99
Wirkungskreis des Schulträgers

(1) Der Schulträger verwaltet seine Schulangelegenheiten in eigener Verantwortung nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) 1Schulträger beschließt über die Errichtung, Änderung und Auflösung und unterhält und verwaltet die Schule als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe. 2Erstellt insbesondere die Schulanlagen, Gebäu-de, Einrichtungen, Lehrmittel und das sonstige Personal. 3Wird die Schule von Schülerinnen und Schülern besucht, denen eine tägliche Anreise nicht zugemutet werden kann, soll der Schulträger ein Wohnheim oder ein Internat bereitstellen, wenn dafür ein Bedürfnis besteht, insbesondere in den länd-lichen, dünn besiedelten Gebieten und bei Schulen mit landesweiter Bedeutung aufgrund der geneh-migten Schulentwicklungsplanung. 4Der Schulträger soll die Selbständigkeit der Schulen gemäß § 7 unterstützen.

(3) 1Der Schulträger kann soll der Schule neben der Bezeichnung gemäß § 16 einen Namen geben. 2Dem Namen kann ein Hinweis auf das Profil oder die besondere Prägung einer Schule beigefügt werden. 23Die Namensgebung erfolgt im Einvernehmen mit der Schule.

(4) 1Schulische Anlagen und Einrichtungen dürfen über die in § 7 Abs. 6 genannten Zwecke hinaus für nichtschulische Zwecke nur bereitgestellt werden, wenn schulische Interessen, insbesondere der geordnete Unterrichtsbetrieb und der Schulfriede nicht beeinträchtigt werden. 2Der Schulträger ent-scheidet hierüber im Benehmen mit der Schulleitung unter Berücksichtigung der Interessen der Ge-meinde, in der die Schule liegt.

(5) Das den Vorsitz führende Mitglied des Kreisschulbeirates soll als Mitglied mit beratender Stimme in den für Schule zuständigen Ausschuss des jeweiligen Kreistages oder der jeweiligen Stadtverord-netenversammlung berufen werden

§ 100
Schulträger

(1) 1Träger von Grundschulen sind die Gemeinden oder Gemeindeverbände mit Ausnahme der Land-kreise. 2Sie sind auch Träger der Grundschulen, die gemäß § 30 Abs. 4 mit Förderschulen oder Klassen für Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf Förderklassen zusammengefasst sind. 3Gemeinden mit weniger als 5 000 Einwohnern sollen sich zu Schulverbänden zusammen-schließen oder die Schulträgerschaft auf das Amt übertragen, wenn die Schülerzahl für die Errichtung oder Fortführung einer in der Schulentwicklungsplanung als erforderlich bezeichneten Grundschule nicht vorhanden oder innerhalb von fünf Jahren nicht zu erwarten ist.

(2) 1Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sind die Landkreise und kreisfreien Städte. 2Große kreisangehörige Städte oder Mittlere kreisangehörige Städte gemäß § 2 Abs. 3 der Gemeindeordnung können Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sein. 3Andere Gemeinden oder deren Zusammenschlüsse können Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen sein, wenn die Schülerzahl für die Errichtung oder Fortführung einer in der Schulentwick-lungsplanung als notwendig bezeichneten weiterführenden allgemeinbildenden Schule vorhanden oder innerhalb von fünf Jahren zu erwarten ist. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für Gesamtschulen, die gemäß § 20 Abs. 4 mit Grundschulen zusammengefasst sind, sowie für weiterführende allgemein-bildende Schulen. die gemäß § 30 Abs. 4 mit Förderschulen oder mit Klassen für Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf Förderklassen zusammengefasst sind.

(3) 1Träger von Oberstufenzentren, von Förderschulen, von Kollegs und von Abendschulen sind die Landkreise und kreisfreien Städte. 2Die Trägerschaft für Förderschulen erstreckt sich auch auf Son-derpädagogische Förder- und Beratungsstellen. 3Bei entsprechendem Bedarf sind Krankenhaus-schulen Förderschulen für Kranke einzurichten.

(4) 1Träger von Kollegs und von Schulen oder Klassen in Justizvollzugsanstalten ist das Land. 2Zur Ergänzung des Schulwesens kann das Land Schulen mit einem besonderen Bildungsangebot oder Versuchsschulen errichten.

§ 102
Schulentwicklungsplanung

(1) 1Die Schulentwicklungsplanung soll die planerische Grundlage für ein möglichst wohnungsnahes und alle Bildungsgänge umfassendes Schulangebot und den Planungsrahmen für einen zweckent-sprechenden Schulbau schaffen. 2In allen Landesteilen soll ein gleichwertiges und regional ausge-wogenes Angebot schulischer Bildungsgänge vorhanden sein. 3Die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung sind insbesondere bei der Zuordnung der Schulangebote zur zentralörtlichen Glie-derung des Landes zu beachten.

(2) 1ln der Schulentwicklungsplanung wird der gegenwärtige und künftige Schulbedarf ausgewiesen. 2Die Schulentwicklungsplanung berücksichtigt, welche Bildungsgänge gegenwärtig an welchen Standorten vorhanden sind oder zukünftig angeboten werden. 3Für jeden Standort Schule wird das Einzugsgebiet aufgrund des Schüleraufkommens, des Schulwahlverhaftens und der örtlichen Ver-kehrsverhältnisse genannt. 4Schulen in freier Trägerschaft sind bei der Prognose des Schulbedarfs zu berücksichtigen. 5Schulen in freier Trägerschaft können in den Schulentwicklungsplan einbezogen werden, soweit ihre Träger das Einverständnis erklären. 6Schulentwicklungspläne müssen die Maßnahmen zu ihrer Umsetzung unter Angabe der Rangfolge und zeitlichen Reihenfolge ihrer Verwirklichung enthalten.

(3) 1Schulentwicklungsplan soll für einen Zeitraum von fünf Jahren (Planungszeitraum), erstmalig mit dem Stichtag 1. August 1997 für die voraussichtliche Entwicklung bis zum 31. Juli 2002, auf der Ba-sis der jüngsten Schulstatistik aufgestellt und beschlossen werden. 2Schulentwicklungspläne sind rechtzeitig vor Ablauf des Planungszeitraums fortzuschreiben. 3Die Schulentwicklungspläne sind auch innerhalb des Planungszeitraums fortzuschreiben, soweit es erforderlich wird, insbesondere bei einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Grundlagen (Planungsgrundlagen).

(4) 1Die Landkreise und die kreisfreien Städte nehmen die Aufgabe der Schulentwicklungsplanung als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe wahr. 2Mit den kreisangehörigen Schulträgern ist Benehmen herzustellen. 3Gemeinden, Ämter und Schulverbände können einen Schulentwicklungsplan für die von ihnen getragenen oder geplanten Schulen aufstellen. 4Sie haben mit dem Landkreis Benehmen her-zustellen. 5Hat das Bildungsangebot eine über das Gebiet des Trägers der Schulentwicklungs-planung hinausgehende Bedeutung, ist über die Schulentwicklungsplanung mit den betroffenen Trägern der Schulentwicklungsplanung, auch in anderen Ländern, Benehmen herzustellen.

(5) 1Schulentwicklungspläne und ihre Fortschreibung bedürfen für ihre Wirksamkeit der Genehmigung durch das für Schule zuständige Ministerium. 2Die Genehmigung kann auch für Teilbereiche und mit Nebenbestimmungen erteilt werden. 3Sie berücksichtigt die Ziele der Landesentwicklungsplanung und die Finanzierbarkeit der schulischen Angebote. 4Die Genehmigung kann versagt werden, wenn ein Schulentwicklungsplan mit einer zweckmäßigen Schulorganisation oder mit einer ordnungsgeßen Gestaltung des Unterrichts nicht vereinbar ist. 5Wird der erforderliche Schulentwicklungsplan nicht oder im Widerspruch zu einem anderen Schulentwicklungsplan aufgestellt, kann das für Schule zuständige Ministerium im Einvernehmen mit der Kommunalaufsichtsbehörde die Verpflichtung zu einer bestimmten Schulentwicklungsplanung verbindlich feststellen, soweit und solange dafür ein Bedürfnis besteht.

§ 103
Geordneter Schulbetrieb

(1) 1Schulen gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 bis 6, § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 müssen die für einen geordneten Schulbetrieb erforderliche Zahl von Parallelklassen (Mindestzügigkeit) haben. 2Alle übrigen Schulen Sie müssen mindestens zweizügig organisiert sein. 3Die Mindestzügigkeit gilt auch für eine Schule. die gemäß § 20 Abs. 4 oder § 30 Abs. 4 mit einer anderen Schule zusammen-gefasst ist. 4Grundschulen und Förderschulen, die keine Abschlüsse der Sekundarstufe II erteilen, sowie Fachschulen als eigenständige Schulen können einzügig sein. 5Satz 24 gilt entsprechend für schulabschlussbezogene Lehrgänge gemäß § 32 Abs. 3.

(2) 1Oberstufenzentren müssen die für einen geordneten Schulbetrieb erforderliche Anzahl von Voll-zeitklassen oder eine entsprechende Anzahl von Teilzeitklassen oder Kursen haben. 2Die erforder-liche Anzahl von Klassen beträgt mindestens 20. 3Es muss zugleich eine Organisation möglich sein, die den Anforderungen gemäß den §§ 15 und 16 Abs. 2 Satz 4 genügt und einen fachlich differen-zierten Unterricht gewährleistet.

(3) 1Schulen sollen in zusammenhängenden Gebäuden untergebracht werden. 2Die Unterbringung in getrennten Gebäuden ist in Ausnahmefällen zulässig. 3§ 19 Abs. 2 bleibt unberührt.

(4) Reicht die Zahl der Schülerinnen und Schüler in einer Gesamtschule oder in einem Gymnasium nicht aus, eine eigene gymnasiale Oberstufe zu errichten oder fortzuführen, soll sie in einem schu-lischen Verbundsystem mit der gymnasialen Oberstufe einer anderen Gesamtschule, eines Gym-nasiums oder eines Oberstufenzentrums geführt werden.

(5) 1ln Klassen der Jahrgangsstufe 7 darf eine Höchstgrenze von 30 Schülerinnen und Schülern nicht überschritten werden. 2Das Im Übrigen legt das für Schule zuständige Ministerium legt für die Klas-senbildung durch Verwaltungsvorschriften fFolgendes
fest:

1. die Richtwerte für die Klassenfrequenz,
2.

die Bandbreiten für die Klassenfrequenz, einschließlich

a)

der Bedingungen für eine Unterschreitung der Bandbreiten, insbesondere wenn der Besuch bestehender Schulen in zumutbarer Entfernung nicht gewährleistet ist und bei kleinen Jahrgangsbreiten,

b)

der Bedingungen für eine Unterschreitung der Mindestfrequenz der Klassen im Bildungsgang zum nachträglichen Erwerb der Fachober-schulreife gemäß § 33 Abs. 4 im dritten und vierten Semester, wenn für die Studierenden ein anderer Standort des gleichen Bildungsganges nicht zumutbar erreichbar ist,

c)

der Bedingungen für eine Überschreitung von Bandbreiten.


§ 105
Fortführung, Änderung und Auflösung von Schulen

(1) 1Für die Fortführung, Änderung und Auflösung von Schulen gilt § 104 Abs. 1 Satz 1 und 3 ent-sprechend. 2Abweichend von § 103 Abs. 1 gelten für die Fortführung von Schulen folgende Grund-sätze, wenn im Einzelfall eine andere Schule nicht zumutbar erreichbar ist:

1.

eine Grundschule, die die Mindestzügigkeit nicht erreicht, darf fortgeführt werden, wenn mindestens drei aufsteigende Klassen gebildet werden können,

2.

eine Allgemeine Förderschule, die die Mindestzügigkeit nicht erreicht, darf fortgeführt werden, wenn beginnend mit Jahrgangsstufe 3 mindestens fünf vier aufsteigende Klassen gebildet werden können, die im Durchschnitt den Frequenzrichtwert erreichen,

3.

eine Förderschule für geistig Behinderte kann fortgeführt werden wenn mindestens vier Lernstufen gebildet werden können. die im Durchschnitt den Frequenzrichtwert erreichen.

3-4.

eine Förderschule mit Ausnahme der Allgemeinen Förderschule und der Förderschule für geistig Behinderte darf fortgeführt werden, wenn in der Primarstufe mindestens drei aufsteigende Klassen gebildet werden können.

(2) 1Über die Änderung und Auflösung sowie die Fortführung gemäß Absatz 1 Satz 2 beschließt der Schulträger unter Beachtung der Schulentwicklungsplanung. 2Als Änderung sind der Ausbau und Ab-bau einer Schule, der Wechsel des Schulträgers sowie die Änderung der Schulform oder der ange-botenen Bildungsgänge zu behandeln. 3Für die Genehmigung gilt § 104 Abs. 2 entsprechend.

(3)1Wenn die Voraussetzungen für die Fortführung einer Schule nicht mehr erfüllt werden können oder durch die Fortführung einer Schule ein gleichwertiges und regional ausgewogenes, zumutbar erreich-bares, öffentlich getragenes Angebot schulischer Bildungsgänge gefährdet wird, soll der Schulträger die Änderung oder Auflösung der Schule beschließen. 2Kommt der Schulträger dieser Verpflichtung nicht nach, kann die Kommunalaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem für Schule zuständigen Ministerium die Änderung oder Auflösung der Schule anordnen.

§ 106
Schulbezirk

(1)4Für jede Grundschule und für jeden Bildungsgang an einem Oberstufenzentrum, in dem die Berufsschulpflicht erfüllt werden kann. wird unter Berücksichtigung der genehmigten Schulentwick-lungsplanung der Schulbezirk bestimmt, für den die Schule die örtlich zuständige Schule ist. 2Ins-besondere der Schulbezirk eines Bildungsganges an einem Oberstufenzentrum, in dem die Berufs-schulpflicht erfüllt werden kann, kann für bestimmte Berufsfelder über das Gebiet des Schulträgers hinausgehen (kreisübergreifende Fachklassen, Landesfachklassen). 3Für Grundschulen mit beson-derer Prägung kann von der Bestimmung gemäß Satz 1 abgesehen v erden. 4Wird eine Schule an mehreren Standorten geführt, so kann für jeden Standort ein eigener Schulbezirk festgelegt werden.

(2) 4Schulbezirke können sich überschneiden. 2In diesem Fall wird auch geregelt, wer für das Über-schneidungsgebiet die zuständige Schule bestimmt. 1 Die Gemeinden und Gemeindeverbände haben im Rahmen ihrer Zuständigkeit gemäß den §§ 100 und 101 ihr gesamtes Gebiet Schulbezirken zu-zuordnen oder diese Kompetenz einem anderen Schulträger zu übertragen. 2 Schulbezirke können sich überschneiden oder deckungsgleich sein. 3 Wenn sich Schulbezirke überschneiden wird auch geregelt, welche öffentliche Stelle für Schulpflichtige aus dem Überschneidungsgebiet die zuständige Schule bestimmt. 4 Übersteigt bei deckungsgleichen Schulbezirken die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität einer Schule, so richtet sich die Auswahl nach der Nähe der Wohnung zur Schu-le. 5Als zuständige Schule gemäß § 112 Abs. 3 gilt die nächsterreichbare Schule.

(3) Wird eine Schule an mehreren Standorten geführt, so kann für jeden Standort ein eigener Schul-bezirk festgelegt werden.

(3-4) 1Soweit Schulbezirke gebildet worden sind, besucht die Schülerin oder der Schüler Grund-schülerinnen und Grundschüler sowie Berufsschulpflichtige besuchen die für die Wohnung oder den gewöhnlichen Aufenthalt zuständige Schule. 2Wer sich in einem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis befindet oder an einer Maßnahme der Bundesanstalt für Arbeit oder der Jugendhilfe teilnimmt, be-sucht das für die Ausbildungs- oder Arbeitsstätte zu ständige Oberstufenzentrum. 3 Liegt kein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis vor, wird das für die Wohnung oder den gewöhnlichen Aufenthalt zuständige Oberstufenzentrum besucht. 3Das staatliche Schulamt kann aus wichtigem Grund den Besuch einer anderen Schule gestatten, insbesondere wenn

1.

die zuständige Schule nur unter besonderen Schwierigkeiten erreicht werden kann,

2.

dies die Wahrnehmung des Berufsausbildungsverhältnisses erheblich erleichtern würde,

3.

gewichtige pädagogische Gründe hierfür sprechen oder

4.

besondere soziale Gründe vorliegen und

5.

die Aufnahmekapazität der anderen Schule nicht erschöpft ist.

4Das staatliche Schulamt entscheidet im Benehmen mit dem Träger der anderen Schule nach An-hörung des Trägers der zuständigen Schule.
(4-5) 1Die Regelungen nach den Absätzen 1 und 2 bis 3 erlässt

der Schulträger gemäß § 100 Abs. 1 bis 3 durch Satzung,

2.

das für Schule zuständige Mitglied der Landesregierung für kreisübergreifende Fachklas-sen sowie Landesfachklassen an Oberstufenzentren nach Anhörung der beteiligten Schulträger durch Rechtsverordnung.

2 Die Regelung gemäß Satz 1 Nr. 1 ist an der Stelle zu verkünden, die für die öffentliche Bekannt-machung von Satzungen vorgesehen ist. 2 Die Rechtsverordnung gemäß Satz 1 Nr. 2 kann einzelne Bildungsgänge zur Erfüllung der Berufsschulpflicht die Pflicht zur Festlegung von Schulbezirken allgemein aufheben.

Teil 9
Finanzierung der Schulen in öffentlicher Trägerschaft

§ 108
Kostenarten, Kostenträger

(1) Schulkosten sind die Personalkosten und die Sachkosten.

(2) Die Personalkosten für die Lehrkräfte gemäß § 67 und das sonstige pädagogische Personal ge-mäß § 68 Abs. 2 Satz 1 trägt das Land.

(3) Die Kosten für das sonstige Personal des Schulträgers gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 sowie die Kosten für das Personal eines gemäß § 99 Abs. 2 Satz 3 notwendigen Wohnheimes oder lnternates trägt der Schulträger.

(4) Die Sachkosten gemäß § 110 trägt der Schulträger.

§ 110
Sachkosten

() 1 Der Schulträger trägt Sachkosten sind die Kosten für die baulichen Maßnahmen zur Errichtung und Instandsetzung von Schulgebäuden, Schulanlagen und gemäß § 99 Abs. 2 Satz 3 notwendigen Wohnheimen und Internaten sowie die laufenden Ausgaben für den Sachbedarf des Schulbetriebes und des Betriebes eines Wohnheimes oder Internates. 2 Laufende Ausgaben sind die Kosten des sonstigen Personals gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2, der Sachbedarf des Schulbetriebes sowie die Per-sonalkosten und Sachkosten eines gemäß § 99 Abs. 2 Satz 3 notwendigen Wohnheimes oder Internats.

(2) 1 Zum Sachbedarf des Schulbetriebes zählen insbesondere die Aufwendungen für

1.

die Unterhaltung und Bewirtschaftung der Gebäude und Anlagen einschließlich der Aus-stattung,

2.

die Mieten und Pachten für Schulgebäude und Schulanlagen, sofern diese einem vorüber-gehenden Bedarf dienen und nach den gemeindehaushaltsrechtlichen Bestimmungen sächlicher Verwaltungs- und Betriebsaufwand sind,

3.

die Bereitstellung und Bewirtschaftung von Räumen sowie Sachausgaben für die Tätigkeit der schulischen Gremien,

4.

die Beschaffung der Lernmittel, Lehrmittel und Unterrichtsmittel einschließlich der Gebüh-ren und anderen Abgaben für ihre Bereitstellung und Nutzung sowie der Schulbücherei,

5.

die notwendige Beförderung von Schülerinnen und Schülern zwischen Unterrichtsorten,

6.

die Bereitstellung und Bewirtschaftung von Räumen sowie Bürobedarf für sonderpädagogische Fördermaßnahmen,

7.

die den Haftpflichtdeckungsschutzversicherung der für Schülerlotsen und der für Schülerinnen und Schüler, die an Schülerbetriebspraktika, Betriebserkundungen an Rad-fahrprüfungen oder an ähnlichen Schulveranstaltungen teilnehmen,

8.

die Unfallversicherung und den Versicherungsschutz gegen Sachschäden für Schüler-innen und Schüler, die gemäß § 68 Abs. 3 zur Unterstützung der Lehrkräfte herange-zogenen Personen sowie die ehrenamtlich in der Schule tätigen Personen,

9.

die Gebühren und andere Abgaben, die bei der Durchführung von Unterrichtsveranstaltun-gen entstehen, sowie die Erstattung von Gerichtskosten und Auslagen auf Grund von Verwaltungsentscheidungen der Schule und

10.

die Abgeltung von Urheberrechtsansprüchen.

2Das für Schule zuständige Ministerium kann Empfehlungen über den Umfang und die Ausgestaltung der Schulgebäude und Schulanlagen (Raumprogramm) sowie über die Einrichtung und sächliche Ausstattung der Schule herausgeben, insbesondere aus pädagogischen Gründen, zur behinderten-gerechten Gestaltung sowie aus Gründen der Gesundheit, der Sicherheit und des Umweltschutzes.

§ 112
Schülerfahrtkosten

(1) 1 Die Landkreise und kreisfreien Städte sind Träger der Schülerbeförderung. 2Sie haben die Schülerinnen und Schüler

1.

in den Bildungsgängen der allgemeinbildenden Schulen und

2.

in den Bildungsgängen des Oberstufenzentrums der Oberstufenzentren mit Ausnahme der Bildungsgänge der Fachschulen,

die in ihrem Gebiet ihre Wohnung oder ihre Ausbildungs- oder Arbeitsstätte haben, unter zumutbaren Bedingungen zur Schule und zurück zu befördern oder ihnen oder ihren Eltern die notwendigen Fahr-kosten zu erstatten. 3 Bei Schülerinnen und Schülern der Oberstufenzentren mit einem Berufsaus-bildungs- oder Arbeitsverhältnis tritt die im Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag benannte Ausbildungs- oder Arbeitsstätte an die Stelle der Wohnung. 4 Als Schule gilt auch die Praktikumstätte in der für Schülerinnen und Schüler allgemein bildender Schulen das Schülerbetriebspraktikum und für Schülerinnen und Schüler in schulischen Bildungsgängen beruflicher Schulen die fachpraktische oder betriebspraktische Ausbildung stattfindet.

(2) 1Die Landkreise und kreisfreien Städte legen die Mindestentfernung zwischen Wohnung und Schule, von der an eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht, durch Satzung fest. 2Sie ha-ben dabei die Belastbarkeit der Schülerinnen und Schüler, die Sicherheit des Schulwegs sowie die örtlichen Verkehrsbedingungen zu berücksichtigen. 3Eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht be-steht unabhängig von der Entfernung, wenn Schülerinnen und Schüler wegen einer dauernden oder vorübergehenden Behinderung den Schulweg nicht ohne Benutzung eines Verkehrsmittels zurück-legen können oder der Weg mit besonderen Gefahren für die Sicherheit und die Gesundheit ver-bunden ist.

(3) 1Die Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht für den Weg zwischen der Wohnung und der zuständigen Schule. 2Beim Besuch von Schulen, für die kein Schulbezirk gemäß § 106 Abs. 1 festgelegt ist, besteht eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht zu der nächstgelegenen mit dem geringsten Aufwand an Fahrtkosten erreichbaren Schule in öffentlicher Trägerschaft (nächsterreich-baren Schule) Schule in öffentlicher Trägerschaft der gewählten Schulform oder zu einer Schule mit besonderer Prägung Spezialschule oder Spezialklasse. 3 Für Schülerinnen und Schüler mit sonder-pädagogischem Förderbedarf besteht die Beförderungs- oder Erstattungspflicht zu der nächsterreich-baren Schule, an der nach Entscheidung des staatlichen Schulamtes eine angemessene personelle, räumliche und sächliche Ausstattung für den gemeinsamen Unterricht vorhanden ist oder geschaffen werden kann oder zu der nächst-erreichbaren Förderschule oder Förderklasse des der Behinderung entsprechenden Förderschultyps. 4 Für Schülerinnen und Schüler in Bildungsgängen der Berufsfach-schule zum Erwerb von Berufsabschlüssen nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksord-nung oder nach Landesrecht besteht die Beförderungs- oder Erstattungspflicht zu der nächsterreich-baren Schule an der der gewählte Ausbildungsberuf angeboten wird.45 Wird eine andere Schule als die zuständige oder nächstgelegene nächsterreichbare Schule besucht, sind die Aufwendungen zu erstatten, die für den Besuch der zuständigen oder nächstgelegen nächsterreichbaren Schule not-wendig wären. 56Wenn Schülerinnen und Schüler der besuchten Schule zugewiesen wurden oder diese deshalb besuchen, weil sie an der nächstgelegenen nächsterreichbaren Schule wegen ausge-schöpfter Kapazitäten nicht aufgenommen wurden werden konnten, gilt die besuchte Schule als zu-ständige oder nächstgelegene nächsterreichbare Schule. 67 Für Schülerinnen und Schüler, die auf Grund von Maßnahmen der Jugendhilfe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim oder einer Pflegefamilie haben wird die zuständige oder nächsterreichbare Schule nach dem gewöhnlichen Aufenthalt bestimmt.

(4) 1Die Landkreise und kreisfreien Städte können durch Satzung insbesondere Bestimmungen treffen über

1.

die Art und die näheren Umstände der Beförderung sowie der Fahrtkostenerstattung und

2.

einen Eigenanteil bis zu einer Höhe von monatlich 100 Deutsche Mark für Schülerinnen und Schüler am Oberstufenzentrum, die eine Ausbildungs- oder Arbeitsvergütung erhalten.

2Die Ausgabe von Zeitkarten eines Verkehrsunternehmens, die aufgrund der Tarifgestaltung und des Fahrplanangebotes neben den Schulwegen auch zu Fahrten für private Zwecke nutzbar sind, kann von einer Beteiligung der Eltern oder der volljährigen Schülerinnen und Schüler an den Kosten abhän-gig gemacht werden.
[Anmerkung: Satz 2 wurde ersetzt durch eine "kann"-Bestimmung gemäß Haushaltsstrukturgesetz 2000]

(5) 1Die Landkreise und kreisfreien Städte haben sich als Aufgabenträger für den übrigen öffentlichen Personennahverkehr insbesondere durch Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 2 und § 8 sowie § 7 Abs. 3 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr, auch gegenüber den Aufgabenträgern für den öffentlichen Schienenpersonennahverkehr darum zu bemühen, dass die Fahrpläne und Beför-derungsleistungen der öffentlichen Verkehrsmittel in ihrem Gebiet den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gemäß Absatz 2 Satz 2 und den Erfordernissen gemäß Abschnitt 2 hinreichend Rech-nung tragen. 2Die Schülerbeförderung soll in den öffentlichen Personennahverkehr eingegliedert werden.

§ 113
Schulspeisung

  (1)

1Für Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schulen bis zur Jahrgangsstufe 10 und an den Ganztagsschulen soll an Schultagen, außer an Sonnabenden, eine warme Hauptmahlzeit bereitgestellt werden, wenn ein bedarfsgerechtes Angebot wirtschaftlich ver-tretbar ist. 2Darüber hinaus kann nach den örtlichen Gegebenheiten auch für die Hauptmahl-zeit bereitgestellt werden.

  (2)

Es ist zu sichern, dass die Schülerinnen und Schüler an der Trinkmilchversorgung teilneh-men können.

  (3)

Der Schulträger legt durch Satzung die Höhe der Kostenbeteiligung bei der Schulspeisung fest. Die Festlegung erfolgt unter Berücksichtigung der ersparten häuslichen Aufwendungen.

1Die Schulträger haben dafür zu sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler der allgemein bildenden Schulen bis zur Jahrgangsstufe 10 und der Ganztagsschulen an den Schultagen außer an Sonnaben-den, an einer warmen Mittagsmahlzeit zu angemessenen Preisen teilnehmen können.2 Es ist zu sichern, dass die Schülerinnen und Schüler an der Trinkmilchversorgung teilnehmen können.

§ 114
Schulgeld

(1) Schulgeld wird nicht erhoben.

(2) 1Schülerinnen und Schüler, die ihre Wohnung oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Landes Brandenburg haben, sind verpflichtet, ein angemessenes Schulgeld zu entrichten, wenn mit ihrem Herkunftsland die Gegenseitigkeit nicht gewährleistet ist. 2Das Nähere wird durch die Gebüh-rensatzungsordnung des Schulträgers bestimmt.

(3) 1Abweichend von Absatz 1 kann für den Besuch einer beruflichen Schule von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Umschulungsmaßnahmen der Arbeitsverwaltung Bundesanstalt für Arbeit oder an betrieblichen Einzelumschulungsmaßnahmen mit einem Umschulungsvertrag ein Schulgeld erhoben werden. 2Dies gilt entsprechend für nicht mehr schulpflichtige Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Förderlehrgängen der Arbeitsverwaltung anderen Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit.

(4) 1Die Unterkunft und Verpflegung in einem Wohnheim oder Internat unterliegen nicht der Schul-geldfreiheit gemäß Absatz 1. 2Die Eltern oder die volljährigen Schülerinnen und Schüler haben dafür eine Gebühr oder ein Entgelt zu entrichten. Abweichend von 6 Abs. 1 Satz 3 des Kommunalabga-bengesetzes für das Land Brandenburg haben sie nur eine angemessene Kostenbeteiligung zu ent-richten, wenn die Wohnheimunterkunft für den Besuch einer Spezialschule oder Spezialklasse not-wendig ist. 3Der Schulträger legt die Höhe der Kostenbeteiligung durch Satzung fest.

§ 115
Mischfinanzierung

1Das Land kann den Schulträgern Zuwendungen gewähren, insbesondere für die

1.

schulischen Initiativen gemäß § 7 Abs. 5 7,

2.

Bauinvestitionen und die Ausstattungsinvestitionen insbesondere

a)

an Förderschulen gemäß § 30 Abs. 1 und an Oberstufenzentren gemäß §16 Abs. 2 Nr. 3 mit überregionaler Bedeutung,

b)

für die Zusammenfassung von allgemeinen Schulen mit einer Förderschule oder mit Förderklassen für Menschen mit sonderpädagogischen Förderbedarf gemäß § 30 Abs. 4,

3.

Durchführung von Sozialarbeit an Schulen gemäß § 9 Abs. 1 und

4.

Umweltbildungsarbeit und multikulturelle Bildungsarbeit.

2Das Land gewährt berufsschulpflichtigen Schülerinnen und Schülern im Bildungsgang zur Vermittlung des schulischen Teils einer Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung in Bundesfachklassen oder Landesfachklassen, denen eine tägliche Anreise nicht zugemutet werden kann, Zuschüsse zu den Kosten der Unterkunft und Verpflegung. 3Das Land kann Schülerinnen und Schülern Zuschüsse gewähren zu den Kosten der Unterkunft und Verpflegung insbesondere für

1.

den Besuch von Schulen mit besonderer Prägung Spezialschulen oder Spezialklassen und

2.

Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf beim Besuch von Schulen, wenn nicht eine geeignete Schule in dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt der Wohnung besteht.

§ 116
Schulkostenbeitrag

(1) 1Die Schulträger können Schulkostenbeiträge verlangen. 2Leistungsberechtigt ist der Schulträger der besuchten Schule. 3Eine Leistungsberechtigung besteht außer in Fällen gemäß Satz 6 nicht für Schülerinnen und Schüler aus dem Gebiet des kreisangehörigen Schulträgers. 4Leistungsverpflichtet ist der gemäß § 100 Abs. 1 bis 3 verpflichtete Schulträger, in dessen Gebiet die Schülerinnen oder Schüler ihre Wohnung haben. 5Abweichend von Satz 4 ist bei Gesamtschulen, die mit Grundschulen zusammengefasst wurden, für die laufenden Ausgaben der Grundschule die Gemeinde, in der die Schülerin oder der Schüler die Wohnung hat. leistungsverpflichtet. 6Abweichend von Satz 4 ist bei Schulen. die gemäß § 30 Abs. 4 mit einer Förderschule oder Förderklasse zusammengefasst wurden, für die Schülerinnen und Schüler der Förderschule oder Förderklasse der Landkreis oder die kreisfreie Stadt leistungsverpflichtet, in dessen oder deren Gebiet diese Schülerinnen oder Schüler die Wohnung haben. 7Bei Vorliegen eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses ist der Schulträger leistungsverpflichtet, in dessen Gebiet die Schülerin oder der Schüler die Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat. 8Für Schülerinnen und Schüler aus anderen Bundesländern, mit denen die Gegenseitigkeit gewährleistet ist sowie für ausländische junge Menschen im Sinne von § 36 Abs. 2 und für Berechtigte nach dem Bundesvertriebenengesetz sorgt das Land Brandenburg für einen angemessenen Finanzausgleich an den Schulträger. 9Satz 8 gilt nicht für Schülerinnen und Schüler aus anderen Bundesländern, wenn der Schulbesuch im Rahmen grenzüberschreitender kommunaler Zusammenarbeit auf Grund von Staatsverträgen erfolgt.

(2) 1Schulkostenbeitrag wird auf der Grundlage der Personalausgaben für das sonstige Personal gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 und der laufenden Ausgaben für den Sachbedarf des Schulbetriebes gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 sowie gesondert der Personalausgaben und der laufenden Ausgaben für den Sachbedarf des Betriebes eines Wohnheimes oder Internates gemäß § 110 berechnet. 2Stichtag für die Schülerzahl ist der für die Schulstatistik maßgebliche Zeitpunkt vor Beginn des Rechnungsjahres. 3Das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik ermittelt für jedes Haushaltsjahr im voraus, getrennt für die Schulformen und Bildungsgänge, die durchschnittlichen Schulkosten. 4Die Schulträger haben dafür dem Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik die erforderlichen Daten zu übermitteln.53Auf dieser Grundlage veröffentlicht das für Schule zuständige Ministerium in seinem Amtsblatt Richtbeträge für den Schulkostenbeitrag als Empfehlung.

(3) Die Landkreise haben in ihrem Gebiet für einen Finanzausgleich zu sorgen, wenn nach Entscheidung des staatlichen Schulamtes Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Grundschulen, oder weiterführende allgemeinbildende Schulen oder gemäß § 100 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 zusammengefasste Schulen im gemeinsamen Unterricht besuchen und dadurch den kreisangehörigen Schulträgern ein unabwendbarer und unzumutbarer Mehrbedarf entsteht.

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Seite 15-27

Aus der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebund Brandenburg zur Anhörung zum Gesetzentwurf (Quelle: Mitteilungen, Jahrgang 12 - Nummer 3-4/2001 Potsdam, 11.4.2001)

Das Anliegen und die Bemühungen der Landesregierung, das Schulgesetz zu ändern und die Bildungsmöglichkeiten in Brandenburg für die Kinder und Jugendlichen zu verbessern, wird von uns begrüßt. Entsprechende Initiativen sind insbesondere im Hinblick auf den Standort Brandenburg in einer sich wegen weltweiter Beziehungen zwischen den Erdteilen und Ländern globalisierenden Welt dringend notwendig.

Konkrete Änderungsvorschläge zum Brandenburgischen Schulgesetz befinden sich seit einigen Monaten in der Diskussion. Vereinzelt sind Vorschläge unseres Verbandes bei der Erarbeitung des nunmehr vorliegenden Gesetzentwurfes berücksichtigt worden. Unser Verband spricht sich gegen die Einführung einer weiteren, vierten Form der allgemeinbildenden weiterführenden Schulen, der Sekundarschule, aus. Er hat sich ferner gegen die Einführung von Schnellläuferklassen ausgesprochen. Für den Fall, dass an der Möglichkeit des Erwerbs der allgemeinen Hochschulreife nach 12 Schuljahren festgehalten werden sollte, haben wir uns dafür ausgesprochen, die Schulzeit solle sich aus sechs Jahren Grundschulbesuch und sechs Jahren Sekundarstufe zusammensetzen. Diese Auffassungen sehen wir in der Drucksache 3/2371 zum Teil berücksichtigt, so dass wir uns an dieser Stelle weiterer Ausführungen zur Untermauerung unserer diesbezüglichen Auffassung enthalten.

In dieser Stellungnahme gehen wir auf die Vorschriften ein, bei denen nach Auffassung unseres Verbandes weiterer Änderungsbedarf besteht. Hierbei beschränken wir uns auf diejenigen mit herausragendem Änderungsbedarf.

Artikel 1

§ 30 Abs. 6 Satz 4 BbgSchulG-E

Nach § 30 Abs. 6 Satz 4 BbgSchulG-E können Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die eine allgemeine Förderschule oder eine Förderschule für geistig Behinderte besucht und die Schulpflicht erfüllt haben, bis zum Ablauf des Schuljahres, in dem das 21. Lebensjahr vollendet wird, diese Schule besuchen. Nach bisher geltender Vorschrift ist der Besuch einer Förderschule für Behinderte noch im 23. Lebensjahr möglich.
Durch die Änderung der Vorschrift erfolgt eine Verlagerung von Kosten von den Schulträgern in den Sozialhilfebereich, wenn die Schüler bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen berechtigt sind, in eine Werkstatt für Behinderte aufgenommen zu werden. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport wird von Ausgaben entlastet. Wir vermissen in der Begründung zum Gesetzentwurf eine zahlenmäßige Darstellung der betroffenen Personenkreise sowie der finanziellen Auswirkungen. Die Vorschrift soll in ihrer geänderten Fassung erst zum 01 .01 .2006 in Kraft treten. Hiermit können wir uns nicht einverstanden erklären. Auf Grund der durch das Haushaltsstrukturgesetz 2000 vorgenommenen Änderungen im Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz (AG-BSHG), der im AG-BSHG bis zum Jahr 2005 vorgegebenen Fallzahlen, der Kostenaufteilung und der Planung nach dem Landespflegegesetz ist es erforderlich, dass die Anzahl der in Frage kommenden Personen bald ermittelt und die Planung der Sozialhilfeträger einbezogen werden kann. Ein Zuwarten bis zum Jahr 2006 würde die Planungen nach dem Landespflegegesetz und die Festlegungen im AG-BSHG hinfällig machen.

§ 30 Abs. 6 Satz 4 BbgSchulG-E sollte zu einem früheren Zeitpunkt als vorgesehen in Kraft treten.

§ 47 Abs. 4 BbgSchulG-E

§ 47 BbgSchulG soll um folgenden Abs. 4 ergänzt werden: "Schulen dürfen unter Beachtung der Rechte der Schulträger finanzielle oder anders geartete Unterstützungen Dritter als Spenden oder als Zuwendungen mit dem Ziel der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit (Sponsoring) entgegennehmen. Die ordnungsgemäße Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags darf nicht beeinträchtigt werden.

Die Einfügung der Vorschrift wird begrüßt, weil sie es den Schulträgern ermöglicht, Sponsoring gemeinsam mit Unternehmen zu betreiben und klarstellt, dass Sponsoring in Brandenburg im Schulbereich erlaubt ist. Sofern vom Land und den Kommunen beachtet wird, dass Sponsoring nicht zu einer Kürzung der Ausgaben für das Bildungswesen führt, kann Sponsoring eine wirksame ergänzende finanzielle Hilfe darstellen. Satz 1 enthält praktisch eine Definition von Sponsoring als eine Gewährung von Geld, Sachen oder Dienstleistungen durch ein Unternehmen (Sponsor) an eine oder mehrere Schulen mit dem Ziel, als Gegenleistung eine öffentliche Imageförderung des Sponsors zu erhalten (Leistung und Gegenleistung).

Allerdings ist zu befürchten, dass die Formulierung in § 47 Abs. 4 BbgSchulG-E und die wenig konkreten Ausführungen in der Begründung zum Gesetzentwurf zu Missverständnissen und zu einem falschen Umgang mit Sponsoring im Schulbereich führt. Die Formulierung "Schulen dürfen unter Beachtung der Rechte der Schulträger" Sponsoring betreiben, ist insoweit missverständlich als hieraus geschlossen werden könnte, die Schule, aber nicht der Schulträger, dürfe Sponsoring betreiben.

Schulen als rechtlich unselbständige Einrichtungen des öffentlichen Rechts können selbst keine Verträge mit Sponsoren abschließen. Insofern ist das in § 47 Abs. 4 Satz 1 BbgSchulG benannte Subjekt "Schule falsch. Nicht die Schule ist Vertragspartner, sondern der Schulträger. Um bei Schulleitern, Lehrern, Schülern, Schulgremien oder Sponsoren keine Missverständnisse und rechtlichen Probleme aufkommen zu lassen wird darum gebeten, dass Wort "Schule durch das Wort "Schulträger" zu ersetzen und die Worte "unter Beachtung der Rechte der Schulträger" zu streichen.

Sowohl aus rechtlichen Gründen als auch aus Gründen der Chancengleichheit der Schulen untereinander sowie aus Gründen des durch die Schulträger zu beachtenden Wettbewerbsrechts bei der Auswahl der Sponsoren ist es erforderlich, dass die Sponsor-Aktivitäten grundsätzlich über den Schulträger gesteuert und von diesem koordiniert werden. Dieser hat im übrigen die steuerrechtlichen Regelungen und das kommunale Haushaltsrecht zu beachten.

Die Schulen können selbst initiativ und Fördervereine können durch den Schulträger einbezogen werden. Im übrigen können die Schulträger gemeinsam mit den Schulen Sponsoringkonzepte entwickeln, in denen die Rahmenbedingungen und Regeln festgelegt werden. Eine Steuerung und Koordinierung durch die Schulträger ist nicht nur aus rechtlichen Gründen notwendig, sondern aus verschiedenen Aspekten auch sinnvoll. Die Schulträger können auf Grund ihrer Erfahrungen die Schulen in rechtlichen oder finanziellen Fragen beraten. Sie können und müssen die Folgekosten, die durch die Annahme z.B. eines Sachgegenstandes entstehen, abschätzen, ggf. Wartungsverträge abschließen und entsprechende Ausgaben in den Haushalt einstellen. Regelmäßig haben sie gute Kontakte zur einheimischen Wirtschaft, die sie bei der Gewinnung von Sponsoren nutzen können. Sie sind in der Lage, den verschiedenen Unternehmen die gleichen Chancen entsprechend dem Wettbewerbsrecht einzuräumen. Durch ihre ausgleichenden und koordinierenden Maßnahmen können sie eine Chancengleichheit zwischen den Schulen herstellen und verhindern, dass sich die Unterschiede zwischen den Schulen verstärken, indem es durch das Sponsoring zu "armen" und "reichen" Schulen kommt.

Wenn es in der Begründung zum Gesetzestext heißt, "Maßstäbe für die Einbeziehung des Schulträgers nach dem Merkmal innerer und äußerer Schulangelegenheiten werden auf untergesetzlicher Ebene geregelt", erweckt die Formulierung den - unrichtigen - Eindruck, als müsse der Schulträger in das Sponsoring durch die Schule einbezogen werden. Richtig ist, dass die Zustimmung des Schulträgers zu einem Sponsoringvertrag zwingende rechtliche Voraussetzung für dessen Gültigkeit ist. Da es sich bei dem Abschluss eines Sponsoringvertrages um die Wahrnehmung äußerer Schulangelegenheiten handelt, kann der Schulträger, sofern dies notwendig wird, der Schulleitung gegenüber verbindliche Anordnungen nach § 70 Abs. 4 Satz 2 BbgSchulG treffen. Der Schulträger kann allerdings auch, z.B. zur Förderung der Selbständigkeit einer Schule, den Schulleiter zum Abschluss von Sponsoringverträgen bevollmächtigen.

Abschließend ist festzuhalten, dass es beim Sponsoring auf eine gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen dem Schulträger und den Schulen, den Fördervereinen und Schulgremien ankommt. Vertragspartner des Sponsors ist der Schulträger. Auf die Rolle des Schulträgers wird weder im Textvorschlag zu § 47 Abs. 4 BbgSchulG noch in der Begründung eingegangen. Es wird befürchtet, dass es hierdurch zu Missverständnissen und Enttäuschungen bei den Partnern des Schulträgers (Schule, Förderverein, Schulgremien u.a.) kommt. Um dies zu vermeiden, sollte die Vorschrift und ihre Begründung geändert werden.

§ 50 Abs. 2 BbgSchulG

Der Städte- und Gemeindebund fordert seit Inkrafttreten des BbgSchulG, dass die durch das staatliche Schulamt zu treffende Entscheidung über die Aufnahme eines Schülers in eine Förderschule oder integrativen Unterricht nach § 29 Abs. 2 BbgSchulG mit Zustimmung des Schulträgers erfolgen soll. Wie sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat, ist das in der Sonderpädagogikverordnung sowie in mehreren Verwaltungsvorschriften geregelte Verfahren für die Schulträger äußerst unbefriedigend. Eine Behörde, die die aus ihrer Entscheidung resultierenden Kosten zum großen Teil nicht zu tragen hat, trifft hier zu Lasten der Schulträger eine Entscheidung. An deren Zustandekommen wird der Schulträger nicht notwendigerweise beteiligt. Eine wirkliche Einflussmöglichkeit haben Schulträger nicht. Das Auseinanderfallen der Entscheidungs- und Finanzverantwortung hat in der Vergangenheit zu immensen Kostensteigerungen bei den Städten, Gemeinden und Ämtern geführt.

Nach § 29 Abs. 2 BbgSchulG sollen Grundschulen, weiterführende allgemeinbildende Schulen und Oberstufenzentren sonderpädagogische Förderung durch gemeinsamen Unterricht erfüllen, wenn eine angemessene personelle, räumliche und sächliche Ausstattung vorhanden ist oder nach Maßgabe gegebener Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden kann. Die integrative Erziehung und Unterrichtung steht somit unter dem Vorbehalt des organisatorisch, personell und sächlich Möglichen. Dieser Vorbehalt ist Ausdruck dessen, dass der Staat seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes Schulsystem bereitzustellen, von vornherein nur im Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen kann und erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen auch andere Gemeinschaftsbelange berücksichtigen und sich die Möglichkeit erhalten muss, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für solche anderen Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält (BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997, - 1 BvR 9/97 -).

Der in § 29 Abs. 2 BbgSchulG enthaltene, verfassungskonforme Vorbehalt verlangt danach, dass das staatliche Schulamt bei seiner Entscheidung den gesamten Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt und alle Gemeinschaftsbelange berücksichtigt. Dies kann unserer Auffassung nach zutreffend und fehlerfrei nur durch Beteiligung des Schulträgers am Verfahren und an der Entscheidung erfolgen. Die kreisangehörigen Schulträger können auch nicht auf § 116 Abs. 3 BbgSchulG verwiesen werden, nach denen die Landkreise für einen Kostenausgleich zu sorgen haben, da die Vorschrift kaum praktische Anwendung findet.

Unser Verband fordert daher, die Entscheidung des staatlichen Schulamtes von einer Beteiligung des Schulträgers am Verwaltungsverfahren abhängig zu machen und an das Vorliegen der Zustimmung des Schulträgers zu knüpfen.

§ 68 BbgSchulG

Die mit § 68 BbgSchulG vorgeschlagene Änderung soll eine Aufgabenabgrenzung zwischen sonstigem pädagogischen Personal, sonstigem Personal und Personen, die nicht auf Grund des Schulgesetzes, sondern auf Grund von Verträgen oder Vorschriften außerhalb des Schulgesetzes tätig werden, herbeiführen.
Der Städte- und Gemeindebund begrüßt die Bemühungen, zwischen Aufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen Behörden oder Körperschaften zu trennen. Insbesondere die "Gemeinsame Empfehlung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport und des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen an die Sozialämter, Jugendämter und Schulverwaltungsämter vom 17.11.1998" hat zu zahlreichen Differenzen zwischen den verschiedenen Leistungsträgern geführt.

Allerdings sehen wir die vorgeschlagenen Änderungen nicht als ausreichend an. § 68 Abs. 1 Satz 3 BbgSchulG enthält bedauerlicherweise nach wie vor keine Änderung. Nach dieser Vorschrift nimmt sonstiges Personal an der Schule erzieherische, therapeutische, pflegerische, technische oder verwaltende Aufgaben überwiegend außerhalb des Unterrichts wahr. Nach Auffassung der Städte, Gemein. den und Ämter in ihrer Funktion als Schulträger zählt es, soweit es sich nicht um eine Förderschule handelt, nicht zu ihren Aufgaben, erzieherisches, pflegerisches oder therapeutisches Personal anzustellen.
Erzieherisch tätiges Personal nimmt pädagogische Aufgaben wahr und zählt mithin zu dem Personal, welches nach der Systematik des Gesetzes in die Finanzierungszuständigkeit des Landes fällt.
Therapeuten oder Pfleger sind zum Betrieb einer Schule bzw. zu Erfüllung des Bildungsauftrags nicht erforderlich. Sie nehmen keine Tätigkeiten wahr, die Bestandteil einer Schule oder Voraussetzung für das Funktionieren einer Schule wären. Pflegerische oder therapeutische Arbeit dient in der Regel vielmehr dazu, bestimmten Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf den Besuch der Schule überhaupt zu ermöglichen.

Es wird vorgeschlagen, § 68 Abs. 1 Satz 3 BbgSchulG dahingehend zu formulieren, daß sonstiges Personal an der Schule technische oder verwaltende Aufgaben wahrnimmt. Diese Formulierung hätte den Vorteil, im Interesse der Schüler vermeintliche Doppelzuständigkeiten und hieraus resultierende Differenzen zu vermeiden und die Aufgabe der Schulträger, an der Erfüllung des Bildungsauftrags mitzuwirken, auf das Wesentliche zurückzuführen.

§ 74 ff. BbgSchulG

Es sei erwähnt, dass unser Verband an seiner bisher geäußerten Kritik zur Zahl, zu den Aufgaben und Zuständigkeiten von Mitwirkungsgremien an Schulen festhält. Insofern sollten diese deutlich verringert werden, zumal ihre praktische Bedeutung von Schulen und Schulträgern in Frage gestellt wird.

§ 100 Abs. 2 BbgSchulG

Nach § 100 Abs. 2 BbgSchulG vom 12.04.1996 sind Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen die Landkreise und kreisfreien Städte. Kreisangehörige Städte und Gemeinden können Träger von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen unter bestimmten Voraussetzungen sein. § 142 BbgSchulG sollte eine Übergangsregelung darstellen.

Seit Inkrafttreten des BbgSchulG haben relativ wenige Städte und Gemeinden ihre Schulträgerschaft an Landkreise abgegeben. Soweit sie sich für eine Übertragung entschieden, erfolgte dies zum großen Teil wegen umstrittener finanzieller Regelungen oder Fakten. Nach Mitteilung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport vom 25.10.2000 befinden sich 78 allgemeinbildende weiterführende Schulen in kreislicher Trägerschaft, dagegen 295 in der Trägerschaft von Gemeinden, Ämtern oder Schulverbänden.

Diese Zahlen zeigen, dass § 100 Abs. 2 BbgSchulG nicht die beabsichtigte Wirkung entfaltet hat. Nicht nur im Hinblick auf dieses Zahlenverhältnisses halten wir es für notwendig, die Formulierung von § 100 Abs. 2 BbgSchulG zu überprüfen und der Realität anzupassen.

§ 102 BbgSchulG

a) Nach § 102 Abs. 4 Satz 5 BbgSchulG-E haben die Träger der Schulentwicklungsplanung in Zukunft die Pflicht, auch mit Trägern der Schulentwicklungsplanung anderer Länder das Benehmen herzustellen.

Diese Vorschrift beinhaltet für die hiesigen Schulträger eine Pflicht der Benehmens-Herstellung mit Trägern der Schulentwicklungsplanung aus anderen Bundesländern. Die brandenburgischen Schulträger hingegen erhalten keine Vorteile. Die Städte, Gemeinden und Ämter sind durch die Stadt Berlin bislang in die dortige Schulentwicklungsplanung nicht einbezogen worden. Dies würde durch das BbgSchulG nicht geändert. Den Schulträgern aus Brandenburg wird nicht zugesichert, dass sie von den Dritten an deren Schulentwicklungsplanung beteiligt werden. Da der Pflicht keine "Gegenleistung" entspricht, aus der die Schulträger Brandenburgs einen Vorteil herleiten könnten, wird diese Regelung abgelehnt.

Eine Abstimmung mit anderen Ländern oder mit Landesteilen macht im übrigen nur Sinn, wenn es sich um eine besondere Schule handelt, wie z.B. eine sportbetonte Gesamtschule. Für die Regelschule kommt eine solche Abstimmung nicht in Frage.

b) § 102 Abs. 4 BbgSchulG in der Fassung vom 10.03.1998 kann die kreisangehörigen Schulträger nicht zufrieden stellen. Die jetzige Fassung gibt nicht hinreichend klar zu erkennen, dass die Schulentwicklungsplanung Ausfluss der Selbstverwaltungsrechte der Städte und Gemeinden ist. § 102 Abs. 4 Satz 3 BbgSchulG gibt den Städten, Gemeinden und Ämter zwar das Recht, eigene Schulentwicklungspläne aufzustellen. Dieses Selbstverwaltungsrecht wird durch den nachfolgenden Satz 5, nach dem die kreisangehörigen Schulträger im Zuge ihrer Schulentwicklungsplanung Benehmen mit den Landkreisen herstellen sollen, jedoch wieder eingeschränkt. Mit dieser Einschränkung wird unserer Auffassung nach der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts vom 17.07.1997, - VfGBbg 1/97 -‚ nicht ausreichend Rechnung getragen. Das Selbstverwaltungsrecht der Städte und Gemeinden erfordert, dass die Schulentwicklungsplanung der Landkreise auf der der kreisangehörigen Schulträger aufbaut. Es wird vorgeschlagen, § 102 Abs. 4 Satz 5 BbgSchulG entfallen zu lassen.

§ 103 BbgSchulG-E

a) § 103 Abs. 1 BbgSchulG-E legt wie bisher fest, welche Schulen mindestens zweizügig organisiert sein müssen. Unser Verband spricht sich grundsätzlich für das Erfordernis der Zweizügigkeit von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen aus. Da wir die Einführung der Sekundarschule als zusätzliche Schulform nicht befürworten und wir uns zur Lösung von in Zusammenhang mit dem Rückgang der Schülerzahlen entstehenden Problemen in Ausnahmefällen für die Möglichkeit von einzügigen Schulen aussprechen, wird vorgeschlagen, in § 103 BbgSchulG eine Ausnahmeregelung, nach der unter bestimmten Umständen Schulen einzügig geführt werden können sollen, einzufügen.

b) Nach § 103 Abs. 5 Satz 1 BbgSchulG-E darf in Klassen der Jahrgangsstufe 7 eine Höchstgrenze von 30 Schülerinnen und Schülern nicht überschritten werden. Wir schlagen vor, die Höchstgrenze bei 28 Schülern - oder darunter - festzusetzen. Hierfür sprechen folgende Gründe: Die bestehenden, vorhandenen Raumgrößen der Klassenzimmer lassen eine Unterbringung von 30 Schülern nicht zu. Infolge des Anwahlverhaltens und der hierdurch zum Teil vollständig ausgeschöpften Kapazitäten besteht an übernachgefragten Gymnasien oder an Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe bei Zuzug von Schülern keine Möglichkeit, diese aufzunehmen. Für die Entwicklung des Ortes bzw. der Region wäre es nachteilig, wenn die Aufnahme des zuziehenden Schülers aus diesem Grund abgelehnt werden müsste. Schule als weicher Standortfaktor könnte nicht zum Zuzug bewegen. Den Schulträgern sollte es daher aus diesen Gründen möglich sein, auf Grund gesetzlicher Vorgaben, in der Klasse 7 die Höchstfrequenz herabzusenken.

§ 105 Abs. 3 BbgSchulG-E

§ 105 Abs. 3 Satz 1 BbgSchulG-E soll in Zukunft den Schulträger nicht nur verpflichten, die Auflösung der Schule zu beschließen, wenn die Voraussetzungen für die Fortführung der Schule nicht mehr erfüllt werden können, sondern auch dann, wenn "durch die Fortführung einer Schule ein gleichwertiges und regional ausgewogenes, zumutbar erreichbares, öffentlich getragenes Angebot schulischer Bildungsgänge gefährdet wird".

Die Beurteilung der Frage, ob durch das Fortbestehen einer Schule ein gleichwertiges und regional ausgewogenes, zumutbar erreichbares, öffentlich getragenes Angebot schulischer Bildungsgänge gefährdet wird, kann nur durch den Schulträger selbst vorgenommen werden. Bei der Schulträgerschaft handelt es sich um eine Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft, wenngleich sie nach dem Landesverfassungsgericht zumindest ab Sekundarstufe 1 überörtliche Bezüge aufweist.
Die vorgeschlagene Tatbestandsvoraussetzung verlangt somit von dem Schulträger, dass er prüft, ob seine Schule ein gleichwertiges und regional ausgewogenes Angebot an Bildungsgängen gefährdet.

Da kaum davon ausgegangen werden kann, dass auch nur ein Schulträger zu der Auffassung gelangen wird, seine eigene Schule stelle eine Gefährdung dar, ist die vorgeschlagene Formulierung in § 105 Abs. 3 Satz 1 BbgSchulG-E ungeeignet, das verfolgte Ziel zu erreichen.

Die Vorschrift ist zudem entbehrlich, weil nach § 105 Abs. 3 BbgSchulG in der derzeitigen Fassung eine Schulschließung beschlossen werden soll, wenn die Voraussetzungen für die Fortführung der Schule nicht mehr erfüllt werden können. Das bedeutet, dass nach § 105 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 BbgSchulG in Verbindung mit § 104 Abs. 1 Satz 1 BbgSchulG Schulen zu schließen sind, wenn für ihre Fortführung kein Bedürfnis mehr besteht und ein geordneter Schulbetrieb nicht gewährleistet ist.

Die bestehenden Vorschriften sind völlig ausreichend, um auf den Rückgang der Schülerzahlen mit Schulschließungen reagieren zu können. Darüber hinausgehender Klauseln mit zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen, wie sie § 105 Abs. 3 Satz 1 BbgSchulG-E enthalten soll, bedarf es nicht.
Es wird vorgeschlagen, auf die Ergänzung in § 105 Abs. 3 Satz 1 BbgSchulG-E zu verzichten.

§ 106 BbgSchulG-E

Die Schulträger von Grundschulen sprechen sich entschieden für die Beibehaltung von Schulbezirken bei den Grundschulen aus. Mit der Bestimmung von Schulbezirken kann das Motto "Kurze Wege für kurze Beine" in die Realität umgesetzt werden. Der Schülerverkehr ist planbar und wirtschaftlich gestaltbar. Sanierung und Ausstattung von Schulen können dauerhaft geplant werden. Der Lehrereinsatz bleibt planbar. Wenn die Kinder die nach dem Wohnortprinzip zuständige Schule besuchen, wird die Ausgewogenheit der sozialen Struktur der Schule abgesichert. Ausgrenzungen bestimmter Schüler oder Schulen werden vermieden.
Für die Entwicklung und das Sicherheitsgefühl der Kinder, welche die Schule besuchen, ist es von Bedeutung, die Schule mit dem Wissen um eine gewisse Dauerhaftigkeit besuchen zu können. Die soziokulturelle Infrastruktur in Stadtteilen oder Ortschaften bleibt erhalten.

Der Städte- und Gemeindebund spricht sich gegen die in § 106 Abs. 4 Satz 3 Buchst.
c) BbgSchulG-E vorgesehene Möglichkeit aus, den Besuch einer anderen als der zuständigen Schule zu gestatten, wenn pädagogische Gründe hierfür sprechen. Bislang konnte eine solche ausnahmsweise Gestattung nur greifen, sofern es sich um gewichtige pädagogische Gründe handelte. An der bisherigen Regelung sollte festgehalten werden. Die bisherige Formulierung ist vorzuziehen, weil sie eine verlässlichere Schulentwicklungsplanung, die eine Investitionsplanung beinhaltet, ermöglicht. Auch pädagogische Gründe sprechen dafür, Ausnahmen nach §106 Abs. 4 Satz 3 Buchst. c) BbgSchulG-E nur aus gewichtigen pädagogischen Gründen zuzulassen. Schülerinnen und Schüler, die die für ihren Wohnort zuständige Schule besuchen, haben die Möglichkeit, nach Schulschluss und am Wochenende mit ihren Klassenkameraden zusammen ihre Freizeit zu verbringen, zusammen zu lernen, soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen und vieles mehr. Sie sind in die Gemeinschaft im Ort eingebunden. Auch aus Sicht der Landesentwicklungsplanung ist es von Vorteil, wenn Abwanderungstendenzen entgegengewirkt wird, indem das Leben im Ort gefördert wird.

§ 108 ff. BbgSchulG

Angesichts zahlreicher Veränderungen im Schulwesen, wie z.B. der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Medienbildung, werden in einigen Bundesländern neue Finanzierungsmodelle von Bund, Ländern und Kommunen entwickelt. Anlässlich der Novellierung des Schulgesetzes in Brandenburg halten wir es für notwendig, die Finanzierungsregelungen in die Überlegungen mit einzubeziehen. Das bestehende System der Schulfinanzierung in den Ländern mit seiner Trennung nach inneren und äußeren Schulangelegenheiten entspricht nicht mehr den gewandelten Anforderungen und Bedarfen im Schulwesen.

Bei den Personalkosten gilt dies zum Beispiel für das Personal, das nach § 68 BbgSchulG für erzieherische, therapeutische und pflegerische Zwecke in Schulen tätig sein kann. Auch werden für den Medienbereich Forderungen zur Beschäftigung einer weiteren, neuen Gruppe von Personal für die Systembetreuung und Netzwerkadministration erhoben. Im Bereich der Sachkosten ist die Medienausstattung und ihre permanente Erneuerung mit zeitgemäßer Medien- und Computertechnologie mit dem geltenden Schulfinanzierungssystem, das den Städten und Gemeinden die Finanzierungslast zuweist, nicht zu bewältigen.

Soweit mit Mitteln der Europäischen Union und mit Mitteln der Städte und Gemeinden über das GFG 2000 und GFG 2001 zahlreiche Schulen mit Medien ausgestattet werden, kann dies aus Sicht der Städte, Gemeinden und Ämter nur bei oberflächlicher Betrachtung begrüßt werden. Tatsächlich ist gänzlich unklar, wie die Folgekosten, Wartungsverträge, Betreuungskosten oder die Wiederanschaffung finanziert werden sollen. Diesbezüglich schweigt die Richtlinie zur Medienoffensive des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport. Für die Schaffung der für einen zeitgemäßen Medienunterricht notwendigen Voraussetzungen an den Schulen sind Aufwendungen in mehrfacher Millionenhöhe erforderlich. Diese Investitionen, denen die Kosten für bauliche Veränderungen, die Verkabelung der Schulgebäude, Mobiliar und weitere Betriebskosten hinzuzurechnen sind, der ohnehin vorhandene Sanierungsbedarf der Gebäude und die in regelmäßigen Abständen notwendig werdenden Reparaturen an Ausstattung und Gebäuden sind von den kommunalen Schulträgern allein nicht zu leisten.

Angesichts der die Städte und Gemeinden überfordernden finanziellen Belastungen könnte eine Finanzierungspartnerschaft zwischen dem Land und den Städten und Gemeinden im Schulgesetz verbindlich festgelegt werden. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Verbundmasse im Gemeindefinanzierungsgesetz zu erhöhen, damit für den Schullastenausgleich mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden könnten.

§ 110 BbgSchulG-E

a) Nach § 110 Abs. 2 Ziff. 2 BbgSchulG-E sollen Mieten und Pachten dann zum Sachbedarf zählen, sofern sie einem vorübergehenden Bedarf dienen und nach den gemeindehaushaltsrechtlichen Bestimmungen sächlicher Verwaltungs- und Betriebsaufwand sind. Durch die Einfügung dieser Anforderungen werden die Städte und Gemeinden in einem wirtschaftlichen Verhalten beschränkt. Moderne Managementmethoden werden dadurch verhindert. Soweit eine Gemeinde die Schule in das Eigentum ihrer Gesellschaft überführen will, damit diese das Gebäude saniert oder verwaltet, wird dies der Gemeinde unmöglich gemacht.

Die Worte "einem vorübergehenden Bedarf dienen und" sollten ersatzlos entfallen.

b) In § 110 Abs. 2 BbgSchulG sollte die Möglichkeit aufgenommen werden, in den Schulkostenbeitrag investive Kosten einbeziehen sowie Abschreibungssätze berücksichtigen zu können. Durch die Einbeziehung auch investiver kosten in den Schulkostenbeitrag können ein größerer Kostenausgleich und eine größere Ausgabengerechtigkeit erreicht werden. Im übrigen würde eine solche Einbeziehung zu einer größeren Kostentransparenz und infolgedessen zu einem stärkeren Kostenbewusstsein führen.

c) Die in § 110 Abs. 2 Ziff. 9 BbgSchulG-E neu aufgenommene Verpflichtung der Schulträger zur Erstattung von Gerichtskosten und Auslagen auf Grund von Verwaltungsentscheidungen der Schule wird nicht akzeptiert. Verwaltungsentscheidungen trifft nicht die Schule, sondern der Schulleiter, das staatliche Schulamt oder das Land. Bei diesen Verwaltungsentscheidungen handelt es sich um interne Schulangelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Landes fallen.

Die für das Land tätigen Bediensteten werden mit § 110 Abs. 2 Ziff. 9 BbgSchulG-E jeder finanziellen Verantwortung enthoben. Während sich bei den Städten und Gemeinden Mitarbeiter, die nicht ordentlich ihren Aufgaben nachkommen und ihrem Dienstherrn einen Schaden zufügen, regresspflichtig machen, will sich hier das Land zu Lasten der Städte und Gemeinden entlasten, indem es seinen Mitarbeitern einen "Freischein" gibt. Kann der Schulträger einem Mitarbeiter, der einen Prozess ohne Grund verursacht oder ihn wegen mangelhafter Interessenwahrnehmung verliert, zur Verantwortung ziehen, bleibt das Fehlverhalten der Landesbediensteten ohne Folgen.

In § 71 BbgSchulG sind die Aufgaben der Schulleitung definiert. Der Schulträger hat auf diese Entscheidungen keinerlei Einfluss. Diese Aufgaben werden nach dem Gesetzentwurf durch Übertragung von Aufgaben des Landes auf die Schulleiter erweitert. In Folge dessen werden die kommunalen Gebietskörperschaften mit der Finanzierung von Landesaufgaben belastet. Es ist verfassungsrechtlich nicht haltbar, dass die Städte und Gemeinden in ihrer Funktion als Schulträger, finanziell für das Land haften.

Soweit es in der Begründung heißt, die nunmehr im Gesetz zu verankernde Rechtsposition sei bisher nur durch Auslegung vertreten worden, ist darauf hinzuweisen, dass diese Auffassung in der Vergangenheit allein das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport vertreten hat. Hatte das Land vor dem Verwaltungsgericht den Prozess eines Kindes gegen die ablehnende Entscheidung des staatlichen Schulamtes verloren, sollten die Städte und Gemeinden als Schulträger die Gerichtskosten bezahlen.

Das Land bedient sich bei der Durchführung von Rechtsstreitigkeiten mit seinen Angestellten, mit Eltern oder Schülern eigener, im Dienste des Landes stehender Juristen. Die Städte und Gemeinden, die in keiner Weise Einfluss nehmen können auf die Entscheidung des Schulleiters oder des Landes, sind nicht bereit, Gerichtskosten und Auslagen, die auf Grund von Entscheidungen der Bediensteten des Landes entstehen, zu tragen!

Die Vorschrift ist rechtswidrig und deshalb zu streichen.

§ 116 BbgSchulG

Insbesondere die Finanzierungsregelungen in § 116 BbgSchulG in Verbindung mit § 142 BbgSchulG haben zu einer großen Zerrissenheit der Schullandschaft in Brandenburg geführt. Soweit Städte und Gemeinden ihre Schulträgerschaft einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule in der Vergangenheit an den Landkreis abgegeben haben, lag dies nicht in den Zuständigkeitsregelungen von § 100 BbgSchulG begründet, sondern in den umstrittenen Finanzierungsregelungen. Die Erfahrung in den zurückliegenden Jahren hat gezeigt, dass weder die Kreisumlage noch § 142 Satz 5 BbgSchulG zu befriedigenden Ergebnissen geführt haben. Die Diskussionen und Auseinander-setzungen in Zusammenhang mit der Schulträgerschaft in den Landkreisen halten an. Auch wenn eine Gemeinde die von ihr getragene Schule in die Zuständigkeit des Landkreises nicht abgeben möchte, kann sie sich aus finanziellen Gründen, sei es, weil sie für die Sanierung des Schulgebäudes keine Mittel aus der Investitionspauschale des Landkreises erhält, sei es wegen der Doppelfinanzierung über die Kreisumlage, dazu gezwungen sehen.

Der Gesetzentwurf geht auf dieses seit Jahren diskutierte Problem bedauerlicherweise nicht ein. Unser Verband schlägt zur Lösung des Problems vor, dass § 116 Abs. 1 Satz 3 BbgSchulG gestrichen wird. Durch Streichung dieses Satzes würde ein einheitlicher Umgang aller Landkreise mit der Schulträgerschaft bei allgemeinbildenden weiterführenden Schulen von Städten und Gemeinden erreicht.

§ 142 BbgSchulG-E

Eine eindeutige Position des Landes Brandenburg zur Schulträgerschaft würde § 142 BbgSchulG erübrigen. Der grundsätzliche Wille der Gemeinden, auch weiterführende allgemeinbildende Schulen in ihrem Gemeindegebiet tragen zu wollen, ist oftmals deutlich artikuliert worden.

Da Schulen eine Quelle und ein Zentrum des Gemeinwesens sind, ist die Zuständigkeit der Gemeinde für allgemeinbildende Schulen sinnvolle Konsequenz. Die praktischen Erfahrungen der vergangenen Jahre mit der kreislichen Schulträgerschaft haben gezeigt, dass die objektiv fehlenden Berührungspunkte zu einer gewissen Distanz gegenüber dem örtlichen Gemeinwesen und den Betroffenen führen können.

Hier wird für das Schulgesetz eine klare Position zu Gunsten einer basisorientierten Schulträgerschaft vom Land Brandenburg erwartet.

Artikel 3

Artikel 3 Abs. 1 BbgSchulG-E sieht vor, dass die Trägerschaft für das Kolleg in Cottbus zum 01 .01 .2002 auf die Stadt Cottbus und das Potsdam-Kolleg spätestens zum 01 .08.2007 auf die Landeshauptstadt Potsdam übergeht. Beide Städte sind grundsätzlich daran interessiert, das Kolleg zu übernehmen. Allerdings finden sich in dem Gesetzentwurf keine ausreichende Regelungen zur Finanzierung der nach dem Trägerschaftswechsel den Städten entstehenden Kosten. Den Anforderungen von Art. 97 Abs. 3 Satz 2 Landesverfassung und § 4 Abs. 3 Gemeindeordnung entspricht der Gesetzentwurf und seine Begründung nicht. Auch kosten, die durch die Verlegung des Standortes nach Potsdam und die hierdurch zu erwartende, zukünftig höhere Zahl von Schülerinnen und Schülern verursacht werden, müssten im Gesetzentwurf berücksichtigt werden.

Einzig die Vorbemerkungen zur Drucksache 3/2371 enthalten unter E. kosten, 2. Ab-satz, einen Hinweis auf die Erstattung der Kosten an die zukünftigen Schulträger, der jedoch nicht ausreichend erscheint. Es wird statt dessen folgende Formulierung vorgeschlagen:

"Im Teil 8 führt die Änderung in § 100 Absatz 3 Satz 1 wegen Artikel 97 Absatz 3 Satz 2 Landesverfassung und § 4 Abs. 3 Gemeindeordnung zur laufenden Erstattung von Kosten an die künftigen Schulträger. Die zukünftigen kosten, insbesondere die der Verlegung des Potsdam-Kollegs nach Potsdam und die sich möglicherweise daraus ergebende Erhöhung der Zahl der Schülerinnen und Schüler können noch nicht genau beziffert werden, sind jedoch bei der Aufstellung der zukünftigen Landeshaushalte zu berücksichtigen. Im Jahr 2001 sind im Landeshaushalt bei Kapitel 05370 insgesamt 913 TDM als Ausgabe eingestellt, an Einnahmen werden 0,4 TDM erwartet."

Sekundarschule

Seit einigen Monaten ist die Einführung einer die Realschulen und Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe ersetzende Schulform unter der Bezeichnung Sekundarschule im Gespräch. In verschiedenen Gremien des Städte- und Gemeindebundes ist die Einführung dieser Schulform diskutiert worden; die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.

Die Einführung der Sekundarschule als ersetzende Schulform ist in unserem Verband bislang im wesentlichen positiv erörtert worden. Ebenso wie in Sachsen (Mittelschule), Thüringen (Regelschule), Sachsen-Anhalt (Sekundarschule) und Mecklenburg-Vorpommern (verbundene Haupt- und Realschule) könnte mit der Sekundarschule flächendeckend eine Schule eingeführt werden, die zwei Bildungsgänge anbietet. Sowohl der Bildungsgang der erweiterten Berufsbildungsreife als auch der Bildungsgang der Fachoberschulreife könnten durch den Besuch der Sekundarschule angestrebt werden.
Die Einführung einer Schule mit zwei Bildungsgängen bietet die Möglichkeit zur Lösung des durch den Rückgang der Schülerzahlen in den kommenden Jahren entstehenden Problems. Die Realschule bietet lediglich einen Bildungsgang an und steht deshalb nur einem geringeren Teil von Schülern zur Verfügung. Gesamtschulen, die nicht über eine gymnasiale Oberstufe verfügen oder die einzügig geführt werden, weichen von dem ursprünglichen Prinzip der Gesamtschule mit drei Bildungsgängen und äußerer Fachleistungsdifferenzierung ab. Da allgemeinbildende weiterführende Schulen aus pädagogischen Gründen mindestens zwei Züge aufweisen sollen, ist der Fortbestand zahlreicher Realschulen und Gesamtschulen gefährdet.
Das Ziel der Schulentwicklungsplanung, allen Schülerinnen und Schülern von allgemeinbildenden weiterführenden Schulen möglichst flächendeckend drei Bildungsgänge anzubieten, kann durch die Einführung der Sekundarschule erreicht werden. Glei-che Bildungs- und Entwicklungschancen von Schülern würden sowohl für den städtischen Raum als auch für den ländlichen Raum gesichert. Mit der Einführung der Sekundarschule könnten Lehrer flexibler eingesetzt werden.
Der Städte- und Gemeindebund wird sich für die Einführung der Sekundarschule nur dann abschließend aussprechen können, wenn Klarheit darüber herrscht, auf welchem Wege die Sekundarschule eingeführt werden soll. Soweit bestehende Realschulen und Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe auslaufen sollen und es für die Einführung der Sekundarschule eines Errichtungsbeschlusses der Schulträger bedarf, müsste die Einführung abgelehnt werden. Allein die Umwandlung der bestehenden Schulen in Sekundarschulen könnte durch die kreisangehörigen Schulträger akzeptiert werden, weil hierdurch ihre Entscheidungskompetenz bezüglich des Fortbestehens oder der Auflösung einer Schule bestehen bliebe.

Die Frage, ob die Sekundarschule integrativ oder kooperativ ausgerichtet sein sollte, sollte im konkreten Einzelfall durch den Schulträger unter Beteiligung der Schulkonferenz entschieden werden können.

Im übrigen sollte, soweit man sich für die Einführung der ersetzenden Sekundarschule entscheidet, die Umwandlung der Schulen konsequent und nach kurzem Übergangszeitraum erfolgen.

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Seite 28-48

Stellungnahme des GEW-Landesverbandes Brandenburg zum Regierungsentwurf des 2. Änderungsgesetzes zum Brandenburgischen Schulgesetz 10. März 2001

Folgend nimmt der Landesverband Brandenburg der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zum Regierungsentwurf des 2. Änderungsgesetzes zum Brandenburgischen Schulgesetz - 2. ÄBbgSchulG (DS 3/....) Stellung. Im ersten Teil wird auf die folgenden Schwerpunkte ausführlicher eingegangen:

Qualitätssicherung und -entwicklung an Brandenburgs Schulen, Selbständigkeit der Schulen im Land Brandenburg, Übergang in die Sekundarstufe I, Übertragung von Aufgaben des/der Dienstvorgesetzten auf den/die Schulleiter/in und Schulaufsicht, Schulberatung.

Im zweiten Teil werden konkrete Änderungsvorschläge zu diesen und weiteren Schwerpunkten des Regierungsentwurfs im Einzelnen unterbreitet und begründet. Im dritten Teil werden Änderungsvorschläge unterbreitet, die über die von der Landesregierung beabsichtigten Änderungen des Brandenburgischen Schulgesetzes hinausgehen.
Sollten die Änderungsvorschläge der GEW Brandenburg durch den Landtag nicht aufgenommen werden, so lehnt die GEW Brandenburg die von der Landesregierung vorgelegte Gesetzesnovelle ab.

Grundlegende Positionen der GEW Brandenburg zu Schwerpunkten des Gesetzentwurfs der Landesregierung

1.1 Qualitätssicherung und -entwicklung an Brandenburgs Schulen
1.1.1 Grundsätzliche Positionen
Die GEW Brandenburg sieht sowohl den Prozess der Qualitätsentwicklung und -sicherung in der Einzelschule als auch des gesamten Schulsystems in Brandenburg als eines der wesentlichen politischen Handlungsfelder an. Dabei bilden nicht Ergebnisse von aktuellen internationalen und nationalen Leistungsuntersuchungen die Grundlage für diese Einschätzung, sondern die Bedeutung dieses Prozesses für die individuelle Entwicklung eines jeden Kindes bzw. Jugendlichen sowie die Relevanz von Bildung und Erziehung für die weitere Entwicklung unserer Gesellschaft in allen Bereichen.

Der GEW-Landesverband Brandenburg unterstützt daher ausdrücklich alle Maßnahmen und Vorschläge der Landesregierung, die der Entwicklung und Sicherung der Qualität schulischer Bildung und Erziehung dienen. Dazu gehören u.a. die Verabredung pädagogischer Ziele und Arbeitsschwerpunkte in der Schule, Maßnahmen zur internen und externen Evaluation, die auch die Durchführung von Leistungsuntersuchungen umfassen, die Überarbeitung der Rahmenpläne, die weitere inhaltliche und organisatorische Ausgestaltung der 5. und 6. Jahrgangsstufe in der Grundschule sowie das Erlernen der 1. Fremdsprache ab der Jahrgangsstufe 3 in der Grundschule.

Mit aller Klarheit sagen wir aber auch, dass Qualitätsverbesserungen in der schulischen Bildung und Erziehung nicht zum Nulltarif zu haben sind. Deshalb ist es unerlässlich, dass alle Maßnahmen, die der Qualitätsentwicklung und -sicherung dienen, durch den Haushaltsgesetzgeber auch finanziell abzusichern sind, indem z.B. ausreichend Lehrerstellen zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus wird auch auf Grund der aktuellen Situation der Lehrerversorgung an den Schulen deutlich, dass dringender Handlungsbedarf im besoldungsrechtlichen Bereich besteht. Die Gleichstellung ostdeutscher Lehrkräfte ist nach zehn Jahren deutscher Einheit längst überfällig, wenn motivierte Lehrkräfte benötigt werden und die andauernde Abwanderung von vor allem jungen Lehrkräften, die zur Absicherung eines fachgerechten Unterrichts benötigt werden, gestoppt werden soll. Qualitätssicherung und -entwicklung erfordert auch, dass die Lehrkräfte mehr Zeit für Fortbildung, Erfahrungsaustausch, schulinternen und überschulischen Beratungen sowie individuelle und gemeinschaftliche Planungsarbeit haben müssen. Dafür sind dringend zeitliche Entlastungen für die Lehrkräfte zu schaffen.

Auch die materielle Ausstattung mit Lehr- und Lernmitteln sowie die räumliche Ausstattung vieler Schulen sind unzureichend. Oftmals werden die Bedingungen, unter denen die Kinder und Jugendlichen lernen, den notwendigen Anforderungen nicht gerecht. Hier stehen die Schulträger in der Pflicht, für alle Schülerinnen und Schüler - unabhängig von der Schulform - Lernbedingungen zu schaffen, die wesentlich zu einem besseren Lernerfolg beitragen. Deshalb fordert die GEW Brandenburg, dass durch die Landesregierung ein Grundausstattungsplan (zumindest in Form einer Empfehlung) für die Schulträger erstellt wird, um gleiche Ausstattungsstandards in allen Schulen des Landes Brandenburg zu gewährleisten.

1.1.2 Schulprogramm; Schwerpunktbildung an Schulen
Nach Auffassung der Landesregierung soll die Sicherung und Entwicklung der Qualität schulischer Bildung und Erziehung an einer Einzelschule durch die Verabredung pädagogischer Ziele und Arbeitsschwerpunkte realisiert werden (siehe § 7 Abs. 2 2.ÄBbgSchulG). Diese Intension wird durch die GEW Brandenburg unterstützt. Darüber hinaus wird de facto eine Verpflichtung zur Erarbeitung eines Schulprogramms vorgesehen, ohne dass dabei ein konkreter zeitlicher Rahmen vorgesehen ist. Diese Maßnahme lehnt die GEW Brandenburg ab. Begründet wird dies mit den Erfahrungen in den Bundesländern, die eine verpflichtende Erarbeitung von Schulprogrammen vorgesehen haben. Dort hat sich deutlich gezeigt, dass die sehr aufwendige und umfangreiche Erarbeitung eines Schulprogramms zu Formalismus geführt hat, ohne dass sich dabei eine erfolgreiche Entwicklung der Einzelschule ergeben hat. Im Übrigen ist auch darauf zu verweisen, dass die Arbeit mit Schulprogrammen an einzelnen Schulen des Landes Brandenburg bisher noch nicht in ausreichendem Maße evaluiert wurde. Aus Sicht der GEW Brandenburg sollen daher Schulen mittel- und langfristig auf der Grundlage der verabredeten pädagogischen Ziele und Arbeitsschwerpunkte Schulprogramme nur dann entwickeln, wenn ein pädagogisches Bedürfnis an der Einzelschule dafür besteht. Eine Verpflichtung zur Erarbeitung eines Schulprogramms sowie die Nutzung erarbeiteter Schulprogramme zur Verschärfung der Konkurrenz zwischen den Schulen lehnt die GEW Brandenburg ab.

Mit § 7 Abs. 3 des Regierungsentwurfs soll den Schulen auf der Grundlage ihres Schulprogramms ein erweiterter Spielraum bei der Schwerpunktbildung im Rahmen der Stundentafel zugebilligt werden, indem sie nach Genehmigung durch die oberste Schulbehörde mehr als 10 v.H. des Volumens der Stundentafel dafür nutzen können. Diese sehr weite, nach oben unbegrenzte Öffnung wird durch die GEW Brandenburg abgelehnt. In der NRW-Denkschrift wird für die Schwerpunktbildung ein Zeitbudget von max. 40 v.H. der zur Verfügung stehenden Zeit vorgesehen. Dies ist aber unter Berücksichtigung der KMK-Vorgaben für die Mindeststundenzahlen, die für den Erwerb der mittleren Reife in den Kernfächern in den Jahrgangsstufen 5 bis 10 belegt werden müssen , und den derzeitig gültigen Stundentafeln problematisch, da dies vor allem zu Lasten des Lernbereichs Gesellschaftslehre sowie der Fächer Arbeitslehre, Musik, Kunst und Sport gehen würde. Darüber hinaus ist unter Beachtung der zurückgehenden Schülerzahlen und der daraus resultierenden Ausdünnung des Schulnetzes insbesondere im äußeren Entwicklungsraum zu hinterfragen, ob die Mehrzahl der Schulen, die eine Grundversorgung wahrnehmen müssen, eine Setzung von bestimmten Schwerpunkten mit umfangreicheren Abweichungen von der amtlichen Stundentafel vornehmen können. Eine Öffnung bis zu 15 v.H., maximal aber bis zu 20 v.H. des zur Verfügung stehenden Zeitbudgets, ist deshalb aus der Sicht der GEW Brandenburg für die Schwerpunktbildung ausreichend. Außerdem sollte darüber nachgedacht werden, ob eine entsprechende konkrete Regelung zwingend im Schulgesetz zu verankern ist, oder ob nicht eine entsprechende Regelung in den jeweiligen Bildungsgangverordnun-gen möglich und ausreichend ist.

1.1.3 Evaluierende Untersuchungen
Die GEW Brandenburg akzeptiert, dass sich das Land Brandenburg an internationalen und nationalen Untersuchungen von Schülerleistungen beteiligt und entsprechende eigene Untersuchungen veranlasst. Dabei muss der Offenheit der Rahmenpläne und der Möglichkeit der Schwerpunktsetzung innerhalb der Stundentafel Rechnung getragen werden. Die Ergebnisse dieser Überprüfung sollen vor allem der internen Evaluation des Bildungs- und Erziehungsprozesses in der Schule dienen. Aus ihnen muss für die Schule ersichtlich werden, welche Ziele unter welchen Bedingungen erreicht bzw. nicht erreicht wurden. Gleichzeitig müssen diese Überprüfungen auch landesweit durch die Schulaufsicht intern ausgewertet werden, um entsprechende Schlussfolgerungen für schulpolitische Entscheidungen auf Landesebene treffen zu können. Die GEW Brandenburg fordert ausdrücklich, dass die Ergebnisse der Evaluation nicht zu einem Ranking der Schulen untereinander genutzt werden, sondern der Verbesserung der Bildungs- und Erziehungsarbeit in der Schule dienen sollen.
Eine ausdrückliche Benennung von evaluierenden Untersuchungen in § 66 Abs. 2 bedarf es nach Auffassung der GEW Brandenburg nicht, da sie bereits durch § 66 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 und § 129 Abs. 2 rechtlich abgesichert sind.
In den §§ 44 Abs. 4 und 67 Abs. 2 des Regierungsentwurfs werden die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte verpflichtet, an den evaluierenden Untersuchungen, die von Schulbehörden angeordnet werden, teilzunehmen. Unabhängig davon, dass sich der Landesbeauftragte für Datenschutz für die ersatzlose Streichung des § 44 Abs. 4 aus datenschutzrechtlichen Erwägungen heraus ausgesprochen hat, sieht die GEW Brandenburg keine gesetzliche Regelungsnotwendigkeit in beiden Fällen. Für Schülerinnen und Schüler gilt gem. § 44 Abs. 3 BbgSchulG die Verpflichtung, "... an sonstigen verbindlich erklärten schulischen Veranstaltungen teilzunehmen ...". Damit wäre auch die Teilnahmeverpflichtung an Tests abgesichert. Nach AVENARIUS "... spricht vieles dafür, die in allen Ländern gesetzlich geregelte Pflicht zur Teilnahme an den für verbindlich erklärten Schulveranstaltungen als gesetzliche Grundlage ausreichen zu lassen." Auch ist die im Regierungsentwurf aufgenommene Verpflichtung weitergehend als z.B. im Hamburger Schulgesetz (HmbSG). Dort werden Schülerinnen und Schüler nur zur Teilnahme an den Testverfahren verpflichtet. Die Teilnahme an weiteren Befragungen (oder Erhebungen) ist für Schülerinnen und Schüler gem. § 100 Abs. 2 HmbSG freiwillig.
Für die in § 67 Abs. 2 festgelegte Teilnahmeverpflichtung der Lehrkräfte gilt nach Auffassung der GEW Brandenburg, dass es zu ihren dienstlichen Pflichten gehört, an den auf Grund von § 7 Abs. 2 des Regierungsentwurfs veranlassten evaluierenden Untersuchungen teilzunehmen. Daher bedarf es keiner ausdrücklichen gesetzlichen Benennung dieser Verpflichtung.

1.2 Selbständigkeit der Schule im Land Brandenburg
Die bisher vom Brandenburgischen Schulgesetz ermöglichte Selbständigkeit der Einzelschule ist aus der Sicht der GEW ein wesentliches Instrument zur Sicherung und Entwicklung der Qualität der Bildungs- und Erziehungsarbeit in ihr. Durch größere Entscheidungsspielräume und mehr Selbstverantwortung können Schulen ihre sie prägenden Angebote so gestalten, dass sie den Bedürfnissen, Interessen und Neigungen der Schülerinnen und Schüler besser gerecht werden und die Probleme, die im Prozess der Bildung und Erziehung entstehen, selbst lösen können.
Nach § 7 des Brandenburgischen Schulgesetzes wird den Schulen in folgenden Bereichen eine größere Entscheidungsfreiheit eingeräumt:
Entwicklung eines pädagogischen Profils, Entwicklung schulinterner Curricula auf Grundlage der Rahmenpläne, Einbeziehung außerschulischer Kompetenzen in den Bildungs- und Erziehungsprozess, Bewirtschaftung von Sach- und Personalmitteln. Dabei ist nach dem Brandenburgischen Schulgesetz der Grad der Ausprägung der Selbständigkeit, der den Schulen in diesen Bereichen zugestanden wird, unterschiedlich. Der Entwurf der Schulgesetznovelle eröffnet jedoch kaum weitere wesentliche Möglichkeiten. Insbesondere die selbständige Bewirtschaftung von Sach- und Personalmitteln wird auch in dem vorliegenden Regierungsentwurf nicht in ausreichendem Maß ermöglicht.
Nach Auffassung der GEW Brandenburg muss der Schule ein Gesamtbudget zugewiesen werden, das die Mittel für die Anschaffung von Lehr- und Lernmitteln, die Verwaltungskosten, die Investitionen in die Grundausstattung, die Pflege- und Reparaturkosten, die Repräsentation der Schule und die außerunterrichtliche Tätigkeit enthalten soll. Über die Aufteilung der zugewiesenen Mittel soll die Schulkonferenz entscheiden, die einen entsprechenden Haushaltsplan beschließt, der durch die Schulleitung erstellt und umgesetzt wird.

Den Schulen soll durch die staatlichen Schulämter ein Pool von Stellen und Personalmitteln für folgende Bereiche zugewiesen werden:
eigenständige Vertretungsreserve, Verwaltungsstunden (ausschließlich für nichtpädagogische Aufgaben), Fortbildung der Lehrkräfte und Teilungs-, Förder- und Wahlunterricht. Daneben sind den Schulen Finanzmittel für die Durchführung schulinterner Fortbildungsveranstaltungen zur Verfügung zu stellen.Von Seiten des Trägers muss eine Mittelbereitstellung für die Schulsozialarbeit und das technische Personal erfolgen.
An dieser Stelle sei allerdings deutlich darauf hingewiesen, dass die Budgetierung der Mittel und Stellen ist nicht als Instrument der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu betrachten ist. Es muss in jedem Fall gewährleistet sein, dass die finanzielle Grundausstattung den Bedürfnissen der Erziehung und Bildung junger Menschen an der jeweiligen Schule entspricht und diese langfristig gesichert ist.

1.3 Übergang in die Sekundarstufe I
In einer Reihe von Änderungen werden im Regierungsentwurf Maßnahmen vorgesehen, die den Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schule regeln bzw. steuern sollen. Dabei ist vor allem der Übergang in den Bildungsgang zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife betroffen. Im Einzelnen sind dies:
Erstellung einer Bildungsgangempfehlung im Grundschulgutachten, Möglichkeit der Durchführung von Aufnahmetests und Querversetzung am Ende der Jahrgangsstufe 7. Ziel dieser Maßnahmen ist es offensichtlich, die Übergangsquote in den gymnasialen Bildungsgang zu regulieren. Die GEW Brandenburg spricht sich grundsätzlich dagegen aus, durch rigide Maßnahmen den Anteil der Schülerinnen und Schüler, die den gymnasialen Bildungsgang wechseln wollen, zu begrenzen. Alle Schülerinnen und Schüler, die die entsprechende Eignung besitzen und deren Eltern es wollen, sollen die Möglichkeit erhalten, die allgemeine Hochschulreife - unabhängig von ihrer beruflichen Perspektive - zu erwerben. Bei der allgemeinen Hochschulreife handelt es sich nicht um eine Elitebildung für einige wenige junge Menschen, sondern um einen Allgemeinbildungsanspruch für alle Schülerinnen und Schüler. Es ist daher nicht hinzunehmen, wenn nur etwa 35 Prozent eines Altersjahrgangs der Schülerinnen und Schüler diese Bildungsmöglichkeiten erhalten sollen. Im übrigen haben auch die jüngst veröffentlichten Ergebnisse des 3. Teils der TIMS-Studie gezeigt, dass auch bei über achtzigprozentiger Bildungsbeteiligung in diesem Bereich Spitzenleistungen möglich sind. In diesen Fällen rekrutiert sich die Elite nicht aus einer kleinen Gruppe frühzeitig selektierter Schülerinnen und Schüler, sondern aus einer breiten Basis. Aus der Sicht der GEW Brandenburg reichen deshalb die bisherigen Regelungen im BbgSchulG völlig aus, um den Übergang in die weiterführenden Schulen zu regeln. Es kommt nunmehr vor allem darauf an, die Aussagefähigkeit des Grundschulgutachten zu erhöhen und die Schullaufbahnberatungen am Ende der Grundschulzeit weiter zu qualifizieren.

1.4 Übertragung von Aufgaben der/des Dienstvorgesetzten auf den/die Schulleiter/in
Der Regierungsentwurf sieht in § 71 Abs. 3 vor, dass das für Schule zuständige Ministerium die Aufgaben einer oder eines Dienstvorgesetzten auf die Schulleiterin oder den Schulleiter übertragen kann. Die GEW Brandenburg kann dieser gesetzlichen, in Einzelfällen sicherlich auch sinnvollen Regelung ihre Zustimmung nicht geben, so lange durch den Gesetzgeber nicht bestimmt wird, welche Aufgaben dies im einzelnen sind und die Mitglieder der Lehrerräte an den Schulen in Bezug auf die Schutzrechte und die Freistellungstatbestände den Personalräten bei den staatlichen Schulämtern nicht gleichgestellt sind.

1.5 Schulaufsicht und Schulberatung
Nach Auffassung der GEW Brandenburg sind die im Regierungsentwurf vorgenommen Änderungen im Teil 11 nicht ausreichend, um der künftigen Rolle und den Aufgaben der Schulaufsicht im Land Brandenburg gerecht zu werden. Ziele schulaufsichtlichter Tätigkeit im Rahmen des Prozesses der Qualitätssicherung und -entwicklung müssen die Garantie der Chancengleichheit und die Durchlässigkeit des Bildungssystems sowie die Schaffung bzw. Sicherung gleichartiger Bildungsangebote und Standards sein, die vor allem durch die Arbeit in den folgenden Hauptfeldern zu erreichen sind.
Erstes Hauptfeld: Beratung des Systems Schule
Durch die Schulaufsicht ist den Schulen mittels einer Systemberatung in Verbindung mit Fach- und Einzelberatung u. a. in folgenden Bereichen Unterstützung zu gewähren:
Entwicklung und Sicherung der Qualität des Lehrens und Lernens in der Schule in Bezug auf Fächer, Lernbereiche und Rahmenpläne; Entwicklung von Schlüsselqualifikationen bei Schülerinnen und Schülern; Erarbeitung, Dokumentation (Berichterstattung) und Evaluation des pädagogischen Konzeptes der Schule einschließlich der Stärkung der schulischen Eigenverantwortung bei der Gestaltung schulinterner Curricula und des Schullebens.
Zweites Hauptfeld: Aufsicht
Die aufsichtliche Tätigkeit soll sich u. a. auf die folgenden Bereiche erstrecken: Entwicklung, Durchsetzung und Kontrolle von Standards für Fächer bzw. Lernbereiche sowie der Gestaltung des Schullebens; Koordination und Steuerung des Berichtswesens (Schule-Schulrat, Schulrat-MBJS, MBJS-Landtag); Wahrnehmung der Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht.
Drittes Hauptfeld: Personalführung und -entwicklung
In dem Bereich der Personalführung und -entwicklung sind u.a. folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Befähigung der schulischen Funktionsträger im Zusammenhang mit der Übertragung von Entscheidungen auf die Schulleitung; Qualifizierung der Schulaufsicht im Hinblick auf die Aufsichts- und Beratungskompetenz; Budgetierung der personellen Mittel und Sicherung der personellen Ausstattungsstandards an den Schulen.
Auf der Grundlage dieser Aufgaben- und Zielbeschreibung hat die GEW konkrete Vorschläge zur Änderung der einzelnen Paragrafen in Teil 11 unterbreitet, die dem 2. Teil dieser Stellungnahme zu entnehmen sind.

2. Änderungsvorschläge zum Regierungsentwurf des 2. ÄBbgSchulG

Nachfolgend unterbreitet die GEW Brandenburg konkrete Änderungsvorschläge zum Gesetzentwurf der Landesregierung.

§ 7 - Selbständigkeit der Schulen

(2) Die Schulen legen pädagogische Ziele und Schwerpunkte ihrer Arbeit mit dem Ziel fest, diese in einem Schulprogramm für die Sicherung und Entwicklung der Qualität schulischer Arbeit zusammenzuführen. die Qualität schulischer Bildung und Erziehung zu sichern und weiterzuentwickeln. Sie können diese in einem Schulprogramm zusammenführen. Sie Die Schulen überprüfen regelmäßig das Erreichen ihrer pädagogischen Ziele und die Umsetzung ihrer der verabredeten festgelegten Arbeitsschwerpunkte Schwerpunkte ihrer Arbeit oder ihres Schulprogramms (interne Evaluation) und können sich hierbei durch Dritte unterstützen lassen. Sie nehmen an den durch die Schulbehörden veranlassten Überprüfungen teil (externe Evaluation). Sie stimmen sich mit dem Schulträger in allen diesen betreffenden Angelegenheiten ab und erörtern mit dem staatlichen Schulamt die pädagogischen Ziele und Schwerpunkte ihrer Arbeit und das oder das Schulprogramm.

Begründung: Die Verpflichtung zur Erarbeitung von Schulprogrammen wird abgelehnt. Das Schulprogramm ist ein Steuerungsinstrument zur Schulentwicklung. Die Schulen sollen selbst entscheiden können, ob sie ein Schulprogramm als Steuerungsinstrument für die Qualitätssicherung und -entwicklung nutzen wollen. Im Übrigen wird auf die Erfahrungen in der Arbeit mit Schulprogrammen in anderen Bundesländern verwiesen.

(3) 1Die Schulen können im Rahmen der Stundentafeln Schwerpunkte bilden. 2Zur besonderen Ausprägung des eigenen Profils können Schulen zur Schwerpunktbildung mehr als 10 bis 15 vom Hundert der Stunden nutzen. 3Dieses bedarf auf der Grundlage eines Schulprogramms der Genehmigung des für Schule zuständigen Ministeriums. 4Dabei muss die Anerkennung der in diesen Schulen erreichbaren Abschlüsse in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland gesichert sein.
Begründung: Der Anteil des Stundenvolumens für die Schwerpunktgestaltung sollte nach oben begrenzt sein, auch wenn ein Genehmigungsvorbehalt des MBJS besteht. Dies wird vor allem vor dem Hintergrund gefordert, dass von der Landesregierung die Durchführung zentraler Prüfungen in den Kernfächern sowohl am Ende der Sekundarstufe I als auch am Ende der gymnasialen Oberstufe geplant sind. Diese Maßnahme erfordert nicht nur die Schaffung eines Kerncurriculums in den einzelnen Fächern o-der Lernbereichen, sondern auch die Festlegung eines verbindlichen Stundenrahmens für die einzelnen Fächer.

§ 8 - Schulversuche, abweichende Organisationsformen, Schulen mit besonderer Prägung

(1) 1Schulversuche dienen dazu, das Schulwesen pädagogisch und organisatorisch weiterzuentwickeln. 2Dazu können insbesondere Abweichungen von Aufbau und Gliederung des Schulwesens, eine Verkürzung der Schulzeit zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife sowie Veränderungen oder Ergänzungen der Aufnahmeverfahren der Unterrichtsinhalte, der Unterrichtsorganisation, der Unterrichtsmethoden, der Form der Leistungsbeurteilung einschließlich des Erwerbs der Abschlüsse sowie der Formen der Mitwirkung gemäß § 97 erprobt werden. 3Zur Erprobung von Abweichungen, Veränderungen oder Ergänzungen grundsätzlicher Art können Versuchsschulen errichtet werden. 4Die Bestimmungen über Schulversuche gelten für Versuchsschulen entsprechend.
Begründung: Die GEW Brandenburg sieht keine Notwendigkeit, die Möglichkeit der Erprobung der Verkürzung der Schulzeit bis zum Erlangen der allgemeinen Hochschulreife durch einen Schulversuch gesetzlich zu verankern. Nach ihrer Auffassung sind die Bestimmungen des § 8 Abs. 1 BbgSchulG ausreichend, um die Durchführung entsprechender Schulversuche rechtlich abzusichern. Gleiches gilt für Erprobungen von Änderungen des Aufnahmeverfahrens.

§ 9 - Zusammenarbeit mit anderen Stellen, öffentlichen Einrichtungen und den Kirchen

(2) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften haben das Recht, Schülerinnen und Schüler in den Räumen der Schule nach ihrem Bekenntnis zu unterrichten (Religionsunterricht). Sie übernehmen die Verantwortung dafür, dass die allgemeinen rechtlichen Vorschriften für den Schulunterricht eingehalten werden. Sie haben das Recht, interessierte Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern über den Religionsunterricht zu informieren. Der Religionsunterricht wird durch Personen erteilt, die von den Kirchen und Religionsgemeinschaften beauftragt werden. Am Religionsunterricht nehmen Schülerinnen und Schüler teil, deren Eltern eine dahingehende schriftliche Erklärung abgeben. Bei Schülerinnen und Schülern, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, tritt die eigene Erklärung an die Stelle der Erklärung der Eltern. Der Schulträger stellt die Räume unentgeltlich zur Verfügung.
Begründung: Das Recht, über den Religionsunterricht zu informieren, sollte nur dann bestehen, wenn es sich um Eltern oder Schülerinnen und Schüler handelt, die sich für das Angebot des Religionsunterricht interessieren.

§ 12 - Lernbereiche und übergreifende Themenkomplexe

(1) 1Unterrichtsfächer, die in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen, können zu einem Lernbe reich zusammengefasst werden, soweit dies durch Rechtsverordnung vorgesehen ist. 2Lernbereiche werden fachübergreifend von einer Lehrkraft oder abgestimmt von mehreren beteiligten Lehrkräften unterrichtet. 3Dabei ist auf die angemessene Berücksichtigung des Anteils der jeweiligen Fächer zu achten. 4Wird ein Lernbereich fachübergreifend unterrichtet, so wird die Bewertung zusammengefasst und in einer Note ausgedrückt. Lernbereiche in der beruflichen Bildung sind aus Handlungsfeldern abgeleitete Inhalte, die in Rahmenlehrplänen durch Lernfelder beschrieben werden können.
Begründung: Aus der Sicht der GEW Brandenburg macht der Begriff Lernbereich nur dann einen Sinn, wenn er in Zusammenhang mit Fächern verwendet wird, wie dies bisher der Fall ist. Daher ist dieser Satz zu streichen.

(2) 1Übergreifende Themenkomplexe orientieren sich an Grundproblemen der Gesellschaft und sind in allen Schulstufen sowohl im Unterricht als auch in sonstigen Schulveranstaltungen in angemessener Weise zu berücksichtigen. 2Übergreifende Themenkomplexe sind insbesondere:

Friedenssicherung, Globalisierung, Interkulturelles,
Recht im Alltag,
Wirtschaft,
ökologische Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit,
Medien und Informationsgesellschaft,
Gesundheit und jugendliche Lebenswelt,
Geschlechterbeziehungen, Lebensformen,
Kultur/Ästhetik

Begründung: Die kulturell-ästhetische Erziehung war bisher eines der wesentlichen Aufgabengebiete, die als übergreifende Themenkomplexe nicht mehr aufgeführt sind. Dieses ist jedoch aus der Sicht der GEW Brandenburg unverzichtbar, weil die kulturell-ästhetische Erziehung ein Auftrag ist, der allen Fächern zukommt, und nicht nur denen im musisch-ästhetischen Lernbereich.

§ 30 - Bildungsgänge an Förderschulen

(6) Abweichend von § 16 Abs. 1 werden die Allgemeine Förderschule und die Förderschule für geistig Behinderte nicht in Schulstufen gegliedert. Die Förderschule für geistig Behinderte gliedert sich in bildungsspezifische Lernstufen. Schülerinnen und Schüler mit einer geistigen Behinderung oder schwerer Mehrfachbehinderung erfüllen in der Regel in der Förderschule für geistig Behinderte ihre Berufsschulpflicht. Wer eine entsprechende Schule besucht und die Schulpflicht erfüllt hat, ist bis zum Ablauf des Schuljahres, in dem das 23. 21. Lebensjahr vollendet wird, berechtigt, diese Schule zu besuchen, wenn dort im begründeten Einzelfall eine bessere Förderung erfolgt.
Begründung: Die Praxis zeigt, dass der Rechtsanspruch einer Schülerin oder eines Schülers mit einer geistigen Behinderung oder Mehrfachbehinderung auf einen Werkstättenplatz nicht in jedem Fall umgesetzt werden kann. Die Herabsetzung des Lebensalters würde dazu führen, dass diese Schülerinnen und Schüler in Pflegeeinrichtungen übernommen werden müssten, in denen sie nicht gefördert werden.

§ 44 - Rechte und Pflichten aus dem Schulverhältnis

(4) 1Neben den Pflichten gemäß Absatz 3 besteht die Pflicht zur Teilnahme an Tests, Befragungen oder Erhebungen, wenn diese für Untersuchungen zur Evaluation gemäß § 7 Abs.2 oder gemäß § 66 Abs. 2 geeignet und erforderlich sind. 2Die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern sind über die wesentlichen Ergebnisse der Evaluation zu informieren.
Begründung: Die GEW sieht die Maßnahmen zur internen und externen Evaluation des Bildungs- und Erziehungsprozesses in der Schule als einen immanenten Bestandteil schulischer Aufgaben und Arbeit. Deshalb besteht keine Notwendigkeit, hierfür eine explizite Teilnahmeverpflichtung für Schülerinnen und Schüler in das Gesetz aufzunehmen.

§ 47 - Meinungsfreiheit der Schülerinnen und Schüler, Werbung

(4) 1Schulen dürfen finanzielle oder anders geartete Unterstützungen Dritter als Spenden oder als Zuwendungen mit dem Ziel der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit (Sponsoring) entgegennehmen. 2Die ordnungsgemäße Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags darf nicht beeinträchtigt werden. Sie dürfen nicht dazu dienen, Kürzungen in den öffentlichen Haushalten auszugleichen. Die Schulträger haben für einen finanziellen Interessenausgleich zwischen ihren Schulen zu sorgen.
Begründung: Es muss durch den Gesetzgeber gesichert werden, dass Sponsoring nicht zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte genutzt werden kann. Darüber hinaus muss durch den Schulträger ein finanzieller Interessenausgleich zwischen den Schulen gewahrt werden.

§ 52 - Gutachten der Grundschule

1Vor der Erarbeitung der Grundschulgutachten werden die Eltern über die Abschlüsse und Berechtigungen der Bildungsgänge der weiterführenden allgemeinbildenden Schulen beraten. 2Die Grundschule erstellt nach Ausgabe der Halbjahreszeugnisse der Jahrgangsstufe 6 ein Gutachten, das Angaben über Fähigkeiten, Leistungen und Neigungen und die allgemeine Entwicklung des Kindes in der Grundschule sowie eine Empfehlung für einen Bildungsgang in der Sekundarstufe I enthält.
Begründung: Die Verankerung einer Bildungsgangempfehlung auf dem Grundschulgutachten wird von der GEW abgelehnt. In erster Linie kommt es darauf an, die Grundschulschulgutachten inhaltlich so weiterzuqualifizieren, dass sie sowohl für El-tern als auch für die weiterführende Schule aussagekräftig sind. Die Beratung der Eltern zur weiteren Schullaufbahn sollte durch die Lehrkräfte in den durchzuführenden Beratungsgesprächen zum Grundschulgutachten gegeben und erläutert werden.

§ 53 - Aufnahme in eine weiterführende allgemein bildende Schule

(3) 1Der Besuch eines Bildungsgangs setzt die dafür erforderliche Eignung voraus. 2Übersteigt die Zahl der Anmeldungen für eine Schule die Aufnahmekapazität, wird ein Auswahlverfahren durchgeführt. 2 3Die Auswahl erfolgt nach
1. besonderen Härtefällen gemäß Absatz 4,
2. dem Vorrang der Eignung gemäß Absatz 5 und
3. dem Vorliegen besonderer Gründe.
4Das Vorliegen eines besonderen Grundes rechtfertigt den Vorrang einer Schülerin oder eines Schülers bei gleicher Eignung für den Bildungsgang in der gewählten Schule.
Begründung: Der neu eingefügte Satz ist nicht erforderlich, da bereits in Satz 1 Abs. 1 darauf verwiesen wird, dass für die Aufnahme in eine weiterführende Schule neben der Wunsch der Eltern die Eignung der Schülerin oder des Schülers entscheidend ist.

(5) Die Schülerin oder der Schüler ist für den gewählten Bildungsgang geeignet, wenn die bisherige Lernentwicklung und Lernbereitschaft, der erreichte Leistungsstand und die Neigungen eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht des jeweiligen Bildungsganges erwarten lassen. Der Vorrang der Eignung ist durch Auswertung des Grundschulgutachtens zu ermitteln. Ergänzend kann das Halbjahreszeugnis der Jahrgangsstufe 6 und das Ergebnis eines Aufnahmetests hinzugezogen werden. Ferner können mit den Eltern und den Schülerinnen oder Schülern Gespräche geführt werden. Auf Wunsch der Eltern sind diese Gespräche zu führen.
Begründung: Die Auswertung des Grundschulgutachtens und die Hinzuziehung des Halbjahreszeugnisses der Jahrgangsstufe 6 sind nach Auffassung der GEW Brandenburg ausreichend, um die Eignung der Schülerin oder des Schülers für einen Bildungsgang zu bestimmen. Dies wird auch durch die Praxis in den anderen Bundesländern bestätigt, da nur in Baden-Württemberg (in bestimmten Fällen), Sachsen und Thüringen der Zugang zum gymnasialen Bildungsgang rigide geregelt wird. Es wäre allerdings zu prüfen, ob eine Aufnahmeprüfung an den künftigen Spezialschulen bzw. -klassen zweckmäßig ist.

§ 58 - Zeugnisse

(2) In den Schulen der Primarstufe, der Sekundarstufe I und den entsprechenden Förderschulen werden getrennt vom Zeugnis schriftliche Informationen über das Arbeits- und Sozialverhalten der Schülerin oder des Schülers ausgegeben.

(3) 1Das für Schule zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, das Nähere zur Zeugniserteilung und zu den schriftlichen Informationen über das Arbeits- und Sozialverhalten durch Rechtsverordnung zu regeln. 2Dabei kann vorgesehen werden, dass ein Zeugnis oder eine entsprechende Bescheinigung nur am Ende eines Schuljahres ausgegeben wird sowie die Informationen zum Arbeits- und Sozialverhalten im Zeugnis oder getrennt vom Zeugnis erfolgen oder in bestimmten Jahrgangsstufen entfallen.
Begründung: Die Möglichkeit, dass die Informationen zum Arbeits- und Sozialverhalten auf dem Zeugnis erfolgen, wird von der GEW abgelehnt. Mit der Verankerung auf dem Zeugnis werden die Informationen zum Arbeits- und Sozialverhalten verwaltungsrechtlich relevant und damit einzelne Formulierungen u.U. gerichtlich anfecht- bzw. einklagbar. Aus der Sicht der GEW haben die Informationen zum Arbeits- und Sozialverhalten vor allem eine pädagogische Funktion, die durch die bisherige Verfahrensweise erfüllt wird.

§ 59 - Aufrücken, Versetzen, Wiederholen, Zurücktreten und Kurseinstufung

(3) 1Bei Nichtversetzung hat die Schülerin oder der Schüler dieselbe Jahrgangsstufe zu wiederholen. 2Schülerinnen und Schüler, die die Jahrgangsstufe 7 des Gymnasiums besuchen, können am Ende des Schuljahres in eine Schule mit geeignetem Bildungsgang versetzt werden, wenn die bisherige Lernentwicklung und Lernbereitschaft, der erreichte Leistungsstand und die Neigungen eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht des Bildungsgangs nicht erwarten lassen (Querversetzung). 3Bei zweimaliger Nichtversetzung in derselben Jahrgangsstufe oder in zwei aufeinanderfolgenden Jahrgangsstufen des Gymnasiums oder der Realschule hat die Schülerin oder der Schüler die Schule zu verlassen. 3 4Eine Aufnahme in eine andere Schule der gleichen Schulform ist in diesem Fall nicht zulässig. 5In begründeten Fällen kann das staatliche Schulamt Ausnahmen zulassen.
Begründung: Die beabsichtigte Regelung kommt einem Probejahr am Gymnasium gleich. Dies wird aus pädagogischen Gründen abgelehnt. In dem vorliegenden Gesetzesentwurf gibt es ausreichende Regelungen, die eine entsprechende Vorauswahl bezogen auf die Eignung der Schülerin oder des Schülers ermöglichen. Selbst die von der GEW eingebrachten Änderungsvorschläge in diesem Bereich mindern diese Möglichkeit nicht. Darüber hinaus ist es besonders bedenklich, wenn damit auf die Übergangsquote zum Gymnasium im Sinne einer Begrenzung Einfluss genommen werden soll. In den Bundesländern, in dem der Übergang in den gymnasialen Bildungsgang praktisch freigegeben ist, haben sich die Übergangsquoten stabilisiert. Deshalb sind die im vorliegenden Gesetzentwurf verankerten Steuerungselemente zur Begrenzung des Übergangs (siehe auch § 53) nicht notwendig.

§ 66 - Wissenschaftliche Untersuchungen

(2) 1Um die Arbeit der Schulen oder deren Ergebnisse auf wissenschaftlicher Grundlage bezogen auf eine Schule oder schulübergreifend und vergleichend durch Untersuchungen zur Evaluation zu überprüfen, können durch das für Schule zuständige Ministerium oder in seinem Auftrag geeignete und erforderliche eingesetzt werden und insbesondere durch Befragungen weitere erforderliche Daten erhoben und ausgewertet werden. 2Absatz 1 gilt entsprechend.
Begründung: Diese Untersuchungen sind bereits durch § 66 Abs. 1 rechtlich gesichert.

§ 67 - Lehrkräfte

(2) Die Lehrkräfte unterrichten und erziehen in eigener Verantwortung im Rahmen der Bildungs- und Erziehungsziele sowie der Rechts- und Verwaltungsvorschriften und der Beschlüsse der schulischen Gremien. Ihre pädagogische Freiheit darf nicht unnötig oder unzumutbar eingeschränkt werden. 3Zu den Unterrichts- und Erziehungspflichten der Lehrkräfte gehören die Aufsichtspflichten. 4Die Lehrkräfte sind verpflichtet, sich an Evaluationen gemäß § 7 Abs. 2 sowie an Untersuchungen zur E-valuation gemäß § 66 Abs. 2 zu beteiligen.
Begründung: Die Aufsichtspflicht der Lehrkräfte ist, wie andere Aufgaben auch, bereits untergesetzlich geregelt. Dies ist nach Auffassung der GEW ausreichend. Die Verpflichtung der Lehrkräfte zur Teilnahme an Maßnahmen der internen und externen Evaluation bedarf ebenfalls keiner gesetzlichen Regelung, da es sich hierbei um einen wesentlichen Bestandteil des Bildungs- und Erziehungsprozesses gem. § 7 handelt.

§ 68 - Sonstiges Schulpersonal

(3) 1Auf der Grundlage von § 7 Abs. 6 kann die Schule im Unterricht oder bei anderen Schulveranstaltungen geeignete Personen zur Unterstützung der Lehrkräfte oder selbständig und unter deren Verantwortung einsetzen. Bei anderen schulischen Veranstaltungen können geeignete Personen zur Unterstützung der Lehrkräfte selbständig eingesetzt werden. 2Diese Personen handeln im Auftrag der Schule. 3Ein Anspruch auf Entschädigung besteht nicht.
Begründung: Für den Unterricht muss gewährleistet werden, dass beim Einsatz von geeigneten Personen zur Unterstützung der Lehrkräfte die Verantwortung der Lehrkräfte erhalten bleibt. Dies gilt vor allem für den Unterricht, der gemäß Stundentafel zu erteilen ist. Im übrigen beinhaltet auch der Begriff "Unterstützung", dass die geeignete Person mit der jeweiligen Lehrkraft zusammenarbeitet.

§ 71 - Aufgaben der Schulleiterin oder des Schulleiters

(3) Das für Schule zuständige Ministerium soll einzelne Aufgaben der Dienstvorgesetzten oder des Dienstvorgesetzten der Lehrkräfte und des sonstigen pädagogischen Personals der Schulen auf die Schulleiterinnen oder die Schulleiter übertragen.
Begründung: Die GEW lehnt aus personalvertretungsrechtlichen Gründen die pauschale Ermächtigung des für Schule zuständigen Ministeriums zur Übertragung von Dienstvorgesetztenaufgaben auf die Schulleiterin oder den Schulleiter ab, da eine entsprechende personalrechtliche Vertretung auf Schulebene funktionsfähig sein muss. Die bisherigen Regelungen für die Lehrerräte sind derart zu erweitern, dass sie entsprechend ihres Aufgabenkreises die gleichen Rechte wie die Personalräte bei den staatlichen Schulämtern erhalten.
Hinweis: Durch das MBJS wurde in der Anlage zur Begründung des 2. ÄbbgSchulG zugesichert, dass die an die Schulleiterin oder den Schulleiter zu übertragenden Aufgaben durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden. Die Mitwirkung der Gewerkschaften ist lt. LBG möglich. Weiterhin wurde zugesichert, dass über die weiteren Rechte der Lehrerräte mit den Gewerkschaften verhandelt und eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen werde.

§ 85 - Konferenz der Lehrkräfte

(1) An jeder Schule wird eine Konferenz der Lehrkräfte gebildet. Stimmberechtigtes Mitglied der Konferenz der Lehrkräfte ist, wer an der Schule regelmäßig mindestens sechs Wochenstunden selbständig Unterricht erteilt, das sonstige pädagogische Personal sowie die Schulleiterin als Vorsitzende oder der Schulleiter als Vorsitzender. Je zwei Vertreterinnen oder Vertreter der Elternkonferenz und der Konferenz der Schülerinnen und Schüler, die gemäß § 9 Abs. 2 mit der Erteilung des Religionsunterrichts beauftragten Lehrkräfte sowie die Lehrkräfte, die an der Schule regelmäßig weniger als sechs Wochenstunden selbständig Unterricht erteilen, sind beratende Mitglieder der Konferenz. Die Konferenz der Lehrkräfte tritt in der Regel sechsmal im Jahr auf Einladung der Schulleitung zusammen.
Begründung: Mit der beabsichtigten gesetzlichen Bestimmung, dass Religionslehrkräfte beratende Mitglieder der Konferenz der Lehrkräfte sind, wird nach Auffassung der GEW dem Religionsunterricht der Status eines Unterrichtsfaches durch den Gesetzgeber quasi zuerkannt. Dies ist vor der Entscheidung des BVG nicht sinnvoll.

§ 88 - Klassenkonferenzen

(1) 1Stimmberechtigte Mitglieder der Klassenkonferenzen sind alle Lehrkräfte, die in der Klasse regelmäßig unterrichten, und das in der Klasse regelmäßig tätige sonstige pädagogische Personal, die regelmäßig die Schülerin oder den Schüler unterrichten. 2Vorsitzende oder Vorsitzender der Klassenkonferenz ist die Klassenlehrerin oder der Klassenlehrer. 3Die Sprecherinnen und Sprecher der Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler nehmen beratend an der Klassenkonferenz teil. 4Die in der Klasse unterrichtenden Religionslehrkräfte können mit beratender Stimme teilnehmen. Begründung: Analog zu § 85.

§ 94 - Lehrkräfte

(4) An Oberstufenzentren können durch Beschluss der Konferenz der Lehrkräfte an Stelle der Fachkonferenzen gemäß abweichend von § 87 Fachkonferenzen zur besseren Koordinierung des berufsbezogenen und berufsübergreifenden Unterrichts Teil- und Lernbereichskonferenzen gebildet werden. Die Fach-, Teil- oder Lernbereichskonferenzen können bezogen auf Berufe, affine Berufe, Lernfelder und Lernbereiche gebildet werden. Diese können abteilungsübergreifend organisiert werden.
Begründung: Der Begriff Teilkonferenz wird bereits in Abs. 1 in einem anderen Zusammenhang verwendet und sollte daher an dieser Stelle keine Verwendung finden. Stattdessen soll entsprechend des gegenwärtigen Standes der Neustrukturierung in der beruflichen Bildung der Begriff der Fachkonferenz entsprechend der obigen Formulierung inhaltlich erweitert werden.

§ 99 - Wirkungskreis des Schulträgers

(2) Der Schulträger kann soll der Schule neben der Bezeichnung gemäß § 16 einen Namen geben. Dem Namen kann ein Hinweis auf das Profil oder die besondere Prägung einer Schule beigefügt werden. Die Namensgebung erfolgt im Einvernehmen mit der Schule.
Begründung: Die Identifikation mit der Schule ist nach Auffassung der GEW nicht von einem Namen, sondern wesentlich von deren pädagogischen Arbeit abhängig. Von einer gesetzlichen Verpflichtung der Schulträger, ihren Schulen einen Namen zu geben, soll daher Abstand genommen werden § 129 - Grundsätze der Schulaufsicht und Schulberatung

Siehe Änderungsvorschläge im 3. Teil weitere Änderungsvorschläge dieser Stellungnahme.

3. Weitere Änderungsvorschläge

Folgend werden von der GEW Brandenburg weitere Vorschläge zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes unterbreitet. Die vorgeschlagenen Änderungen sind rot gekennzeichnet.

§ 7 - Selbständigkeit der Schulen

(4) Die Schulträger sollen den Schulen Entscheidungsbefugnisse über die Verwendung von Sachmitteln zumindest in dem Umfang einräumen, wie diese für Lehr- und Lernmittel, die Grundausstattung, die Pflege- und Reparatur von Gebäuden und Anlagen, die Repräsentation der Schule und zur Deckung der laufenden Verwaltungskosten bestimmt sind. Außerdem kann den Schulen ermöglicht werden, Sachmittel, einschließlich der Mittel, die der Ausstattung und Unterhaltung von Gebäuden und Anlagen dienen, selbst zu bewirtschaften. Soweit mit Mitteln gemäß Satz 1 oder 2 Maßnahmen finanziert werden, die sich über mehr als ein Haushaltsjahr erstrecken, kann soll der Schulträger die Mittel als in nachfolgende Haushaltsjahre übertragbar ausweisen. Einnahmen oder Ausgabenminderungen, die eine Schule selbst erzielt, sollen für diese Schule verwendet werden.
Begründung: Die GEW fordert, dass den Schulen bei der Verwendung von Sachmitteln Entscheidungsspielräume in einem umfassenderen Spektrum gesetzlich eröffnet werden und die Übertragbarkeit von Mitteln gesetzlich gewährleistet wird. Mit dieser Änderung soll die Schule die Möglichkeit erhalten, entsprechend ihrer Erfordernisse und Schwerpunkte die bereitgestellten finanziellen Mittel zu verwenden

(5) Die staatlichen Schulämter sollen den Schulen Entscheidungsbefugnisse über die Verwendung von Personalmitteln für den Vertretungsunterricht, die Fortbildung der Lehrkräfte, den Förder-, Teilungs- und Wahlunterricht sowie für besondere Aufgaben einräumen. Außerdem kann den Schulen ermöglicht werden, Personalmittel selbst zu bewirtschaften. Dabei muss der sachgerechte Ausgleich zwischen den einzelnen Schu-len gewährleistet sein. Der Umfang der gemäß § 109 Abs. 4 zugewiesenen Personalmittel darf nicht überschritten werden.
Begründung: Auch die Entscheidungsbefugnisse der Schule über die Verwendung der personellen Mittel sollen erweitert werden, um die schulspezifischen Erfordernisse in der Bildungs- und Erziehungsarbeit berücksichtigen zu können.

§ 18 - Ganztagsangebote Änderung in Abs. 3 Satz 1:

(3) Schulen in der Sekundarstufe I umfassen Ganztagsangebote, wenn dafür ein Bedürfnis besteht. und wenn die personellen, sächlichen und schulorganisatorischen Voraussetzungen erfüllt sind.
Begründung: Es soll grundsätzlich möglich sein, dass bei Bestehen eines Bedürfnisses, Ganztagsangebote an einer Schule vorgehalten werden können. Die entsprechenden Voraussetzungen dafür müssen durch das Land und die Schulträger geschaffen werden.

§ 85 - Konferenz der Lehrkräfte

(2) 1Die Konferenz der Lehrkräfte berät alle wichtigen Angelegenheiten der Schule. 2Sie entscheidet insbesondere über die
...
7.Grundsätze der Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte an der Schule sowie über die Verwendung der der Schule zur Verfügung gestellten Fortbildungsmittel,
...
9. Aufteilung der für besondere Aufgaben zu gewährenden Anrechnungsstunden. Verwendung der der Schule zur Verfügung gestellten Personalmittel gem. § 7 Abs. 5

3Sie macht Vorschläge für die Verwendung von Stunden für den Förder-, Teilungs- und Wahlunterricht.
Begründung: Folgeänderung auf Grund des Änderungsvorschlags § 7 Abs. 5

§ 87 - Fachkonferenzen

(1) An Schulen werden Fachkonferenzen gebildet. Mitglieder der Fachkonferenzen sind alle Lehrkräfte, die eine Lehrbefähigung in dem jeweiligen Fach haben oder in dem Fach unterrichten. Die Fachkonferenzen wählen aus der Mitte ihrer stimmberechtigten Mitglieder eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden. Je zwei Vertreterinnen oder Vertreter der Elternkonferenz und der Konferenz der Schülerinnen und Schüler sind beratende Mitglieder der Fachkonferenzen.
Begründung: Auf Grund der hohen Anzahl der von den Lehrkräften wahrzunehmenden Beratungen schulischer Konferenzen ist es nicht einsehbar, weshalb Lehrkräfte an Fachkonferenzen eines Faches teilnehmen sollen, in dem sie nicht (längerfristig) unterrichten.

§ 88 - Klassenkonferenzen

(3) 1Die Klassenkonferenz berät und beschließt nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 unter dem Vorsitz eines Mitgliedes der Schulleitung ohne die Sprecherinnen und Sprecher der Schülerinnen und Schüler. 2In diesen Fällen dürfen sich die stimmberechtigten Mitglieder der Klassenkonferenz ihrer Stimme nicht nur enthalten, wenn sie die betreffende Schülerin oder den betreffenden Schüler nicht unterrichten.
Begründung: Lehrkräfte, die einzelne Schülerinnen und Schüler einer Klasse nicht unterrichten (z.B. bei Kursbildung) sollen nicht zwangsweise in die Lage versetzt werden, bei diesen Entscheidungen mit abstimmen zu müssen.

§ 91 - Aufgaben der Schulkonferenz

(1) 1Die Schulkonferenz berät und entscheidet im Rahmen von § 7 Abs. 1 die wichtigen Angelegenheiten der Schule und vermittelt bei Meinungsverschiedenheiten. 2Die Schulkonferenz entscheidet insbesondere über
...
7. die grundsätzliche Verteilung der Mittel gem. § 7 Abs.4 , über deren Verwendung die Schule selbst entscheiden kann,
Begründung: Folgeänderung des Änderungsvorschlages § 7 Abs. 4

Teil 11 - Schulaufsicht, Schulberatung

Teil 11
Schulaufsicht, Schulberatung,
Staatliche Schulaufsicht und Unterstützungssysteme

Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften
Aufgaben der Schulbehörden

§ 129
Grundsätze der Schulaufsicht und Schulberatung
Grundsätze für die Arbeit der Schulbehörden

(1) Dem Land obliegt die Gesamtheit der staatlichen Aufgaben zur inhaltlichen, organisatorischen und planerischen Gestaltung der Schulen (Schulaufsicht). Beratung und Unterstützung der Schulen (Schulberatung) sind Aufgaben der Schulaufsicht.
(1) Die Aufgaben der Schulbehörden ergeben sich aus Art. 7 Abs. 1 des Grundgesetzes und dem Prozess der Erweiterung der Selbständigkeit der Einzelschule. Ziele der Tätigkeit der Schulbehörden sind die Garantie der Chancengleichheit und die Wahrung der Durchlässigkeit des Schulsystems sowie die Sicherung gleichrangiger Bildungsangebote und Standards im Land Brandenburg.

(2) Die Schulaufsicht sichert die landeseinheitlichen Grundlagen für die pädagogische und organisatorische Arbeit der Schulen. Sie dient der Pflege der pädagogischen Freiheit, der Übernahme neuer Erkenntnisse der Fach- und Erziehungswissenschaften, der Unterstützung der Schulträger, Schulleitungen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern sowie der Förderung des eigenverantwortlichen Interesses der kommunalen Selbstverwaltung an der schulischen Bildung.

(2) Aufsicht, Beratung des Systems Schule (Schulberatung) sowie Personalführung und -entwicklung sind die Hauptfelder der Tätigkeit der Schulbehörden. Sie sind als strukturelle Einheit zu betrachten und institutionell als Einheit zu gestalten.

(3) Die Schulberatung bereitet auf neue pädagogische Problemstellungen vor und fördert die pädagogische Selbstverantwortung der Lehrkräfte, insbesondere durch das Hinwirken auf eine verbindliche Verabredung von pädagogischen Zielen für die schulische Arbeit in einem Schulprogramm gemäß § 8 Abs. 4 oder darüber hinaus an anderen Schulen. Sie unterstützt die Schulleitung und die Gremien gemäß Teil 7, und sie leistet Hilfe für die Zusammenarbeit benachbarter Schulen. Die Schulen berichten regelmäßig gegenüber den staatlichen Schulämtern über die Verabredung von pädagogischen Zielen und über die Auswertung von Arbeitsergebnissen.

§ 130 Umfang der Schulaufsicht

(1) Die Schulaufsicht umfasst die

1.

Fachaufsicht über Unterricht und Erziehung an den Schulen,

2.

Dienstaufsicht über die Lehrkräfte sowie das sonstige pädagogische Personal an den Schulen,

3.

Rechtsaufsicht bei der Verwaltung und Unterhaltung der Schulen.

Im Sinne der gesamtstaatlichen Verantwortung berücksichtigt die Schulaufsicht in der Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeit gemäß Satz 1 Nr. 1 und 2 jeweils die Zweckmäßigkeit des Eingreifens.

(2) Die Schulaufsicht Im Rahmen ihrer schulaufsichtlichen Tätigkeit haben die Schulbehörden hat die Selbständigkeit der Schule zu achten. Sie kann können sich jederzeit über die Angelegenheiten der Schule informieren, Schulbesuche und Unterrichtsbesuche durchführen sowie gemäß § 75 Abs. 4 an der Tätigkeit schulischer Gremien teilnehmen. Beschlüsse der schulischen Gremien kann können sie beanstanden, wenn die Schulleiterin oder der Schulleiter der Verpflichtung gemäß § 71 Abs. 3 nicht nach-kommt. In die Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Lehrkräfte soll nur unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten der Schulleiterin oder des Schulleiters gemäß § 71 Abs. 2 eingegriffen werden.

(3) Die Rechtsaufsicht über die Schulträger bei der Verwaltung und Unterhaltung der Schulen erstreckt sich darauf, dass die Aufgaben des Schulträgers im Einklang mit dem geltenden Recht, insbesondere den Bestimmungen in den Teilen 8 und 9, erfüllt werden. Stellt die zuständige Schulbehörde fest, dass ein kommunaler Schulträger seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, erfolgt die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen gemäß den §§ 123 bis 127 der Gemeindeordnung durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde.

(4) Die Schulaufsicht erstreckt sich bei Schulen in freier Trägerschaft auf die Aufsicht über die Einhaltung der Bestimmungen in Teil 10.

§ 130 a
Schulberatung

(1) Die unteren Schulbehörden begleiten beratend den Schulentwicklungsprozess der in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Schule und stimulieren sie zur Nutzung der gemäß dieses Gesetzes ermöglichten pädagogischen, fachlichen und organisatorischen Gestaltungsspielräume (Schulberatung). Dabei achteten sie die Selbständigkeit der Schule. Sie werten die Erfahrungen des Schulentwicklungsprozesses aus und erstellen einen von der Öffentlichkeit zu würdigenden Bericht.

(2) Die Schulberatung bezieht sich insbesondere auf folgende Aufgaben:
Entwicklung und Sicherung der Qualität des Lehrens und Lernens in der Schule in Bezug auf Fächer, Lernbereiche und Rahmenlehrpläne, Entwicklung von Schlüsselqualifikationen bei den Schülerinnen und Schülern und Erarbeitung, Dokumentation und Evaluation der pädagogischen Ziele und Arbeitsschwerpunkte der Schule einschließlich der Stärkung der schulischen Eigenverantwortung bei der Gestaltung schulinterner Curricula und des Schullebens.

Weitere wichtige Bestandteile der Schulberatung sind kritisch-motivierende Rückmeldungen und das gemeinsame Aushandeln von Vereinbarungen im Hinblick auf qualitätssteigernde Maßnahmen.

(3) Die Schulberatung erfolgt unter Einbeziehung der Unterstützungssysteme sowie der Schulträger, der Eltern und weiteren externen Personen.

Abschnitt 3

Einrichtungen des Landes zur Weiterentwicklung der Schule

Unterstützungssysteme für die Schulentwicklung

§ 133
Schulpsychologische Beratung
...
(1) Die schulpsychologische Beratung umfasst insbesondere die präventive und die auf akute Probleme bezogene Beratung von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften, Eltern sowie von Schulen.

(2) Die schulpsychologische Beratung erfolgt durch Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. Diese sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der staatlichen Schulämter. Das für Schule zuständige Ministerium bestimmt die Organisation der schulpsycholo-gischen Beratung.
Begründung: Im Gesetz muss zwischen der Institution Schulaufsicht und der Aufgabe Schulaufsicht deutlich unterschieden werden. Dies war bisher nicht der Fall. Aus diesem Grunde wurde eine Neustrukturierung des Teils 11 vorgeschlagen. Neu vorgeschlagen wird ein zusätzlicher Paragraf, der die Aufgaben der Schulaufsicht im Bereich der Schulberatung näher beschrieben wird. Die Schulpsychologische Beratung wird durch den Vorschlag den Unterstützungssystemen für die Schulentwicklung zugeordnet, da sie nicht unmittelbar Teil der Schulaufsicht sind.

Anlage

Bereits im Vorfeld der parlamentarischen Diskussion des Regierungsentwurfs des 2. Änderungsgesetzes zum Brandenburgischen Schulgesetz wurde auf Grund der zurückgehenden Schülerzahlen über die Veränderung der Schulstruktur in der Sekundarstufe I diskutiert. Dabei ging es vor allem um die Einführung einer neuen Schulform, der Sekundarschule. Auf Grund der unterschiedlichen Auffassungen hat sich die Landesregierung entschieden, keine diesbezügliche Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes vorzunehmen.
Für die Diskussion im parlamentarischen Raum legt die GEW Brandenburg ihre Grundsatzpositionen zur Einführung der Sekundarschule im Land Brandenburg dieser Stellungnahme bei.

Grundsätzliche Positionen der GEW Brandenburg zur Einführung der Sekundarschule im Land Brandenburg als ersetzende Schulform für Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe und Realschulen

Die Schulstruktur in der Sekundarstufe I muss die Chancengleichheit aller Schülerinnen und Schüler im engeren Verflechtungsraum und im äußeren Entwicklungsraum in gleichem Maße wahren. Das bedeutet vor allem, dass jede Schülerin und jeder Schüler entsprechend ihren Leistungen und Fähigkeiten den höchstmöglichen Bildungsabschluss erreichen kann. Die Durchlässigkeit der Bildungsgänge und eine möglichst wohnortnahe Schule sind dabei zwei wesentliche Grundvoraussetzungen. An der zehnjährigen Schulpflicht wird weiterhin festgehalten.

Alle derzeitigen und künftigen Schulformen in der Sekundarstufe I basieren auf einem sechsjährigen gemeinsamen Lernen aller Kinder, das an einer wohnortnahen Grundschule angeboten wird. Insbesondere die Jahrgangsstufen 5 und 6 der Grundschule sind so zu gestalten, dass die Schülerinnen und Schüler gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Besuch der weiterführenden Schule erhalten.

Die GEW Brandenburg lehnt die flächendeckende Einführung der Sekundarschule als vierte Schulform in der Sekundarstufe I ab.
Die flächendeckende Einführung als ersetzende, integrative Schulform für alle Realschulen und alle Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe muss unter folgenden Prämissen erfolgen.

Eine Veränderung der Schulstruktur in der Sekundarstufe I aufgrund zurückgehender Schülerzahlen vorzunehmen, ist vor dem Jahr 2004 nicht zwingend erforderlich. Dies ist auch im Blick auf die Umsetzung der Bildungsoffensive und ihrer einzelnen Elemente zu berücksichtigen, da diese auf die konzeptionellen Überlegungen zur Sekundarschule Auswirkungen haben (z.B. Rahmenplanüber-arbeitung, Schnellläuferklassen, Veränderungen in der Jahrgangsstufen 5 und 6, Abschluss-prüfungen).
Die flächendeckende Einführung der Sekundarschule erfolgt durch eine Neuerrichtung der Schule und nicht durch eine Umwandlung von einer Realschule oder Gesamtschule ohne GOST in eine Sekundarschule. Dazu müssen die betroffenen Schulen vorher aufgelöst werden.
Es muss durch das MBJS geprüft und dargestellt werden, welche Auswirkungen die Abschneidung des Bildungsganges zum Erwerb der AHR in der Sekundarschule auf die Zusammensetzung der Schülerschaft (bezogen auf die Leistungsfähigkeit) an den Sekundarschulen haben und dass der Übergang von Schülerinnen und Schülern nach der Jahrgangsstufe 10 in die GOST bei entsprechenden Leistungen garantiert wird.
Unabhängig von der inneren Organisation der Sekundarschule (integrativ oder kooperativ) und anderen Formen der Differenzierung als der äußeren Fachleistungsdifferenzierung darf die VZE-Ausstattung nicht unter der bisherigen VZE-Ausstattung für die Gesamtschulen liegen. Dies ist vor der Einführung der Sekundarschule als ersetzende Schulform im Schulgesetz in verbindlicher Form durch die Landesregierung abzusichern.
Sekundarschulen müssen als Ganztagsschulen geführt werden können. Insbesondere an den derzeitig bestehenden Ganztagsschulstandorten, an denen Sekundarschulen errichtet werden, muss in Bezug auf die Ganztagsbetreuung Kontinuität gewährleistet werden. Ein Abschmelzen der Anzahl von Ganztagsschulen im Zusammenhang mit der Errichtung von Sekundarschulen wird von der GEW abgelehnt.

Neben der Ausbringung der statusrechtlichen Ämter für die Funktionsstellen einer Sekundarschule muss auch die Ausbringung der statusrechtlichen Ämter für die Lehrkräfte an Sekundarschulen im Brandenburgischen Besoldungsgesetz zeitgleich zur Verankerung der Sekundarschule im Schulgesetz erfolgen. Das Eingangsamt für Lehrkräfte an Sekundarschulen ist A13 bzw. BAT II a.

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Seite 48-51

Harald Petzold, Stellv. Landesvorsitzende der PDS Brandenburg:
Kritische Bewertung der Schulgesetznovelle der Landesregierung und Erarbei-tung von Strategien, die sich aus dem Beratungsverfahren der beiden Novellen (einschließlich des PDS-Entwurfs) ergeben

Das Brandenburgische Schulwesen steht vor großen Herausforderungen. Diese sind zum einen mit den unter den Begriffen "Wissensgesellschaft", oder "Informationsge-sellschaft" bzw. solchen Schlagworten wie "Jahrhundert der Bildung" verbunden. Künftighin werden sich beispielsweise Erwerbsbiografien dahingehend ändern, dass einmal erworbene Qualifikationen nicht mehr für eine lebenslange Erwerbstätigkeit ausreichen werden, um nur ein Beispiel zu nennen. Weitere Herausforderungen sind ein dramatisch zu bezeichnender Rückgang von SchülerInnenzahlen vor allem im äußeren Entwicklungsraum des Landes und die damit verbundene unsichere Situation für eine Reihe von Schulstandorten im berlinfernen ländlichen Raum.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes (im folgenden 2. Änderungsgesetz genannt) sollte eine Antwort auf die künftigen Herausforderungen darstellen. Er ist mit großem öffentlichkeitswirksamen Aufwand bereits im Vorfeld des parlamentarischen Verfahrens öffentlich diskutiert worden. Er hält die Vorfeldversprechungen nicht ein.

Es bietet für eine Reihe der innerhalb der öffentlichen Diskussion angesprochen Probleme, die es im Schulwesen des Landes zu lösen gilt, keine Lösung an. Die Bereiche, für die er Lösungen anbietet oder neue Verfahren gesetzlich verankert, sind z.T. abwegig angesichts der Lösungsvorschläge. Im folgenden will ich mich auf 4 ausgewählte Fragen konzentrieren:

Schulstandorte im ländlichen Raum:
 

Das 2. Änderungsgesetz gibt keine Antwort darauf, welche Vorstellungen die Landesregierung von der Umsetzung ihrer Wahlversprechungen "Erhalt eines wohnortnahen Netzes von Schulen" hat. Die im Referentenentwurf noch enthaltene Sekundarschule als eine mögliche Schulform im ländlichen Raum, die u.a. auf der Zusammenführung von Realschul- und Gesamtschulstandorten ohne Gymnasiale Oberstufe im dünnbesiedelten ländlichen Raum basiert, ist wieder gestrichen worden.

Eine Antwort auf die Frage "Schulstandorte im ländlichen Raum" muss aber gegeben werden. In zahlreichen Teilen des Landes sind die Gesamtschulen ohne Gymnasiale Oberstufe aufgrund der Schulpolitik des Landes (und z.T. auch aufgrund eigener Fehler) mit so einer geringen Akzeptanz "geschlagen", dass sie nur noch deshalb angewählt werden, weil sie tatsächlich der naheliegendste Schulstandort sind bzw. die dort lernenden SchülerInnen an die Schule zugewiesen wurden. Es scheint mir nicht übertrieben, wenn eingeschätzt wird, dass die Gesamtschule ohne Gymnasiale Oberstufe politisch als "verbrannt" gilt.

Damit sind ihre Standorte ohnehin bedroht. Dazu kommt, dass spätestens die nächsten Entscheidungen zur Schulentwicklungsplanung dazu führen wird, dass weitere Schulstandorte geschlossen oder zur Schließung anstehend beschlossen werden. Meine Empfehlung: Da die SPD - wenn man den jüngsten Pressemeldungen Glauben schenken darf - offensichtlich an dem Modell der Sekundarstufe festhält, sollte die PDS an dieser Stelle die Zerstrittenheit der Regierungsfraktionen über die künftige Schulformstruktur nutzen, um mit einem Schulmodell, wie es die Landesregierung mit dem Modell der ersetzenden Sekundarschule, die integrativ organisiert ist, die Idee von integriertem Unterricht und integrierter Schule zu "retten". Wir sollten uns gegenüber der SPD gesprächsbereit zeigen und in derartigen Gesprächen sondieren, ob unsere Vorstellungen, Schulformen flächendeckend etablieren zu können, die schulorganisatorisch ähnlich wie Gesamtschulen geführt werden (nämlich integrativ) und die alle Bildungsgänge, die nach Klasse 10 im Land Brandenburg vergeben werden (das sind mit der Erweiterten Berufsbildungsreife - EBR - , der Fachoberschulreife - FOR - und der Berechtigung zum Übergang in die Gymnasiale Oberstufe - FORQ - drei), anbieten.
Wenn die SPD tatsächlich in dieser Richtung etwas machen will, wird sie einen politischen Partner brauchen. Die CDU wird dieser Partner nicht sein, da sie auf jeden Fall die Realschulen erhalten will.

Rückgang der SchülerInnenzahlen
 

Das 2. Änderungsgesetz der Landesregierung gibt auch auf diese in den kommenden Jahren existenzielle Frage keine (zufriedenstellende) Antwort. Anstelle dass der Rückgang der SchülerInnenzahlen dafür genutzt würde, um innerhalb des Gesamtsystems Standards zurückzugeben, vor allem solche, die in den letzten Jahren aufgrund der Haushaltspolitik des Landes "genommen" worden sind, sollen jetzt erneut über 4.300 Lehrerstellen abgebaut werden. Im 2. Ändeungsgesetz vorgesehene Maßnahmen zur Verbesserung qualitativer Be-
dingungen innerhalb des Gesamtsystems sind die Einführung von Fremdsprachunterricht ab Klasse 3 (obwohl es dafür keine personellen Voraussetzungen gibt) und die Einführung der leistungsorientierten Binnendifferenzierung in der Grundschule ab Klasse 5. Obwohl sich diese Vorschläge z.T. mit Vorschlägen decken, die die PDS auch gemacht hat (z.B. die Einführung des frühzeitigen Fremdsprachunterrichts) muss gesagt werden, dass die Finanzierung der genannten Maßnahmen durch die Landesregierung bisher auf Kosten des Gesamtsystems erfolgt. Zusätzliche Mittel sind dafür nicht eingestellt worden, auch wenn die Landesregierung in öffentlichen Äußerungen immer wieder versucht hat, den Eindruck zu erzeugen, als gäbe es zusätzliche Gelder. Die in diesen Erklärungen genannten Zahlen werden durch die zu erbringenden Kürzungen im Rahmen der Globalen Minderausgabe mehr als nur wieder "ge-schluckt".

Ich empfehle unbedingt die Einarbeitung der Vorschläge der PDS zur Absenkung der Klassenfrequenzen im Rahmen der Änderungsanträge.

künftige Chancengleichheit

In dieser Frage weist der Gesetzentwurf aus meiner Sicht die größten Defizite auf, gemessen an den bildungspolitischen Forderungen der PDS. Auch wenn die Landesregierung es offensichtlich für angeraten schien, den Schulversuch "Leistungsprofilklassen" (oder auch öffentlich "Schnellläuferklassen" genannt) nicht bereits als eigenständigen Bildungsgang in den Gesetzentwurf hineinzuschreiben - in den Referentenentwürfen stand er drin - , ist die Möglichkeit seiner Durchführung durch den Vorschlag zur Änderung des § 8 (Schulversuche) abgesichert worden. Mit diesem Schulversuch wird erstmalig in der Geschichte des öffentlichen Schulwesens des Landes ein Schulversuch möglich, dessen Ergebnis nicht allen Kindern des Landes gleichermaßen zugute kommen wird und der eindeutig auf Selektion statt auf gemeinsame Förderung abzielt. Außerdem verstößt er nach meiner Auffassung gegen das Gebot des geltenden Schulgesetzes, dass es Aufgabe aller Schulen sei, alle Kinder und Jugendlichen zu fördern. Aus diesem Grund wird der Aspekt der Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen im Land erstmals öffentlich zur Disposition gestellt. Dazu kommen Vorstellungen innerhalb der SPD, aber auch innerhalb der Landesregierung, die bereits o.g. Sekundarschule nur als Schule für den ländlichen Raum vorzusehen, die nur die Abschlüsse EBR und FOR anbietet.

Würde eine solche Schule tatsächlich etabliert, wären SchülerInnen aus dem ländlichen Raum wohnortnah nicht mehr mit dem Bildungsgang "Übergang zur Gymnasialen Oberstufe" versorgt und wir hätten eine Brandenburgische Dorfschulform. Auch aus diesem Grunde empfehle ich die o.g. Gespräche mit der SPD. Es muss unbedingt verhindert werden, dass eine Sonderschulform für den ländlichen Raum kreiert wird, die die dortigen Kinder und Jugendlichen schon von ihrem strukturellen Ansatz her benachteiligt. Ansonsten empfehle ich ein weiteres enges Zusammenarbeiten mit GEW, GGG und Grundschulverband, um mit diesen Fachverbänden gemeinsam möglicherweise doch noch außerparlamentarische "Power" hinzubekommen, die den Einschnitt bei der Chancengleichheit verhindern kann.

Selbständigkeit von Schule und Demokratisierung des Schulwesens
 

Eines der großen Ziele, das die Landesregierung vorgeblich mit ihrem Gesetzentwurf anstrebte, war die Erhöhung der Selbständigkeit von Schule. Auch dieser Anspruch ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht erfüllt worden. Zwar sollen die Kompetenzen der/des Schulleiterin/Schulleiters erhöht werden - z.B. in Personal- und Dienstherrenangelegenhe-iten - , damit einher gehen aber keine äquivalenten Regelungen zur Erhöhung der Perso-nalvertretungskompetenz, etwa für die Lehrerräte, oder gar für erweiterte Mitwirkungs-möglichkeiten. Gleichzeitig wird Verantwortung stärker zentralisiert. Ansonsten haben die Regelungen, in denen die Schule als Einrichtung mehr Verantwortung erhalten soll, in erster Linie damit zu tun, dass die Mangelverwaltung an die einzelne Schule delegiert werden soll und die eigentlich dafür verantwortlichen Ebenen versuchen, die Verantwortung für ihr Versagen wegzudelegieren. In Sachen Demokratisierung der Schule werden keine weiteren Vorschläge gemacht, die zu einem tatsächlichen Mehr an Mitbestimmungsmöglichkeiten oder zu einer größeren Verbindlichkeit von Beschlüssen der Mitwirkungsgremien gegenüber ihren Träger- oder den Schulaufsichtsebenen im Konfliktfall führen würden.


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Seite 52-53

Gemeinsame Erklärung von ['solid], Jusos und Grüner Jugend

Wenke Christoph, [´solid]
Katrin Molkentin, Jungsozialisten
Christian Goetjes, Grüne Jugend

Substanz statt Populismus Brandenburg hat eine wahre Bildungsoffensive bitter nötig

Anlässlich der Novellierung des Brandenburgischen Schulgesetzes erklären die Jugendverbände der PDS, der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Der Versuch der großen Koalition, mit der anstehenden Novellierung des Schulgesetzes Qualitätsverbesserungen in der Schulausbildung von Jugendlichen zu erreichen, muss als gescheitert betrachtet werden.

Leider sind hiervon auch so richtige und wichtige Vorhaben der SPD betroffen, wie z.B. die Einführung der 1. Fremdsprache schon in der Jahrgangsstufe 3 und die dringend nötige Verbesserung der Ausstattung der Schulen mit Computerhard- und -software.

Gescheitert sind diese Vorhaben vor allem auf Grund der chronischen Unterfinanzierung des staatlichen Bildungssystems in Brandenburg. Qualitätsverbesserungen sind nicht zum Nulltarif zu haben; das hätte auch der regierenden Koalition klar sein müssen.
Statt nun das Geld, das nötig wäre um die selbst gesteckten Ziele umzusetzen, auch bereit zu stellen, ergeht sich das Kabinett in Taschenspielertricks und populistischem Aktionismus. Doch selbst das vorhandene Geld. das ohnehin schon kaum reicht um den Status quo zu sichern, wird unnötig verprasst. So kosten die sogenannten "Schnellläuferklassen" pro Jahr rund 12 Millionen DM. Bildungsminister Reiche rühmt sich nun damit, diesen Betrag zusätzlich vom Kabinett errungen zu haben. Das ist aber allenfalls die halbe Wahrheit. Was Steffen Reiche verschweigt, ist die Tatsache, dass er gleichzeitig aus dem laufenden Bildungsetat 15 Millionen DM zur Haushaltskonsolidierung des Landes einsparen muss.
Die Einführung der Schnellläuferklassen erfolgt also faktisch zu Lasten des normalen Schulbetriebs. Es handelt sich um eine gigantische Umverteilung von der einen Hosentasche in die andere. Unterm Strich steht mit 3 Millionen DM sogar noch ein dickes Minus.

Die Konsequenzen sind absehbar: einen Fremdsprachenunterricht in der 3. Klasse wird es höchstens vereinzelt geben, da viele Fachlehrerinnen und -lehrer die schiechten Arbeitsbedingungen in Brandenburg satt haben und in anderen Bundesländern weitaus attraktivere, besser bezahlte Stellen annehmen. Ganz abgesehen davon stehen die Aus- und Weiterbildungskapazitäten in Brandenburg nicht bereit, um die hiesige Lehrerschaft erst einmal für die Unterrichtung einer Fremdsprache in der 3. Jahrgangsstufe zu qualifizieren.
Die schlechte Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer in Brandenburg hat aber noch viel weitreichendere Folgen von den jährlich zur Verfügung stehenden 400 Referendariatsstellen, konnten in diesem Jahr nicht einmal ein Viertel besetzt werden. Junge LehramtsanwärterInnen gehen - wer kann es ihnen verdenken? - auch lieber nach Ber-lin, wo 100% Westgehalt, Vollzeitverbeamtung und andere, bessere Arbeitsbedingungen locken.

Dadurch droht dem brandenburgischen Schulwesen in den nächsten 10 Jahren eine weitere Überalterung der Lehrerschaft, die schon jetzt mit durchschnittlich 45-48 Jahren eine ungünstige Mischung aufweist.

Statt nun wenigstens die sinkenden Schülerzahlen zu nutzen um Qualitätsverbesserungen z.B. über die Absenkung der Klassenfrequenzen zu erreichen und damit auch Schulstandorte im ländlichen Raum zu sichern und Unterrichtsausfall zu minimieren, setzt die Koalition auf - im wahrsten Sinne des Wortes - billigen Populismus. So sollen die Eltern durch pädagogisch fragwürdige Quasi Kopfnoten und zentrale Abschlussprüfungen zufriedengestellt werden. Eine Verbesserung der Qualität von Schule bringt das freilich nicht mit sich. Im Gegenteil: Mit der Änderung des Schulgesetzes soll nun auch gesetzlich festgeschrieben werden, dass bei Schülerinnen und Schülern de facto folgendes bewertet wird: Sorgfalt, Mitarbeit, Leistungs- und Hilfsbereitschaft, Kooperationsfähigkeit. Oder auf den Punkt gebracht: Zwang zu Wohlverhalten, Erzeugung von Duckmäusertum und Dressur.
Eine moderne Bildungspolitik sollte Schülerinnen statt dessen mehr Mündigkeit und Selbstverantwor-tung vermitteln. Zudem sind die Kopfnoten leider ein probates Selek-tionsmittel für Betriebe: für Schülerinnen und Schüler mit einem negativen Vermerk wird die Suche nach einem Ausbildungsplatz um ein Vielfaches schwerer.

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Seite 53-57

Der SPD-Landesverband Brandenburg hat im Vorfeld seiner am 9. Juni 2001 stattfindenden Bildungs- und erziehungspolitischen Konferenz "Demokratie braucht Erziehung", zwei Thesenpapiere veröffentlicht, auf deren Wiedergabe an dieser Stelle nicht verzichtet werden soll:

Demokratie braucht Erziehung
1. Erziehung verlangt in der modernen Gesellschaft eine besondere Anstrengung. In der pluralen demokratischen Gesellschaft müssen die Erwachsenen die Kinder und Jugendlichen von Werten und Regeln überzeugen. Nach der Wende brachen in Ostdeutschland vertraute Umgebungen zusammen, biographische Umbrüche führten zu Verunsicherung und Orientierungslosigkeit. In Westdeutschland war der Einfluss von Großorganisationen und von traditionellen Bräuchen schon lange im Schwinden. Fa-miliäre Strukturen werden unsteter und vielfältiger. Flexible Erfordernisse der modernen Wirtschaft erschweren verlässliche Bindungen. Der Erziehungsanteil der Familie sinkt, der Einfluss von Medien und von Gruppen gleichaltriger steigt.
2. Schule hat Verantwortung für Erziehung und Bildung. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Die Schule ist der wichtigste Partner der Eltern, die für die Erziehung originäre Verantwortung tragen. Bildung ohne Erziehung ist genau so wenig denkbar wie Wissen ohne Werte. Eine lebenswerte Gesellschaft ist auf beides gegründet und von beiden abhängig.
3. Wir brauchen in einer globalen Gesellschaft einen Bildungskanon, weil nicht jeder alles wissen kann, aber das notwendige wissen sollte. Wir brauchen in einer globalen Gesellschaft einen Wertekanon, weil nicht jeder alles tun darf, aber das notwendige tun sollte.
4. Kindertagesstätten und Ganztagsschulen kommt eine wachsende Bedeutung zu. Auch Kindertagesstätten haben einen Erziehungs- und Bildungsauftrag. Das schulische Ganztagsangebot sollte zumindest die Nachfrage decken. Ganztagsbetreuung schafft Raum für Erziehung im Lebensraum Schule. Wir brauchen ein Netzwerk Erziehung, das zur Unterstützung der Eltern u.a. aus den ErzieherInnen in den Kitas, Lehrern, Kinderärzten, Sozialpädagogen und Polizisten besteht.
5. Wir wollen ein flexibles und vielfältiges schulisches Angebot. Die flexible Eingangsphase berücksichtigt Erziehungs- und Bildungsvoraussetzungen. Selbstständige Schulen mit eigenem Profil schaffen ein Angebot für die unterschiedlichen Begabungen und Neigungen von Schülern. Schulprogramme enthalten sowohl Erziehungsideen als auch Unterrichtsziele. Wir wollen Schüler weder unter- noch überfordern und eine Spaltung in Verlierer und Gewinner verhindern.
6. Kernkompetenzen in der modernen Gesellschaft sind neben "alten Verhaltenstugenden" wie Fleiß, Pünktlichkeit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft vor allem Kreativität, Managementfähigkeiten, Teamfähigkeit, Handlungsfähigkeit, Selbstständigkeit, Sprachenkompetenz, Erkundungs- und Lernkompetenz und Medienkompetenz. Wir wollen aber auch Bewegungsfähigkeit, das Musische und Emotionale fördern. Wir wollen interkulturelles Lernen, Weltoffenheit und Toleranz durch Auslandsaufenthalte und Schulpartnerschaften stärken. Zu einer Erziehung zu gewaltfreien Konfliktlösun-gen gehören "Täter-Opfer-Ausgleich", Ausbildung zu Streitschlichtern, Konfrontation eigener Handlungen durch Rollenspiele Täter -Opfer - Zuschauer, Verträge mit schwierigen Schülern und von Schülern entwickelte Spielregeln. Wir wollen ab kommendem Schuljahr in den Rahmenlehrplänen verbindliche Bestandteile im Themenfeld "Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit" verankern.
7. Wir wollen die Kinder an der Schule zu Bürgern in der Demokratie erziehen. Jugendliche von der Demokratie zu überzeugen ist Aufgabe der gesamten Gesellschaft und insb. der Politiker, durch überzeugendes Reden und Handeln. Lernziele sind das Bilden und Vertreten einer eigenen Meinung, die Achtung der Überzeugung anderer, die friedliche Konfliktaustragung, die Anerkennung von Mehrheitsentscheidungen, das öffentliche Engagement in der aktiven Bürgergesellschaft. Politische Bildung erfolgt vor allem durch Lernen an der demokratischen Wirklichkeit.
8. Demokratie lebt davon, dass Menschen in Freiheit ihr Leben so leben, dass andere die gleiche Freiheit haben. Wir brauchen für unser Denken und Handeln solche Maßstäbe, die gelernt werden und an denen man sich orientiert. Die Anerkennung der Würde des Menschen ist der Kern unseres Wertekanons. Wertvorstellungen und Wertentscheidungen sind Bestandteil jeden Unterrichts. Wir brauchen aber ein Unterrichtsfach über die Grundbedingungen von Wertorientierungen, über den Sinn des Lebens, über Leben und Tod, Gut und Böse, Freiheit und Verantwortung, Rechte und Pflichten, an dem alle Schüler teilnehmen. In Brandenburg ist das das Fach LER.
9. Veränderung von Schule und von Erziehung ist an Personen gebunden. Wir brauchen ein neues Lehrer-Leitbild mit Konsequenzen auch für die Lehrer-Bildung. Die Persönlichkeit des Lehrers, die Elternarbeit und pädagogische Zuwendung sowie ehrenamtliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bekommen einen höheren Stellenwert. Denn gelernt wird vor allem durch Erfahren, Erleben, Vorleben und Vorbild. Die Gesellschaft muss durch Achtung und Anerkennung die Lehrer bei ihrer schwierigen Aufgabe stärker unterstützen.

Der Ansatz der Konferenz
Schule hat einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Der Erziehungsauftrag hat in den 90er Jahren in der öffentlichen Diskussion eine nachgeordnete Rolle gespielt. Im Zu-sammenhang mit der Bildungsoffensive der Landesregierung hat sich die öffentliche Wahrnehmung bislang auf die Strukturfragen konzentriert. Die SPD will mit dieser Konferenz die Diskussion über Erziehungs- und Bildungsziele beginnen. Dabei sind wir uns bewusst, dass die moderne Gesellschaft mit ihren personalen Anforderungen an Flexibilität, den schwindenden Milieus und vielfältigen Einflüssen besondere Ansprüche an die Erziehung von Kindern und Jugendlichen stellt.

1. Schule als Familienersatz - Stehlen sich Eltern aus ihrer Verantwortung?
Der Anteil von Familien, in denen Kinder nur unzureichend Zuwendung und Geborgenheit erfahren, in denen sie emotional und intellektuell in zu geringem Maße gefördert werden ist beträchtlich. Die Vermittlung klarer ethischer Maßstäbe findet oft nicht statt. In Zeiten raschen sozialen Wandels nimmt dies noch zu. Der Ruf nach der Schule, solche Mängel zu kompensieren, verkennt, dass sie dazu nur in Grenzen in der Lage ist. Schulen können ihrem Erziehungsauftrag nur in dem Maße gerecht werden, indem sie positive Erziehungsimpulse aus dem Elternhaus aufnehmen und in enger Zu-sammenarbeit mit den Eltern fortentwickeln. Für diese gemeinsame Aufgabe müssen Schulen sich öffnen und vor allem Eltern verstärkt zum gemeinsamen Erziehungsengagement anregen.

2. Medienerziehung - Lernen die Lehrer mehr von den Schülern als umgekehrt?
Kinder und Jugendliche wachsen heute zunehmend mit den (Neuen) Medien auf. Dies gibt ihnen einen natürlichen Vorsprung gegenüber den meisten Erwachsenen - darunter vielen Lehrerinnen und Lehrern - im vertrauten Umgang mit den EDV-Medien. Es besteht die Gefahr eines Auseinanderklaffens zweier Informationswelten, einer überwiegend elektronisch vermittelten und einer an herkömmlichen Vermittlungsformen orientierten. Aus dieser Situation erwächst zugleich eine Chance: In neuem Rollenverständnis müssen Lehrerinnen und Lehrer die Fertigkeiten und die Fähigkeiten entwickeln, sich dem jugendlichen Medien- und Informationsverhalten zu öffnen, um ge-meinsam die grundlegende Aufgabe der Informationsgesellschaft anzugehen, nämlich aus einem anschwellenden Meer von Informationen Wesen und Sinn zu gewinnen.

3. Demokratische Schule - Kann es die geben?
- 2 -Schulen stehen unter dem Auftrag, Demokratie förderliche Kenntnisse, Einstellungen und Verhaltensweisen nachdrücklich zu vermitteln. Die notwendigen Kenntnisse sind Gegenstand des Unterrichts, insbesondere in Politischer Bildung. Das Miteinander von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften in der Schule ermöglicht die Einübung demokratischer Verhaltensweisen. Das Brandenburgische Schulgesetz sieht dazu für die Gestaltung des Schullebens umfassende Mitwirkungsrechte vor. Funktionsbezogene, biographische und rechtliche Unterschiede schaffen jedoch ein natürliches Gefälle zwischen den Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Lehrern einerseits und Schülern andererseits. Insofern steht Unterricht in einem Spannungsfeld, das sinnvoll ausbalanciert werden kann, wenn institutionelle Bedingungen und Leistungsanforderungen transparent sind, partnerschaftliches Zusammenwirken angestrebt und praktiziert wird und wo Verantwortlich-keiten bei Schülern und Lehrern eingefordert werden.

4. Lehrer in der modernen Gesellschaft - Welches Leitbild brauchen die Lehrkräfte und die Lehrerkollegien?
Die von Lehrerinnen und Lehrern geforderte Berufskompetenz erstreckt sich auf die Planung, die Organisation, die Gestaltung und die Reflexion von Lehr-Lern-Prozessen ihrer Schülerinnen und Schüler. Im Einzelnen geht es dabei um das fachgerechte und zugleich didaktisch angemessene Unterrichten, um die erzieherische Einwirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler, um das Beurteilen von Lernbedingungen und Lernerfolgen und schließlich um die kooperative Weiterentwicklung des Lernorts Schule. Um diesem erweiterten Kompetenzspektrum zu genügen, bedarf es grundlegender Reformen in der Lehrerausbildung. Zum anderen und gleichgewichtig bedarf es aber auch einer viel stärkeren und vertrauensvolleren Teambildung innerhalb der Lehrerkollegien, als dies weithin Praxis ist. Wie in allen anderen hochqualifizierten Berufen auch muss die anspruchsvolle, bedarfsgerechte und qualifizierte Fort- und Weiterbildung für Lehrkräfte ein selbstverständliches, das gesamte Berufsleben begleitendes Element sein.

5. Gewalt an der Schule - Schule als Friedensstifter?
Nach dem Urteil aller sachkundigen Beobachter nimmt - jedenfalls in einem kürzeren Zeithorizont -die Gewaltbereitschaft unter Kindern und Jugendlichen zu. So wenig Schulen auf die vielfältigen Ursachen dieses Übels einwirken können, so sehr sind sie in der Pflicht, dass, was sie zur - 3 -Abmilderung tun können, auch zu unternehmen. Dazu verfügen sie über Sanktionsinstrumente, die im Zusammenwirken mit Eltern und anderen außerschulischen Partnern bis hin zur Polizei konsequent eingesetzt werden müssen. Es ist notwendig, dass Schulleitungen, Lehrerkollegien und einzelne Lehrerinnen und Lehrer bereits auf kleinere Regelverletzungen sensibel und eindeutig reagieren. Dazu gehört die Erziehung zur gewaltfreien Konfliktlösung.

6. Die Leitung einer Schule - Moderne ManagerIn oder ErziehungswächterIn?
Schulen haben zunehmend den Charakter mittelständischer Betriebe unter besonders schwierigen Bedingungen. Dies stellt an das Leitungspersonal spezifische Kompetenzanforderungen, die ohne eine eigene fundierte Qualifikation nur von sehr wenigen "Naturtalenten" erfüllt werden können. Die bisherige Rekrutierung, fast ausschließlich auf der Grundlage erfolgreicher und engagierter Lehrtätigkeit, ist nicht ausreichend. Notwendig ist eine den Aufgaben von Schulleitung angemessene Weiterbildung, die neben dem Wissen um und den Fähigkeiten zur Schulentwicklung vor allem die Her-ausbildung von Managementfähigkeiten zum Gegenstand hat.

7. Schule braucht Partner - Mit wem vernetzt sich die Schule?
Moderne Schulen bewegen sich mehr denn je in einem komplexen Netz von potentiellen Partnern, die weit über den Kreis der Betroffenen im engeren Sinne hinaus gehen. Hierzu zählen vor allem Kitas, weiterführende Schulen und Hochschulen, Einrichtungen der Jugendhilfe, Wirtschaft, Medien, Krisenhelfer und nicht zuletzt Förderer. Verstehen sich Schulen aus wohlverstandenem Eigeninteresse als kulturelle und soziale Kristallisationspunkte, kommen weitere Interessenkreise hinzu. Eine Öffnung für all diese Belange und eine aktive Gestaltung der daraus erwachsenen Kooperationsmöglichkeiten stärkt das Ansehen von Schulen, erleichtert die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags und kann manche sächliche und finanzielle Ressource öffnen.

8. Werte-Pluralismus und Sozialnormen - Welche Rolle spielen heute Sekundärtugenden?
Ein beträchtlicher Teil von beklagten Orientierungsschwierigkeiten beruht auf einem verbreiteten Missverständnis. Wertepluralismus hat nichts mit Beliebigkeit oder gar Abstinenz zu tun. Vielmehr beruht der Anspruch auf Gewisns-, Religions- und Anseschauungsfreiheit ebenso wie alle anderen Freiheitsrechte auf der Einhaltung und Entwicklung unveräußerlicher Werte, wie sie in der Erklärung der Menschenrechte und in den Grundrechten unserer Verfassung formuliert sind. Erst auf dieser Grundlage, die durch das staatliche Gewaltmonopol zu sichern ist, können Individuen und Gruppen ihre legitimen Freiheitsansprüche realisieren. In der Vermittlung und Einübung der Grundrechte einerseits und im Angebot unterschiedlicher Wertorientierungen auf dieser Grundlage andererseits spielt schulische Bildung und Erziehung eine herausragende Rolle. Insbesondere hat sie das aktive Engagement gegen Verletzungen und Einschränkungen von Grundrechten zu unterstützen. Schule muss die sogenannten Primärtugenden wie Solidarität, Toleranz und Gerechtigkeit und die Sekundärtugenden wie Zuverlässigkeit, Fleiß und Mut in das Zentrum ihrer Vermittlungen stellen. Primärtugenden bedürfen der Sekundärtugenden, wollen sie nicht in wirkungslosen Appellen verharren.

9. Weltoffene Schule - Durch Auslandsaufenthalte zu internationalem Denken?
Die wichtigsten Ziele des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule sind Toleranz, Solidarität und Wahrung der Würde und Freiheit aller Menschen. Eine weltoffene Schule setzt voraus, dass diese pädagogischen Ziele als Orientierungspunkte für alle am Schulleben Beteiligten verabredet werden und Bestandteil von Unterricht in allen Jahrgangsstufen sind. Eine weltoffenen Schule setzt sich mit anderen Kulturen und Lebensformen auseinander, gibt Partnerschaften und Austausch mit Schulen im Ausland einen hohen Stellenwert und ermuntert ihre Schülerinnen und Schüler zu Auslandsaufenthalten. Die Schulen sind verpflichtet, gegen Vorfälle mit rechtsextremen und fremdenfeindlichen Hintergrund auch mit den gebotenen ordnungsrechtlichen Maßnahmen vorzugehen.

10. Engagement, Ausstattung und Öffnung - Wie schaffen wir ein positives Schulklima?
Damit Schulen ihren Aufgaben gerecht werden können, bedürfen sie eines positiven Lern- und Sozialklimas. Es wird durch eine gemeinsame Zielfindung in partnerschaftlicher Atmosphäre ebenso geprägt wie durch einladende Räumlichkeiten und eine lernanregende Ausstattung. Schulen als für ihr Umfeld offene Häuser des Lernens bieten zudem Möglichkeiten zur sinnvollen Freizeitgestaltung und zu anderen außerschulischen Aktivitäten an. Schulträger, Schulleitungen und Lehrerkollegien müssen angeregt und unterstützt werden, auch unter schwierigen finanziellen Bedingungen das jeweils Machbare auch anzugehen. Oft fehlt es nur an der nötigen Sensibilität und Phantasie, auch ohne zusätzlichen Mitteleinsatz vermeidbare Mängel abzustellen und in gemeinsamem Engagement das Schulklima zu verbessern.

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Seite 58-65

Hier eine Auswahl von Presseerklärungen des PDS-Landesvorstandes zur Schul- und Bildungspolitik

25. Juli 2000
Presseerklärung
"Schulen ans Buch"

Potsdam: Zur heutigen Forderung des Bildungsministers Steffen Reiche erklärt der stellvertretende PDS-Landesvorsitzende Harald Petzold:
Es ist zu begrüßen, dass Bildungsminister Steffen Reiche und die Deutsche Telekom alle Schulen "ans Netz" bringen wollen. Damit wird für viele Schulen ein wichtiges Fenster in die Welt geöffnet.

Gleichzeitig sollte sich Steffen Reiche über eines im Klaren sein: "Schulen ans Netz" allein bringt keine qualitativen Verbesserungen für das brandenburgische Bildungswesen. Im Gegenteil: Wenn dieses Projekt nicht von einer radikalen Verbesserung vor allem der materiellen Ausstattung der Schulen begleitet wird, dann wird es im Sande verlaufen, wie die gesamte Brandenburger Schulreform. Für die Mehrzahl der Schulen sind die Ausstattung mit Lern- und Lehrmitteln, Ausstattungsgegenständen und audiovisuellen Medien nicht weniger wichtig, wenn nicht sogar viel wichtiger, als die Ausstattung mit einem Internet-Anschluss. Also: "Schulen ans Netz" muss u.a. begleitet werden von "Schulen ans Buch". Die PDS fordert die Landesregierung auf, ihrer Verantwortung zur besseren materiellen Ausstattung der Schulen gerecht zu werden und die kommunalen Schulträger besser zu finanzieren.
i.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit


Presseerklärung

Zur Ankündigung von Bildungsminister Steffen Reiche, zum kommenden Schuljahr mit einem "Aktionsprogramm gegen Rechts" zu starten, erklärt der stellvertretende PDS-Landesvorsitzende Harald Petzold:

PDS unterstützt Bildungs-Aktionen gegen Rechts

Bildungsminister Steffen Reiche hat ein landesweites Aktionsprogramm für die Schulen gegen Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt angekündigt, das zum neuen Schuljahr starten soll. Die PDS wird dieses Vorhaben unterstützen. Es gehört seit langem zu den politischen Zielen der PDS, dass insbesondere an den Schulen Engagement und Zivilcourage für Demokratie, Weltoffenheit und einen solidarischen Umgang der Menschen untereinander besonders gefördert werden. Die dafür im Landesschulgesetz enthaltenen Ziele von Bildung und Erziehung bieten dafür eine gute Basis.

Darüber hinaus fordert die PDS den Minister auf, sich bei dem geplanten Aktionsprogramm nicht nur von kurzfristigen Zielen leiten zu lassen. So sind in den letzten Jahren gerade im Bildungs- und Jugendbereich Strukturen gewachsen, auf die er sich stützen kann, die aber durch das neue Haushaltsgesetz einer ungewissen Zukunft entgegen sehen müssen. So bestehen landesweit Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen, die gerade an Schulen zahlreiche erfolgreiche Projekte zum Abbau von Berührungsängsten gegenüber ausländischen MitbürgerInnen oder fremden Kulturen durchgeführt haben, deren Weiterarbeit aber nun gefährdet ist. Sie wären ein wichtiger Faktor innerhalb eines Maßnahmepakets, wie es der Minister scheinbar plant. Darüber hinaus sollten Maßnahmen zur Stärkung von Lehrkräften im Umgang mit rechtsradikalen SchülerInnen ein besonderer Schwerpunkt der Lehrkräftefortbildung, aber auch der Lehrerausbildung werden. Schließlich sollten alle Jugendprojekte, die ursprünglich mit dem Ziel akzeptierender Jugendarbeit gestartet wurden, landesweit evaluiert werden. Im Ergebnis dessen müssen solche Jugendprojekte, die inzwischen zu Standorten rechter Jugendarbeit geworden sind, sofort stillgelegt werden.
Potsdam, den 13.08.2000
f.d.R.d.A. Harald Petzold


4. September 2000
Presseerklärung

Allen einen guten Start

PDS setzt in der Bildungspolitik weiter auf Chancengleichheit und Integration Öffentliche Bildungswerkstatt für den 2. Dezember beschlossen

Potsdam: Im Ergebnis der Landesvorstandssitzung vom 01.09.2000 und aus Anlass des Beginns des neuen Schuljahres erklärt der stellvertretende PDS-Landesvorsitzende Harald Petzold:

Zum heute beginnenden neuen Schuljahr wünsche ich im Namen der Brandenburger PDS allen Schülerinnen und Schülern sowie ihren Lehrkräften einen guten Start sowie Spaß und gute Ergebnisse beim Lernen und Lehren. Auch wenn die Landesregierung bisher ihre Versprechen von einer Bildungsoffensive nicht eingehalten hat, nicht bereit ist, bessere Rahmenbedingungen (z.B. kleinere Klassen, Förder- und Teilungsunterricht usw.) zu setzen und sich statt dessen eher in konzeptionslosen Aktionismus flüchtet, sollten wir uns alle die Lust an Schule nicht nehmen lassen und dieser Art Bildungspolitik Alternativen entgegensetzen.

Der PDS-Landesvorstand hat am 01.09.2000 die Durchführung einer Bildungs-Werkstatt beschlossen. Sie wird am 2. Dezember 2000 stattfinden. Dort sollen Thesen zur Bildungspolitik, gesetzliche Vorstellungen der PDS zur Änderung des Landesschulgesetzes sowie die persönlichen Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Sachen Schule diskutiert und zu einem politischen Angebot zusammengefasst werden.

Die PDS will damit zeigen, dass sie auch in Zukunft mit ihren bildungspolitischen Vorschlägen auf Chancengleichheit und Integration, auf gleichwertige Lern- und Lebensbedingungen sowie Zukunftschancen für alle Kinder und setzt. Wir sind uns bewusst darüber, dass viele unserer Vorschläge derzeit nicht opportun zu sein scheinen - vor allem aufgrund der verfehlten Bildungspolitik von SPD und CDU. Angesichts

von übervollen Klassen,
hohen Ausfallraten,
schlechter Schulausstattung,
Gewalt an Schulen,
nicht ausreichenden Fördermöglichkeiten für jede Schülerin und jeden Schüler
und drohenden Schulschließungen,

sowie aus Ratlosigkeit gegenüber einer erbarmungslosen Politik der Haushaltskürzungen, die eine tatsächliche Bildungspolitik unmöglich macht, entsteht der Eindruck, dass sich das Engagement von Eltern nur noch für kurzfristig realisierbare Ziele lohne, das wenigstens den eigenen Kindern nütze. Davon wird sich die PDS jedoch nicht entmutigen lassen, auch weiterhin politisch u.a. für eine Herabsetzung der Klassengrössen, für einen Erhalt möglichst aller Schulstandorte - insbesondere der Gesamtschulen -, für eine bessere finanzielle Ausstattung der Schulträger und der Schulen sowie für mehr Demokratie im Bildungsbereich einzutreten. Dies sind aus unserer Sicht erfolgreichere Schritte zu einer demokratisch stabilen und zukunftsfähigen Gesellschaft - und damit auch gegen Rechts -, als der konzeptionslose Aktionismus der Landesregierung.
i.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit


6. September 2000
Presseerklärung

Bildungsoffensive ist mit Stellenabbau nicht zu vereinbaren

Potsdam: Anlässlich der jüngsten Vorschläge der Regierungskommission zur Optimierung der Verwaltung erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende der PDS Brandenburg Harald Petzold:

Die PDS Brandenburg lehnt die jüngsten Vorschläge der Regierungskommission zur Verwaltungsoptimierung, die im Schulbereich Einsparungen von 4800 Stellen vorsehen, entschieden ab. Mit diesen Ideen kann eine Bildungsoffensive im Land Brandenburg nicht verwirklicht werden.
Vielmehr sollte der Rückgang der Schülerzahlen als Chance begriffen werden, die Klassen zu verkleinern, endlich den viel beklagten Unterrichtsausfall zu stoppen, Förderunterricht zu gewährleisten und außerschulische Angebote und Arbeitsgemeinschaften zu finanzieren.
i.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit


Presseerklärung
Bildung mal wieder nur für Reiche Potsdam,

27. November 2000: Anlässlich des Vorschlags des Brandenburger Bildungsministers Steffen Reiche, mit einem Bildungssparmodell mehr Schülern einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen, erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende der PDS Brandenburg, Harald Petzold:

Der neue Vorschlag von Bildungsminister Steffen Reiche ist typisch für die aktuelle Bildungspolitik der Landesregierung: wieder einmal sollen Besserverdienende, sowie die Leistungseliten begünstigt werden. Gleichzeitig folgt der sozialdemokratische Minister der aktuellen neoliberalen Marktlogik: Jeder ist seines eigenes Glückes Schmied, der Staat zieht sich aus seiner Verantwortung für die Bildung der Jugend zurück.

Die PDS lehnt den Bildungssparvorschlag von Minister Reiche ab, wir fordern, eine Erhöhung des Anteils der Bildungsausgaben am Landeshaushalt, um alle Kinder entsprechend ihrer Fähigkeiten Interessen und Begabungen fördern zu können. Der gleichberechtigte Zugang zu Bildung und Wissen ist heute mehr denn je Grundvoraussetzung für Die Herstellung sozialer Gerechtigkeit in der Gesellschaft.

f.d.R.d.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit


Presseerklärung
Schönbohm wirft den Schulen Versagen im Kampf gegen Rechts vor

Potsdam, 30. November 2000: Anlässlich der jüngsten Äußerungen des brandenburgischen Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) zum Schulfach "Lebensgestaltung, Ethik und Religion" erklärt die Landesvorsitzende der PDS Brandenburg, Anita Tack:

Herr Schönbohm stellt seine Kritik am Schulfach "Lebensgestaltung, Ethik und Religionskunde" in einen kausalen Zusammenhang mit rechtsextremistischen Gewalttaten im Land Brandenburg und wirft den Schulen Versagen beim Vermitteln traditioneller Werte vor. (siehe Berliner Zeitung vom 30.November 2000).

Die PDS wendet sich in aller Schärfe gegen diese unqualifizierte Aussage. Der Innenminister erweckt damit den Eindruck, das Fach LER vermittle lediglich beliebige Standpunkte und würde den Nährboden für rechte Gewalttaten bieten. Offensichtlich hat Herr Schönbohm die Zusammenhänge von rechtsextremistischen Denken, daraus folgenden Straftaten und nicht oder falsch vermittelten Bildungsinhalten noch nicht recht begriffen.

Um diese Bildungslücke beim Innenminister auszubessern, lädt die PDS den Innenminister zu der von ihr am kommenden Sonnabend veranstalteten Bildungskonferenz nach Frankfurt/Oder ein. Die PDS hält weiterhin an ihrer Grundposition zum LER-Unterricht fest. Das Fach sichert die Vermittlung verschiedener Religionsrichtungen und alternativer Lebensansichten und ethischer und kultureller Ansprüche. Wer darüber hinaus einen klassischen Religionsunterricht nutzen will, kann alle Möglichkeiten, die die Kirchen bieten ausschöpfen.

Herr Schönbohm äußert sich zu einer Sache, die ihn als Innenminister wohl nichts angeht, Er lenkt damit von seiner Asylpolitik ab, die als eigentliche Ursache für rechtsextremistisches Gedankengut anzusehen ist. Die persönliche Meinung des Innenministers sollte er auf seinen Privataltar legen und nicht die Auseinandersetzung mit der SPD in der sowieso instabilen Regierungskoalition mit persönlichen Meinungen führen.
f.d.R.d.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

 

Presseerklärung
CDU auf dem Weg in bildungspolitisches Mittelalter

Potsdam, 4. Dezember 2000: Zu den bildungspolitischen Ergebnissen der Klausurtagung des CDU-Landesvorstandes erklärt der stellvertretende PDS-Landesvorsitzende Harald Petzold:

Seit die CDU in Brandenburg an der Regierung ist, beweist sie ein um das andere Mal, dass sie keine zukunftsfähigen Vorschläge und Konzepte für Brandenburg hat. Im Jahre 10 des Landes Brandenburg die Wiedereinführung von Haupt- und Realschulen zu fordern zeugt davon, dass weder Herr Schönbohm noch sein Landesvorstand von der aktuellen Landespolitik und den Herausforderungen künftiger gesellschaftlicher Entwicklung eine Ahnung haben. Völlig unverständlich ist mir, wie CDU-Fraktionschefin Blechinger diesen Unsinn geschehen lassen konnte. Dass in Brandenburg Realschule bereits existieren, müsste sie wissen, und Hauptschulen hat selbst sie seit Jahren für unrealistisch in Brandenburg gehalten.

Die PDS weist die Forderungen der CDU nach einem bildungspolitischen Systemwechsel zurück. Mit ihren Forderungen befindet sich die CDU auf dem Weg ins bildungspolitische Mittelalter. Die PDS fordert die CDU auf, endlich ihre Wahlversprechungen umzusetzen und mehr Geld für das Bildungswesen zur Verfügung zu stellen.
f.d.R.d.A. Reinhard Frank
Mitarbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

 

Presseerklärung
Endlich kleinere Lerngruppen ermöglichen

Potsdam, 17. Januar 2001: Zu den Ergebnissen der gestern von Bildungsminister Reiche vorgestellten Quasum-Untersuchung erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende der PDS Brandenburg Harald Petzold:

Ich begrüße es, dass mit den Ergebnissen der Quasum-Untersuchung endlich aktuelle Forschungsergebnisse zum naturwissenschaftlichen Unterricht in Brandenburg vorliegen, die von den Besonderheiten des Brandenburger Bildungswesens ausgegangen sind (z.B. parallele Existenz von Schulen des gegliederten und integrierten Schulwesens mit ihren unterschiedlichen SchülerInnenschaften).

Völlig inakzeptabel sind die Schlussfolgerungen, die die Landesregierung aus der Quasum-Untersuchung zieht. Seit Jahren unfähig und nicht willens, mehr Geld für das Brandenburgische Bildungswesen bereitzustellen, werden jetzt von ihr kurzerhand die Lehrkräfte mit ihren angeblich veralteten Methoden für die Ergebnisse der Untersuchung, die wahrlich kein Ruhmesblatt für das Land darstellen, erklärt. Aber das kommt dabei heraus, wenn man auf PR-Aktionen, medienwirksame Stippvisiten und Fachaufsicht statt Fachberatung setzt, anstelle endlich für eine pädagogisch sinnvolle materielle und finanzielle Ausstattung der Schulen zu sorgen.

Die PDS erneuert ihre Forderung, endlich kleinere Lerngruppen zu ermöglichen. Mit Klassen- oder Kursgrößen von 25 SchülerInnen an aufwärts wird auch mit den neuesten Methoden kein Blumentopf zu gewinnen sein. Darüber hinaus muss endlich Zeit zum Üben und Wiederholen zur Verfügung stehen sowie zur individuellen Förderung aller SchülerInnen. Die PDS fordert erneut, die zurückgehenden SchülerInnenzahlen dazu zu nutzen, mit den Kürzungen bei den Lehrerstellen aufzuhören und dafür die Schulen schrittweise besser personell auszustatten.
f.d.R.d.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

 

Presseerklärung
Höchste Zeit für hartes Durchgreifen - eigentliche Herausforderung neue Bildungspolitik

Potsdam, 25. Januar 2001: Zur Ankündigung der Landesregierung, härter gegen Rechtsradikalismus an Schulen durchgreifen zu wollen, erklärt der stellvertretenden PDS-Landesvorsitzende Harald Petzold:

Ich begrüße den Willen der Landesregierung, härter gegen Rechtsradikalismus und Rechtsradikale an Schulen vorgehen zu wollen.
Allerdings soll sich die Landesregierung nichts vormachen: Die eigentliche Herausforderung sind nicht die Symbole, die Klamotten inklusive Schuhwerk oder der Haarschnitt. Die eigentliche Herausforderung ist u.a. das Gewinnen eines neuen Vertrauens junger Heranwachsender in die Erwachsenenwelt, in die Leistungsfähigkeit einer tatsächlich demokratischen Gesellschaft und in die eigene Zukunft. Dazu muss Politik in der Gesellschaft nachhaltig und zukunftsfähig verändert werden. "Nazis raus aus den Köpfen." (und eigentlich gar nicht erst rein) ist für mich das Gebot der Stunde.

Deshalb fordere ich erneut eine Änderung in der Bildungspolitik des Landes. Ziel muss es sein, dass alle SchülerInnen verlässlich und entsprechend ihrer Altersstufe und den vor ihnen liegenden Herausforderungen gefördert werden können. Dazu sind neue Ressourcen nötig. Darüber hinaus fordere ich die Schaffung eines auswahlfähigen Angebots an berufsqualifizierenden Ausbildungsplätzen bzw. Lehrstellen sowie zusätzlich Mittel für eine kontinuierliche Jugendarbeit.
f.d.R.d.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

 

Presseerklärung
Bildungsminister braucht Nachhilfe im Rechnen

Potsdam, 23. Februar 2001: Anlässlich des Eingeständnisses des Bildungsministers Steffen Reiche, man habe aufgrund eines Prognosefehlers im Bildungsministerium zu viel Lehrerstellen abgebaut, erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende der PDS Brandenburg Harald Petzold:

Vor einiger Zeit hat das Brandenburger Bildungsministerium zur Kenntnis nehmen müssen, dass es beim Mathematikunterricht an Brandenburger Schulen erheblichen Nachholbedarf gibt. Mit dem jüngsten Eingeständnis, man habe aufgrund eines Prognosefehlers im Bildungsministerium zu viel Lehrerstellen abgebaut muss nun wohl auch der Bildungsminister selbst zum Nachhilfeunterricht in Sachen Rechenkünsten.

Dennoch ist es prinzipiell erst einmal zu begrüßen, dass das Ministerium von Herrn Reiche das Problem des Lehrermangels endlich realistischer betrachtet.

Die PDS Brandenburg fordert das Bildungsministerium auf, das erstens endlich ein Maßnahmeplan vorgelegt wird wie schrittweise die Arbeits- und Einkommensverhältnisse für die Lehrkräfte im Land Brandenburg so gestaltet werden, dass die nach wie vor anhaltende Abwanderung von Lehrern nach Berlin aufhört und zweitens das endlich vom tatsächlichen pädagogischen Bedarf bei der Lehrkräfteplanung ausgegangen wird.
f.d.R.d.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

 

Presseerklärung
Schnellläuferklassen entpuppen sich als Pappkameraden

Potsdam, 15. März 2001: Anlässlich der jüngsten Mitteilung, dass die Anzahl der Anmeldungen für die neuen Schnellläuferklassen in Brandenburg teilweise so niedrig ist, dass die Schulen auf das Auswahlverfahren verzichten wollen, erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende der PDS Brandenburg Harald Petzold:

Die Landesregierung hat mit der Einführung von Schnellläuferklassen offensichtlich einen Pappkameraden aufgebaut. Nachdem das Modell als dringend gewünscht propagiert wurde, zeigt sich nun, dass sich die Zahl der Interessenten in Grenzen hält. Das angeblich ungeheure Interesse an frühzeitiger Auswahl und Begabtenförderung in Brandenburg scheint es eben nicht in dem Maße zu geben. Zahlreiche Schulen, die sich am Modellversuch beteiligen, können aufgrund der geringen Anmeldezahl auf das Auswahlverfahren verzichten.
Damit zeigt sich, dass die Mehrzahl der Eltern mit dem hohen Gut einer gemeinsamen Erziehung für alle Kinder sehr verantwortungsbewusst umgeht. Die PDS fordert aus diesem Anlass erneut den Erhalt der gemeinsamen Schule für alle Kinder bis Klasse sechs und eine gemeinsame weiterführende Schule.
f.d.R.d.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

 

Presseerklärung
Personalabbau ist keine Reform

Potsdam, 3. April 2001: Zu dem beschlossenen Personalabbau in der öffentlichen Verwaltung bis zum Jahre 2005 erklärt der PDS-Landesvorsitzende Ralf Christoffers:

Der von der Landesregierung geplante Personalstellenabbau bis zum Jahre 2005 straft alles Gerede über weitere Reformvorhaben Lügen. Stellenkürzungen als Reformbeitrag zu verkaufen, heißt die Bürger für dumm verkaufen.

Der Bildungsbereich ist nur ein Beispiel für das inhaltsleere und konzeptionslose Herangehen der Landesregierung an politische Reformen. Angesichts der katastrophalen Zustände an den Brandenburger Schulen wandern vor allem junge, gut ausgebildete Lehrkräfte scharenweise aus Brandenburg ab. Eltern schreiben Protestbriefe gegen Stundenausfall. Die Landesregierung ficht das alles nicht an. Schamlos verkündet sie dennoch eine großspurige Bildungsoffensive und kürzt gleichzeitig die Mittel zusammen.

Weil der PDS die Zukunft des Landes am Herzen liegt, wird sie es nicht bei verbalen Protesten gegen die Personalkürzungen bewenden lassen. Wir werden uns an Gewerkschaften, Vereine und Verbände, an die SchülerInnen, Lehrer und die Eltern im Land, an die Forstarbeiter und Polizisten und andere Betroffene wenden und sie aufrufen, gemeinsam Aktionen des Widerstands zu entwickeln und durchzuführen, um die Kürzungspläne der Landesregierung zu durchkreuzen. Spürbarer außerparlamentarischer Druck ist angesagt. Eine andere Sprache scheint die streichwütige Landesregierung nicht mehr zu verstehen.
f.d.R.d.A. Maria Strauß-Jaß
Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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Seite 66-71

8. Bildungspolitische Konferenz der PDS
Leipzig, 31.03. - 01.04.2001

Gleiche Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für alle! Gegen wachsende Ungleichheit im Bildungswesen!

Das deutsche Bildungswesen steckt in einer tiefen Krise. Gegenüber vergleichbaren anderen Staaten befindet es sich in einem Reformrückstand. Standortwettbewerb auf der einen, Zukunftserwartungen auf der anderen Seite, dazwischen befindet sich das Bildungswesen eingeklemmt und soll dabei die fittesten Menschen auslesen: Gesellschaftlich flexibel, teamfähig, kreativ, bereit zu ständigem sozialen und kommunikativen Wandel sollen die Menschen sein. Aber wie, wird man das in einem kapitalistischen System, das bekanntermaßen gar nicht alle Menschen so gebrauchen kann? Ungleichheit prägt das Bild der Bundesrepublik:
· in den Möglichkeiten zu selbstbestimmter Lebensgestaltung
· in der Teilhabe an gesellschaftlichen und politischen Prozessen
· in der Aneignung von Bildung und Kultur
· in der sozialen Stellung in Beruf, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
Die Spaltung wächst durch Vertiefung der sozialen Benachteiligungen, durch Verfestigung von oben und unten, durch ein die Auslese und einseitig die Elite begünstigendes Bildungswesen wie wir es haben. Diesen politischen Trend aufzuhalten und umzukehren, allen Kindern und Jugendlichen gleiche Entfaltungs- und Bildungsmöglichkeiten zu gewährleisten: Das ist eine der entscheidenden Herausforderungen zukunftsgerichteter, demokratisch - humaner Politik. Dem steht die herrschende Bildungspolitik entgegen.

1. Bildung für das 21. Jahrhundert heißt im Kern: Befähigung zur Solidarität, zur Demokratisierung, zur Emanzipation, zum bewussten Eingreifen in die Zukunftsgestaltung, zum Weltverständnis
Das heißt:
Gerade in der heutigen Gesellschaft, die immer mehr Menschen vereinzelt, flexibilisiert, ausgrenzt und höchstens als Konsumenten benötigt, muss das Bildungswesen Zeit, Raum und Gelegenheit bieten, die "Sachen zu klären und die Menschen zu stärken" (H. v. Hentig). Erlernt werden soll
· mit anderen vor Ort und global solidarisch und humanistisch handeln zu können
· Mit- und Selbstbestimmung auf der Basis gezielter Kritikfähigkeit zu praktizieren
· sich selbst und sich gemeinsam mit anderen aus Zwängen befreien zu können. Dazu gehört es, Zivilcourage zu entwickeln, Rassismus und Neofaschismus entgegenzutreten und der totalen Vermarktung und Zurichtung der Menschen Widerstand entgegenzusetzen - eingedenk geschichtlicher Erfahrungen.

2. Für den Ausbau des öffentlichen Bildungssystems - gegen Privatisierung
Denn:
Durch das sogenannte "Neue Steuerungsmodell", das immer mehr auch im Bildungswesen eingeführt wird, zieht sich der Staat zunehmend aus seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung zurück. Private und Firmen treten an seine Stelle, "private - public - partnership" genannt. Die Folge: Privaten Investoren und internationalen Bildungs- und Medienkonzernen werden Tür und Tor geöffnet. Unterhalten wird nur, was sich "rechnet".
Bildung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung kann nur als öffentliche Aufgabe realisiert werden.

3. Investitionen für das Bildungswesen - Es ist genug Geld da!
Aber:
In der Bundesrepublik Deutschland sinken die öffentlichen Bildungsausgaben prozentual ständig. Das ist im reichsten Land der EU nicht länger hinnehmbar. Die Politik der Bundesregierung macht die Länder und Kommunen arm. Die Folge: Bildungseinrichtungen müssen die Mittel kürzen und sollen stattdessen Sponsorengelder einwerben. Die Kluft zwischen reichen Bildungseinrichtungen, die gesponsert werden, und ausgemergelten in Problemgebieten und auf dem Lande wird immer größer. Eliteförderung für wenige, geringere Bildung für die große Mehrheit - das wird das Ergebnis der Bildungspolitik der "neuen Mitte" sein, wenn das Geld nicht da geholt wird, wo es ist: Steuergeschenke für die Reichen rückgängig machen, Massenarbeitslosigkeit beseitigen, Rüstungsausgaben reduzieren, Steuerflucht verhindern!

4. Für gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle - gegen die soziale Ungleichheit
Das bedeutet:
Da in der kapitalistischen Gesellschaft der BRD die soziale Polarisierung wächst, ist die soziale Ausgleichsfunktion des Bildungswesens doppelt wichtig und zu stärken. Zum einen müssen spezifische Benachteiligungen ausgeglichen werden, zum anderen müssen die Menschen dazu qualifiziert werden, diese soziale Polarisierung prinzipiell zu überwinden. Die sozial, ethnisch und durch Bedingungen einer Behinderung Benachteiligten sind in besonders großem Maße zu fördern. Das verlangen der demokratische Geist unserer Gesellschaft und unser Grundgesetz. Im 21. Jahrhundert dürfen Bildungsbarrieren keinen Platz mehr haben.

5. Kostenloser Kindertagesstättenbesuch für alle Kinder!
Warum? Die Bildungsaufgabe der Kitas ist heute nötiger als früher: um frühzeitig Defizite und soziale Benachteiligungen auszugleichen, um zu spielen und zu lernen, um soziale Erfahrungen zu sammeln und soziale Benachteiligungen auszugleichen, um sich auf die Schule vorzubereiten. Kinder haben ein Recht auf umfassende Entwicklung, für die die Gesellschaft unabhängig vom Geldbeutel und der Berufstätigkeit der Eltern zu sorgen hat (UNO - Charta der Kinderrechte). Die Kommunen sind finanziell so auszustatten, dass sie schrittweise genügend kostenlose Kitas wie in Frankreich und dem Saarland zur Verfügung stellen können.

6. Eine gemeinsame Ganztagsschule für alle Kinder und Jugendlichen!
Denn:
Fast in ganz Europa besuchen alle Kinder eine einheitliche Gesamtschule bis Kl. 8, 9 oder 10, nur bei uns in der BRD werden sie nach Kl. 4 oder 6 in zwei oder drei getrennte Schulformen ausgesondert. Darum muss in der BRD die eine einheitliche Schule für alle als Ganztagsschule mit Wahlangeboten und Differenzierungsmöglichkeiten ausgebaut werden, anstatt Gesamtschulen zu schließen und die Tendenz zu selektieren zu verstärken. Gesamtschulen verfolgen einen integrativen Ansatz der gemeinsamen Bildung für alle und stellen soziales Lernen in den Mittelpunkt; sie brauchen Förderung und Unterstützung. Insbesondere in einer förderungsfeindlichen Umwelt. Aussonderung und Eliteförderung dagegen gilt es abzubauen. Darüber hinaus wäre eine Verlängerung der gemeinsamen Grundschulzeit auf 6 Jahre überall ein Schritt zu einer einheitlichen Schule für alle.

7. Größere Unterstützung für die Kleinen - keine Klasse über 25!
Damit ist gemeint:
Die Bundesrepublik gibt im internationalen Vergleich am wenigsten Unterrichtsstunden und Mittel in die Grundschulen. Selbst die verlässliche Halbtagsgrundschule wird zur Haushaltskonsolidierung herangezogen. Bei zurückgehenden Schülerzahlen werden kleine Grundschulen geschlossen. Dabei brauchen vor allem "kurze Beine kurze Wege". Auch die Grundschulklassen sind zu voll. Darum haben die PädagogInnen weniger Zeit zur Förderung der Einzelnen. Darunter leiden am meisten diejenigen, die besonderer Förderung bedürfen. Das ist unsozial.

8. Solide Allgemeinbildung weiterentwickeln - nicht Wissen auf Vorrat anhäufen!
Das bedeutet:
Die von Medienkonzernen, der Bundes- und den Landesregierungen vordergründig forcierten Aktionen "Schulen ans Netz" und "Jedem Schüler seinen Laptop" verdecken die nötige Diskussion darüber, was SchülerInnen als Subjekte des Lernprozesses heute für morgen lernen wollen und sollen. Weder reichen sie aus, dass junge Menschen die neuen Medien kritisch nutzen können, noch dass die Allgemeinbildung auf den nötigen Stand gebracht wird. Dazu gehören heute mehr denn je Elemente polytechnischer, kommunikativer, historischer, politischer, interkultureller und ökologischer Bildung. Unbestritten ist, dass heute kritische Medienkompetenz als instrumentelle Beherrschung nötig ist. Das alles ist mehr als "User - Wissen" und die von Unternehmerseite geforderten Wissenskataloge, Konsumerziehung und Grundrechenarten.

9. Für pädagogische Selbstbestimmung und inhaltliche Profilierung - gegen die Selbstverwaltung des Mangels und gegen Konkurrenzdenken!
Das meint:
Pädagogische Initiativen von unten sind wesentlicher Bestandteil jeder Bildungsre form. Es bedeutet Demokratisierung, wenn Schüler, Eltern, Lehrer und ihre demokratischen Gremien in einer Kommune oder in einem Stadtteil ein Schulprogramm erstellen. Diese Schulentwicklung von unten stärkt Kooperation, Bildungs-, Erziehungsarbeit und Selbsteinschätzung. Solche Initiativen können aber nur dann tatsächlich emanzipatorisch orientiert sein, wenn sie nicht unter Sparzwang zur Mangelverwaltung vor Ort umschlagen. Das ersetzt aber nicht die dringlichen Reformaktivitäten des Staates und der Gesamtgesellschaft. Und diese werden erst recht nicht durch computergestützte Detailsteuerung und obrigkeitsstaatliche Eingriffe von oben wettgemacht, während der Mangel vor Ort selbst verwaltet und das Konkurrenzdenken zentral forciert wird.

10. Arbeitsbedingungen der PädagogInnen unter den Bedingungen bedarfsdeck-ender Schulfinanzierung verbessern.
Warum?
Schon jetzt fehlen überall in einigen Fächern und an Berufs- und Sonderschulen LehrerInnen. Nicht nur in den alten, auch in den neuen Bundesländern droht eine Überalterung der Lehrerschaft. Dagegen wächst die Tendenz, PädagogInnen als "pädagogische Feuerwehr" für durch die Politik verursachte Fehler und Versäumnisse verantwortlich zu machen. Das weisen wir entschieden zurück! Die Arbeitsbedingungen und die Arbeitszeit der PädagogInnen wurden und werden von allen Landesregierungen als "Sparreserve" genutzt. Einfach und direkt werden bei Rückgang der Schülerzahlen weniger PädagogInnen eingestellt. Für Junglehrer und im Osten wurde Zwangsteilzeit verordnet, für alle die Gehälter gekürzt. Tausende Planstellen wurden gestrichen, während gleichzeitig mit Green - Cards qualifizierte Fachkräfte angeworben wurden. Nach 11 Jahren deutscher Einheit benachteiligt der BAT-Ost immer noch den öffentlichen Dienst in den neuen Bundesländern. Dagegen bemühen sich die PädagogInnen über ihre Kräfte trotz schlechter Rahmenbedingungen eine bessere Bildung zu vermitteln und ihre Arbeit verantwortungsvoll zu gestalten. Darum lenkt ein von den staatlichen Arbeitgebern wie auch immer verordnetes "Lehrerleitbild" davon ab, dass es die Verantwortung des Staates ist, die Rahmenbedingungen so zu verbessern und Lehrerarbeit attraktiver zu machen, dass sich in Zukunft mehr junge Leute zu LehrerInnen ausbilden lassen: Lehrerarbeitszeit verkürzen! Mehr junge LehrerInnen und ErzieherInnen einstellen, alte entlasten, Lehreraus - und Weiterbildung aufstocken und reformieren, Zwangsteilzeit aufheben, Diskriminierungen beenden - das ist jetzt erforderlich. Dazu gehört auch, die inhaltlich - strukturelle Ausrichtung des Bildungswesens öffentlich zu diskutieren.

11. Für selbstbestimmte Jugendarbeit, Jugendkultur und Freizeitgestaltung - gegen Rotstiftpolitik gerade hier - der Demokratie und des wachsenden
Rechtsradikalismus wegen!

Das heißt:
Sinnvoll wird Freizeitgestaltung, kulturelle Aktivität und das Zusammensein mit Freunden für Jugendliche nur in eigener Verantwortung, in eigenen Räumen, auf eigenen Plätzen, mit genügend Jugend- und Übungsleitern, Streetworkern, Musik-, Kunst- und Medienexperten. Darum kritisieren wir auch die Rotstiftpolitik in Bund, Ländern und Kommunen in diesem Bereich. Es kennzeichnet die jugendfeindliche Politik, dass die sogenannten "freiwilligen Aufgaben" der Kommunen, Jugendarbeit besonders zu fördern, vielfach gestrichen werden, weil die Bundesregierung die Kommunen finanziell austrocknet. Statt dessen wird Kommerzialisierung betrieben, so dass arbeitslose Jugendliche, SchülerInnen und solche, die unterbezahlte Warteschleifen absolvieren, ausgeschlossen werden. Dabei ist die Förderung von selbstbestimmter demokratischer Jugendkultur, Jugendarbeit und Freizeit auch eine Investition gegen Rassismus und Rechtsradikalismus.

12. Berufliche Erstausbildung garantieren, berufliche Ersterfahrung ermöglichen - für alle! Wer nicht ausbildet, soll zahlen!
Denn:
Viele Unternehmer sind ihrer gesetzlichen Verantwortung für die Berufsausbildung nicht nachgekommen. Die Mehrzahl der Betriebe bildet nicht aus. Die Zeit in der Berufsschule wird gekürzt. Eine Ausbildungsplatzumlage sichert die nötige Finanzierung: Wer ausbildet und Klein- und Mittelbetrieb ist, soll einen Zuschuss von denen erhalten, die nicht ausbilden. Um flexibler auf veränderte Berufsanforderungen reagieren zu können, sind unter Wahrung des Berufsprinzips modulare Ausbildungsgänge nötig. Sie können besser mit der Weiterbildung verzahnt werden, dürfen aber nicht zu minderqualifizierten Schmalspurberufen führen. Die Arbeitsbedingungen für Berufs-schullehrerInnen sind attraktiver zu machen, ihre Arbeitszeit ist zu senken, und die Neueinstellungen sind deutlich zu erhöhen. Die allgemeine, kulturelle und politische Bildung innerhalb der Berufsschule ist aufzuwerten und auszubauen, auf alle Fälle nicht zu kürzen, weil sich dort ein Selbstbewusstsein zur Erkennung der Lage in Betrieb und Gesellschaft herausbilden kann. Für die ersten drei Jahre nach dem Lehrabschluss ist der Arbeitsplatz gesetzlich zu garantieren. Ein qualitativ hochwertiger, öf
fentlich geförderter Beschäftigungssektor könnte eine ergänzende Möglichkeit sein, um ausreichend Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen.

13. Weiterbildung übersichtlich gestalten und allen gleichermaßen und kontinuierlich zugänglich machen - ein Bundesrahmengesetz muss her!
Weil die Weiterbildung in erster Linie eine Voraussetzung für das Erkennen der Lebenslage und der Arbeitsverhältnisse, für ganzheitliche, individuelle Lebensgestaltung und für die Befähigung zu einem weltoffenen Dialog der Kulturen ist. Sie hat sich zu einem profitträchtigen Markt entwickelt, der weder in Inhalt und Qualität des Angebots noch in den sozialen Standards der dort Beschäftigten öffentlich verantwortet und staatlich kontrolliert wird. Darum muss ein Weiterbildungsgesetz die Grundlagen dafür schaffen, dass die gesellschaftliche Verantwortung gestärkt und die individuellen Ansprüche fixiert werden.

14. Hochschule für alle öffnen, gegen Privatisierung und Elitebildung!
Das heißt:
Heute nehmen nur 8 % aus unteren Einkommensschichten ein Studium auf, während es bei höheren Einkommen über 70 % sind. Hauptverantwortlich: Die nach wie vor ungenügenden Bafög - Regelungen, die schleichende Einführung von Studiengebühren und die Errichtung weiterer Hürden beim Einstieg in die Hochschule. Bund und Länder wandeln staatliche Hochschulen sukzessive in marktgesteuerte Dienstleistungsunternehmen als Stiftungen oder Landesbetriebe um. Diese Privatisierung verschärft das Bildungsprivileg und schließt immer mehr Arbeiter und Immigrantenkinder vom Studium aus. Lehr- und Studiengebiete, die nicht kurzfristig profitabel sind, und die institutionelle Mitbestimmung der Hochschulmitglieder bleiben auf der Strecke. Wir brauchen eine Demokratisierung und gesellschaftliche Öffnung der Hochschulen, eine ausreichende öffentliche Finanzierung von Forschung, Lehre und Studium, eine bedarfsgerechte, elternunabhängige Ausbildungsförderung, Gebührenfreiheit ohne Wenn und Aber, eine Aufstockung der Studienplätze und eine Personalstrukturreform, die vor allem eine bessere Relation zwischen Studierenden und Lehrenden sichert. Diese Maßnahmen sind Ergebnis der vertretenen Zielbestimmung von Hochschulbildung. Sie sind nicht auf individuelle Karriereinvestitionen zu reduzieren, sondern stehen in gesellschaftlicher Verantwortung. Diese Maßnahmen sind aber auch Voraussetzung für die Umsetzung dieser Zielbestimmung.

15. Gegen wachsende Ungleichheit in den Bildungsmöglichkeiten!
Was tun?
Jede demokratische Bildungsreform beginnt damit, hier und heute gegen wachsende Ungleichheit anzugehen und für mehr soziale Gerechtigkeit einzutreten. Deutliche Verbesserungen für die Lernenden und Lehrenden sind jetzt nötig als erste Schritte zu einer grundlegenden Bildungsreform! Die herrschende Politik verspricht zwar Chancengleichheit - aber real wächst die soziale Ungleichheit. Ein "Weiter so - basta!" geht nicht.
Gegen Unterrichtsausfall und Kita-Schließungen, gegen Kürzungen an den Hochschulen und bei den Planstellen, gegen die Zusammenlegung von Schulen - überall vor Ort regt sich Widerstand, öffentlicher Protest aus Wut, weil die Zukunft verspielt wird. Das ist gut und notwendig - aber noch nicht ausreichend und nicht massenhaft genug. Erst wenn überall gegen die wachsende Ungleichheit demonstriert, jeder örtliche Widerstand bundesweit vernetzt, keine Faust mehr in der Tasche geballt wird, sondern der Protest in die Öffentlichkeit getragen wird, wird eine Wende für demokratische Bildungsreformen möglich. Kinder brauchen eine Lobby, Parlamente den Druck von außen, Minister konsequenten Nachhilfeunterricht, Betroffene brauchen Ermunterung und PädagogInnen Unterstützung. Dann wird auch aus Wut Widerstand und Wider
stand zur Demokratenpflicht Und bei allem ist nicht zu vergessen: Bessere Bildungsmöglichkeiten für alle Kinder und Jugendliche verlangen auch entsprechende Lebensverhältnisse und Entwicklungsmöglichkeiten vor, neben und nach der Schule, natürlich besonders für die Benachteiligten! Dazu fordern wir auf, denn die Jugend braucht Zukunft!

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