Kommunal aktuell
5- 2001

"Kommunale Daseinsvorsorge"

ein Beitrag
von Frank Kuschel
Fachberater für Kommunal- und Verwaltungsrecht
Geschäftsführer beim Kommunalpolitischen Forum Thüringen

Inhalt:

1. Vorbemerkungen
2. Soziale Marktwirtschaft und Daseinsvorsorge
3. Definition Begriff "Daseinsvorsorge"
4. Ziel und Zweck von Leistungen der Daseinsvorsorge
5. Definition Begriff "Universaldienstleistungspflichten"
6. Subsidiaritätsklausel und Daseinsvorsorge
7. Grundsätze des EU-Rechts (Artikel 86 EG-Vertrag) für staatliche Entscheidungen zur Versorgung der Bürger mit bestimmten Dienstleistungen der Daseinsvorsorge
8. Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften auf Leistungen der Daseinsvorsorge
9. Beihilfeprüfungen der Gemeinschaft bei Leistungen der Daseinsvorsorge
10. Subsidiarität und kommunale Daseinsvorsorge
11. Daseinsvorsorge und "Public Private Partnership"
12. Örtlichkeitsprinzip und kommunale Daseinsvorsorge
13. Kostendeckungsprinzip und kommunale Daseinsvorsorge
14. Quersubventionierung (Querverbund) und kommunale Daseinsvorsorge
15. Öffentlicher Auftrag und kommunale Daseinsvorsorge
16. Kommunale Beschäftigungsgesellschaften und Daseinsvorsorge
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1. Vorbemerkungen

Die PDS fordert wie alle anderen Parteien einen Politikwechsel, auch einen Politikwechsel in den Kommunen.

Hier stellt sich die Frage, ob überhaupt auf kommunaler Ebene oder auf Landes-ebene ein Politikwechsel möglich ist und wenn ja, in welche Richtung ein solcher Politikwechsel erfolgen kann, welche Voraussetzungen hierfür gegeben sein müssen.

Jeder Anspruch auf einen Politikwechsel ist heute unweigerlich in die Frage ein-gebunden, wie der in der Bundesrepublik von allen Seiten deklarierte "Reformstau" aufzulösen ist und welche Rolle dabei die unterschiedlichen Politikkonzepte der Parteien spielen.

Dabei geht es nicht mehr um Veränderungen von einzelnen Akzenten oder Punkten in der Politik, sondern um die Suche nach neuen Wegen in einem gesellschaftlichen Umfeld, das tiefgreifende und komplexe Reformen bedarf. In keiner politischen Partei der Bundesrepublik gibt es derzeit hierfür klare oder gar einheitliche Orientierungen.

In den letzten Jahren haben sich eine Reihe neuer Bedingungen für die Etablierung von Reformen herausgebildet. Sie gelten auch für linksdemokratische Politik. Hierzu zählen:

Reformpolitik, sofern sie auf Finanzierungen angewiesen ist, kann heute in der Regel nicht mehr als Verteilungspolitik überschüssiger Finanzen oder zusätzlicher Neuverschuldung angegangen werden. Vielmehr gilt es, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren.

Dies ergibt sich u.a. daraus, dass der bisherige Automatismus Wirtschaftswachstum - Wohlfahrt, Wirtschaftswachstum - steigende Staatseinnahmen, Wirtschaftswachs-tum - sinkende Arbeitslosigkeit usw. brüchig geworden ist.

Eine weitere Neuverschuldung ist, wenn überhaupt noch vertretbar, an strikte Krite-rien zu binden. Diese sind:

Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur nachhaltigen Neuorientierung der öffentlichen Finanzen (Einnahmen, Ausgaben, Transparenz, ressourcenübergreifende Bündelung, Schwerpunktsetzung),
Erreichung nachhaltiger Effekte.

Reformvorschläge, egal welcher Art, werden zunehmend verbunden sein mit Verteilungs- und Interessenkonflikten.

Traditionelle Verflechtungen müssen aufgebrochen werden. An ihre Stellungen müs-sen Chancen für Neuentwicklungen treten.

Notwendig ist eine neue demokratische Öffentlichkeit und die Neubestimmung von Werten in der Gesellschaft. Dies wiederum wird Auswirkungen auf den Inhalt der kommunalen Daseinsvorsorge haben.

Das politisch-administrative System muss sich selbst den neuen Herausforde-rungen stellen, wenn dies von der Gesellschaft als Ganzes verlangt wird. Hierzu müssen Politiknetzwerke anstelle der jetzigen starren Politik- und Verwaltungs-strukturengeschaffen werden. Auf kommunaler Ebene bedeutet dies u.a.

weitere Ausgestaltung der kommunalen Demokratie und der Bürgerbeteiligung,
Stärkung der Ortschaftsverfassung,
Gleichberechtigtes Wirken der kommunalen Organe (Bürgermeister/Landrat - Gemeinderat/Kreistag).

Den globalen Herausforderungen muss man verstärkt regional begegnen, auch durch kommunales Handeln.

Für linksdemokratische Politik ist es die schwierigste, aber letztlich unumgehbare Herausforderung, die Haushaltssanierung als Mittel und Chance zu nutzen, poli-tische Ziele für eine sozial gerechte und zukunftsfähige Entwicklung neu zu de-finieren.

Bisher Bewehrtes darf nicht nur verteidigt und bewahrt, sondern muss entwickelt werden, dies gilt auch für die kommunale Daseinsvorsorge.

Hierfür sind Innovationsgeist, und politische Initiative, Öffentlichkeit und parteiübergreifendes Handels notwendig.

Ein wesentlicher Ausgangspunkt für die Reformdiskussion bildet die Stellung zur öffentlichen und kommunalen Daseinsvorsorge. Die Stellung zur Daseinsvorsorge macht die unterschiedlichen Politikkonzepte sichtbar.

Welche Aspekte gilt es bei der Diskussion zur Daseinsvorsorge zu beachten:

Die weitere Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung wird wesentlich davon geprägt sein, wie die kommunale Daseinsvorsorge ausgestaltet wird.

Die Diskussionen um die Rolle des Staates in der sozialen Marktwirtschaft, die Rolle der Kommunen im föderalen System, die Ausgestaltung der kommunalen Selbst-verwaltung usw. sind mit der Diskussion zur kommunalen Daseinsvorsorge eng verknüpft.

Die Diskussion zur staatlichen Daseinsvorsorge allgemein und zur kommunalen Da-seinsvorsorge im speziellen ist sowohl wirtschafts- als auch gesellschaftspolitische geprägt.

Die F.D.P.-Bundestagsfraktion hat in einer Großen Anfrage folgende Entwicklungen, die die Diskussionen zum Begriff der "Daseinsvorsorge" beeinflussen benannt:

Neue technologische Entwicklungen (z. B. Mobiltelefone, elektronische Nachrichtenübermittlung), wodurch bestimmte stationäre Leistungen der Daseinsvorsorge zur Disposition stehen.
Neue Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit privatwirtschaftlicher Unternehmen bei Liberalisierung und Deregulierung traditioneller staatlicher Monopole, wie z. B. der Post, der Telekommunikation und des Energiesektors kombiniert mit der Setzung geeigneter Rahmenbedingungen.
Grenzüberschreitende Wettbewerbsverzerrungen bei unterschiedlicher Definition von Daseinsvorsorge im EU-Rahmen, die im Zuge der Globalisierung eine neue Dimension erreichen und strengere Vorgaben der EU-Kommission zur Folge haben.
Ein stärkeres Auftreten gemischtwirtschaftlicher Unternehmenseinheiten im Zuge der Reorganisation öffentlicher Regie- und Eigenbetriebe.
Ein stärkeres fiskalisches Interesse der öffentlichen Hand an der Nutzung erwerbswirtschaftlicher Einnahmequellen nicht zuletzt im Interesse einer lokalen Finanzautonomie und in bisher von privaten Unternehmen dominierten Branchen.
Veränderte Konsumgewohnheiten und eine veränderte Erwartungshaltung der Bürger, woraus einerseits neue Formen der öffentlichen Daseinsvorsorge abgeleitet werden können und wodurch andererseits traditionelle Leistungen der Daseinsvorsorge obsolet werden.
Ein gesellschaftlicher Wandel, der eine stärkere Erwerbsbeteiligung der generell gut ausgebildeten Frauen als erstrebenswert ansieht und eine Vielfalt unterschiedlich geprägter Verantwortungsgemeinschaften entstehen lässt.

(vgl.: DS DBT 14/5192, Große Anfrage der F.D.P. "Daseinsvorsorge in der sozialen Marktwirtschaft")

Es ist strittig, ob diese Aufzählung vollständig ist und/oder die richtigen Prioritäten setzt; unstrittig ist jedoch, dass diese Entwicklungen es notwendig erscheinen lassen, ein neues Verständnis von Daseinsvorsorge - auch vor dem Hintergrund des Artikels 28 Abs. 2 Grundgesetz - im Rahmen einer modernen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Konzeption zu entwickeln.

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2. Soziale Marktwirtschaft und Daseinsvorsorge

Die marktwirtschaftliche Ordnung beruht auf dem Grundsatz dezentraler Planung und Entscheidung. Funktioniert diese Ordnung, so führt es zu einer bestmöglichen Güterversorgung der Gesellschaft und gewährt ein hohes Maß an individueller Freiheit.

Eine marktwirtschaftliche Ordnung hängt aber von einer Vielzahl von Voraussetz-ungen ab, um in diesem Sinne zu funktionieren.

Es ist insbesondere entscheidend, dass sich für die Güter und Dienstleistungen private Märkte bilden und dort ein wirksamer Wettbewerb besteht.

Wo der Markt nur unvollkommen funktioniert (Marktversagen) oder der Staat andere als "ökonomische" Zielsetzungen verfolgt, hat er die Aufgabe, zielführende Rahmenbedingungen zu setzen bzw. die Ergebnisse der Märkte zu korrigieren. Durch Zuordnung von Eigentumsrechten schafft er eine Grundlage für das Funktionieren von Märkten; durch Vorschriften gegen Wettbewerbsbeschränkungen erhält er die Funktionsfähigkeit der Märkte; durch Maßnahmen zur Erfüllung verteilungspolitischer Ziele verändert er Marktergebnisse; schließlich stellt er öffentliche Güter bereit, die auf Märkten nicht angeboten werden.

Die Tätigkeit des Staates ist insofern kein Fremdkörper in der Marktwirtschaft, sondern trägt zur Etablierung und Stabilisierung des marktwirtschaftlichen Systems selbst bei.

Die mit der Gewährleistung einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung und weitergehenden gesellschafts- und sozialpolitische Zielen verbundenen Leistungen sind integraler Bestandteil der sozialen und ökologischen Marktwirtschaft.

Leistungen der Daseinsvorsorge sind ein wichtiges Element einer solchen Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Die in der Bundesrepublik Deutschland gewachsenen Strukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge haben sich über einen langen Zeitraum entwickelt und zu einer weitgehend zufriedenstellenden Versorgungsdichte mit den betroffenen Gütern und Dienstleistungen und einem hohen Maß an sozialer Sicherheit geführt.

Anzuerkennen sind hier insbesondere die Verdienste der Kommunen, die auf der Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung nach Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) für einen Großteil der Aufgaben Verantwortung übernommen haben.

Die Leistungen der Daseinsvorsorge haben deshalb eine große Bedeutung im deutschen Gesellschaftsmodell.

Dies gilt aber auch für die europäische Ebene.

Der hohe Stellenwert dieser Leistungen innerhalb der gemeinsamen Werte der Europäischen Union (EU) und ihre wichtige Rolle bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts wird im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag; Artikel 16) hervorgehoben.

Die Rahmenbedingungen, innerhalb derer der öffentliche Sektor seine Aufgaben erfüllt, unterliegen allerdings einem ständigen strukturellen Wandel.

In der heutigen Zeit sind es die Dynamik des europäischen Integrations- und des weltweiten Globalisierungsprozesses, die über einen zunehmenden internationalen Standortwettbewerb zu einer Veränderung der eigenständigen Handlungsspielräume der Nationalstaaten führen.

Auch aus der demographischen Entwicklung der Bevölkerung, dem Übergang zu einer globalen Wissensgesellschaft, den eingeengten finanziellen Handlungsspielräumen der öffentlichen Haushalte und einem steigenden Qualitätsbewusstsein der Kunden heraus entstehen neue Herausforderungen für den öffentlichen Sektor in den einzelnen Nationalstaaten.

Es ist daher unumgänglich, dass die umfassende Modernisierung von Staat und Gesellschaft weiter vorangetrieben wird, um die Aufgabenverteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor zukunftsfähig zu gestalten sowie die Effektivität und Effizienz der Aufgabenwahrnehmung durch den Staat, dort wo notwendig und geboten, zu verbessern.

Die Bundesregierung vertritt folgende Auffassung:

"Um die Effizienz der Aufgabenerfüllung im Interesse der Bürger so weit wie möglich zu gewährleisten, sollte der Staat jeweils das Instrument mit der geringsten Eingriffsintensität auswählen, das die Erreichung des angestrebten wirtschaftspolitischen Ziels ermöglicht. So wird verhindert, dass auf Marktversagen "überschießend" reagiert und dieses durch ein wohlfahrtsminderndes Staatsversagen ersetzt wird.

Diese Überlegungen gelten auch für den Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge. Um eine möglichst marktkonforme und zugleich effektive Aufgabenwahrnehmung zu gewährleisten, kann es z. B. angezeigt sein, ehemalige Monopolbereiche national und auf Gemeinschaftsebene für den Wettbewerb zu öffnen und über die allgemeine Wettbewerbspolitik oder über eine staatliche Regulierungsbehörde die Voraussetzungen für befriedigende Marktergebnisse zu schaffen. So haben z. B. die Liberalisierungen im Telekommunikations-, Post- und Energiesektor zu Effizienzsteigerungen und deutlichen Verbesserungen der Versorgung der Bevölkerung mit diesen Dienstleistungen geführt.

Die Bundesregierung wird deshalb die eingeleiteten Liberalisierungsschritte mit Nachdruck vorantreiben, um die Dynamik der Wirtschaftsentwicklung in diesen Bereichen weiter zu unterstützen. Dabei muss jedoch sichergestellt werden, dass die Liberalisierungsschritte nicht zu Wettbewerbsverzerrungen insbesondere zwischen den Mitgliedstaaten der EU führen.

Welche Art der Bereitstellung bei den unterschiedlichen Leistungen der Daseinsvorsorge letztendlich vorzuziehen ist, lässt sich nicht pauschal ableiten, sondern muss fallweise unter Berücksichtigung sektorspezifischer Besonderheiten entschieden werden.

Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips muss diese Entscheidung innerhalb der EU bei den Mitgliedstaaten liegen, so dass ein genügender Handlungsspielraum für spezifisch nationale, regionale und lokale Problemlösungen verbleibt.

Nach Ansicht der Bundesregierung liegt die Aufgabe der Europäischen Kommission vor allem darin, in enger Abstimmung mit den betroffenen Mitgliedstaaten die Rahmenbedingungen für diese Entscheidungen zu bestimmen. Es gilt hierbei insbesondere sicherzustellen, dass die Bereitstellung von Leistungen der Daseinsvorsorge mit den Wettbewerbs- und Binnenmarktregeln der Gemeinschaft vereinbar ist.

Von großer Bedeutung ist es darüber hinaus, die gewachsenen Strukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge behutsam und kontinuierlich anzupassen".

(vgl. DS DBT 14/ 6249, Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der F.D.P. "Daseinsvorsorge in der sozialen Marktwirtschaft)

Von Interesse ist auch der Standpunkt der EU-Kommission:

"Die bislang gesammelten Erfahrungen bestätigen auch die absolute Vereinbarkeit von hohen Standards bei der Bereitstellung von Leistungen der Daseinsvorsorge mit den EG-Wettbewerbs- und Binnenmarktregeln.

Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere wenn durch die Kräfte des Marktes keine zufriedenstellende Bereitstellung von Leistungen der Daseinsvorsorge erzielt wird, können die Behörden bestimmten Leistungserbringern Pflichten im allgemeinen Interesse auferlegen und ihnen, falls nötig, besondere oder ausschließliche Rechte übertragen und/oder einen Finanzierungsmechanismus entwickeln, der ihnen die Erbringung der Leistungen ermöglicht."

(vgl. Mitteilung der Kommission KOM 2000/580 "Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa" vom 20.09.00)

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3. Definition Begriff "Daseinsvorsorge"

Die Bundesregierung sieht in der Daseinsvorsorge die Erbringung von markt- oder nicht-marktbezogenen Leistungen wirtschafts-, gesellschafts-, sozial- oder kulturpolitischer Art, die bei Bedarf mit staatlichen Mitteln erfolgt.

Leistungen der Daseinsvorsorge erfassen wesentliche Bereiche der Grundversorgung.

Sie werden im Interesse der Allgemeinheit erbracht und von staatlicher Seite mit spezifischen Gemeinwohlverpflichtungen verknüpft, wenn unter Marktbedingungen keine ausreichende Versorgung gesichert ist.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 1)

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4. Ziel und Zweck von Leistungen der Daseinsvorsorge

Die EU-Kommission formuliert die Ziele und den Zweck von Leistungen der Daseinsvorsorge wie folgt:

Im Zentrum der EU-Gemeinschaftspolitik gegenüber Leistungen der Daseinsvorsorge stehen die Belange der Bürger.

Gemeinwohlorientierte Dienstleistungen liefern einen wichtigen Beitrag zur allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und zum wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt.

Als Leistungsempfänger erwarten die europäischen Bürger hochwertige Dienste zu erschwinglichen Preisen.

Im Mittelpunkt staatlichen Handelns in diesem Bereich stehen somit die Leistungsempfänger und deren Bedürfnisse.

Die Gemeinschaft schützt die Ziele von allgemeinem Interesse und den Dienst an der Öffentlichkeit.

Die betreffenden staatlichen Behörden müssen, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, völlig transparent vorgehen und möglichst genau ermitteln, welchen Bedarf die Leistungen der Daseinsvorsorge aus der Sicht der Verbraucher decken sollen, wer für die Einführung und Durchsetzung der einschlägigen Verpflichtungen zuständig ist und wie diese Verpflichtungen erfüllt werden sollen.

Auf der jeweils angemessenen Ebene - Gemeinschaft, Mitgliedsstaat, Region, Kommune - sind Maßnahmen zur Festlegung von Kriterien für Leistungen der Daseinsvorsorge zu treffen, die einander stützen und kohärent sein müssen.

Die Bedürfnisse der Leistungsempfänger sollten weit gefasst werden. Eine wichtige Rolle spielen ohne Frage die Verbraucherinteressen, die in allgemein zugänglichen, qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Leistungen bestehen. Daneben sind Unternehmen und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen wichtige Empfänger gemeinwohlorientierter Leistungen, deren Bedürfnisse ebenfalls befriedigt werden müssen.

Die Bürger haben aber auch noch weiter gefasste Anliegen wie z.B.

ein hohes Umweltschutzbedürfnis,
spezielle Bedürfnisse bestimmter Bevölkerungsgruppen (etwa von Menschen mit Behinderungen oder Beziehern niedriger Einkommen),
eine flächendeckende Grundversorgung, d.h. den Zugang zu wesentlichen Diensten auch in abgelegenen oder unzugänglichen Gegenden.

Eine Reihe von Grundsätzen können helfen, die Ansprüche, welche die Empfänger an gemeinwohlorientierte Leistungen stellen, zu definieren. Dazu zählen u.a.

eindeutige Festlegung der Mindestanforderungen an die Qualität, das Gesundheitsschutzniveau und die materielle Sicherheit der Leistungen,
vollständige Transparenz in Bezug auf Entgelte, Vertragsbedingungen, freie Wahl des Anbieters, Finanzierung der Anbieter usw.,
freie Wahl der Leistung und gegebenenfalls des Anbieters sowie wirksamer Wettbewerb zwischen Anbietern,
Schaffung von unabhängigen Regulierungsinstanzen, wo dies gerechtfertigt erscheint, sowie von Rechtsmitteln in Form von Beschwerdeverfahren und Streitschlichtungsmechanismen.

Zu diesen Grundsätzen kann auch die Vertretung und aktive Beteiligung der Leistungsempfänger bei der Definition der Leistungen und der Zahlungsweise zählen.

Die Erbringer von Leistungen der Daseinsvorsorge können aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen im Umgang mit den Bedürfnissen der Empfänger helfen, die Leistungen weiter zu entwickeln.

Ihre Ansichten sind daher ebenso wie die der Nutzer angemessen zu berücksichtigen.

Staatliche Behörden, die diese Kreise befragen wollen, müssen jedoch deutlich zwischen den Bedürfnissen von Leistungsempfängern und Leistungserbringern unterscheiden.

Der Staat muss sich darüber hinaus fragen, wie er sicherstellen kann, dass die einer Leistung der Daseinsvorsorge zugewiesenen Aufgaben nach einem hohen Qualitätsstandard und möglichst wirtschaftlich ausgeführt werden.

Dabei können verschiedene Wege bestritten werden. Bei der Entscheidung darüber, wie die Aufgaben zu erfüllen sind, dürfen insbesondere folgende Kriterien eine Rolle spielen:

die technischen und wirtschaftlichen Merkmale der fraglichen Dienstleistung,
die Anforderungen der Nutzer,
die kulturellen und historischen Eigenheiten des betreffenden Mitgliedstaats.

Die Wahl unterschiedlicher Mittel für unterschiedliche Leistungen (oder auch für ein und dieselbe Leistung, wenn die Rahmenbedingungen von Mitgliedsstaat oder auch innerhalb eines Mitgliedstaates variieren) sollte daher nicht als Widerspruch, sondern im Gegenteil als ein wichtiges Effizienzmerkmal angesehen werden.

(vgl. Mitteilung der Kommission 2000/580, Punkt 8 - 13)

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5. Definition Begriff "Universaldienstleistungspflichten"

Universaldienstleistungspflichten sind ein begleitendes Mittel des Staates bei der Liberalisierung von Märkten.

Es wird u.a. dann angewendet, wenn bisherige Leistungen der Daseinsvorsorge privatisiert werden.

In der Sozialen Marktwirtschaft sind Universaldienstleistungsverpflichtungen die Ausnahme.

In der EU wurden Universaldienstleistungsverpflichtungen als Begleitmaßnahme bei der Liberalisierung von Dienstleistungsbranchen vor allem in Märkten mit ehemaligen staatlichen Monopolen eingeführt.

Das Universaldienstkonzept soll gewährleisten, dass beim Übergang vom Monopol zu Wettbewerbsstrukturen alle Nutzer und Verbraucher den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen in einer definierten Mindestqualität erhalten.

Eine allgemein gültige Definition für Universaldienstleistungspflichten gibt es angesichts der unterschiedlichen Ausgangssituationen nicht.

Ein Beispiel für Universaldienstleistungen auch nach erfolgter Marktöffnung ist der Telekommunikations- und Postsektor.

Universaldienstleistung in offenen Telekommunikationsmärkten wird von der EU-Kommission in ihrer Mitteilung "Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa" als "Mindestangebot von Diensten bestimmter Qualität" bezeichnet, "das allen Nutzern und Verbrauchern gemessen an landesspezifischen Bedingungen zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung steht."

Bei der Aufstellung von Universaldienstleistungsverpflichtungen ist darauf zu achten, dass durch sie nicht Marktzutrittsbarrieren geschaffen werden, die dem eigentlichen Ziel der Marktöffnung widersprechen.

Daher sieht das deutsche Telekommunikationsrecht keine a priori-Verpflichtung eines oder mehrerer Unternehmen zum Angebot einer Universaldienstleistung vor. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die festgelegten Universaldienstleistungen erst dann zum Tragen kommen, wenn sie auf dem Markt nicht erbracht werden können.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 4)

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6. Subsidiaritätsklausel und Daseinsvorsorge

In der Diskussion zur Daseinsvorsorge vorrangig darum, ob eine Leistung ihr zuzuordnen ist Es stellt sich jedoch auch die Frage, welche politische (staatliche Ebene) die Leistung letztlich erbringt.

Für beide Aspekte ist die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips der Schlüssel zur Antwort.

Nach Auffassung der Bundesregierung gebührt in der Sozialen Marktwirtschaft grundsätzlich privater Initiative und privatem Eigentum Vorrang vor staatlicher Tätigkeit und staatlichem Eigentum.

Es gilt der Grundsatz der Subsidiarität unternehmerischen Handelns durch den Staat gegenüber der privaten Wirtschaft auf allen staatlichen Ebenen. Dies spiegelt sich etwa auch in der Privatisierungspolitik des Bundes wider.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 5)

Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse unterscheiden sich insofern von normalen Dienstleitungen, als sie in den Augen des Staates auch dann erbracht werden müssen, wenn der Markt unter Umständen nicht genügend Anreize dafür gibt.

Wenn der Staat der Meinung ist, dass die Marktkräfte bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Dienstleistungen möglicherweise nur in unzureichender Weise bereitstellt, kann er konkrete Leistungsanforderungen festlegen, damit dieser Bedarf durch eine Dienstleistung mit Gemeinwohlverpflichtung befriedigt wird.

Die Erfüllung dieser Verpflichtungen kann mit der Gewährung besonderer oder aus-schließlicher Rechte oder der Bereitstellung besonderer Finanzierungsmechanis-men einhergehen, muss aber nicht.

Die Festlegung eines konkreten Gemeinwohlauftrags und der zur Erfüllung erforderlichen Dienstleistungen bedeutet nicht unbedingt die Festlegung auf eine estimmte Art der Leistungserbringung.

Der klassische Fall ist die sogenannte Universaldienstverpflichtung für Anbieter, die einen bestimmten Dienst im gesamten Staatsgebiet zu erschwinglichen Entgelten und in vergleichbarer Qualität unabhängig von der Wirtschaftlichkeit einzelner Geschäfte erbringen müssen.

Der Staat kann entweder allen Anbietern im Markt Gemeinwohlverpflichtungen oder aber auch einem einzelnen Anbieter bzw. einer begrenzten Anzahl von Anbietern spezielle Verpflichtungen - ohne besondere oder ausschließliche Rechte - auferlegen.

So wird ein Höchstmaß an Wettbewerb gewährleistet und den Nutzern die größtmögliche Freiheit bei der Wahl des Leistungserbringens garantiert.

Wenn in einer bestimmten Branche nur einem Anbieter bzw. einigen wenigen Anbietern Gemeinwohlverpflichtungen auferlegt werden, ist es unter Umständen geboten, alle einschlägigen Anbieter an der Finanzierung der mit der Erbringung des gemeinwohlorientierten Dienstes verbundenen Nettomehrkosten zu beteiligen.

Dies kann mit Hilfe einer zusätzlichen Abgabe oder eines Fonds für öffentliche Dienste geschehen.

In diesem Fall ist darauf zu achten, dass der von jedem Unternehmen zu leistende Beitrag in einem angemessenen Verhältnis zu seiner Geschäftstätigkeit in dem betreffenden Markt steht und deutlich von anderen Belastungen abgegrenzt ist, die im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit anfallen können.

Bei bestimmten Leistungen der Daseinsvorsorge sind allerdings mehrere Anbieter unangebracht, wenn z.B. kein Leistungserbringer für sich allein existenzfähig ist.

In solchen Fällen gewährt der Staat üblicherweise besondere oder ausschließliche Rechte für die Erbringung des gemeinwohlorientierten Dienstes in Form von Konzessionen, die aufgrund einer Ausschreibung für einen bestimmten Zeitraum vergeben werden.

Wettbewerb soll bei der Erteilung des Zuschlags sicherstellen, dass der Gemeinwohlauftrag unter möglichst geringer Belastung der öffentlichen Haushalte erfüllt wird.

Wenn die Gemeinwohlverpflichtung durch keine der beschriebenen Optionen zufriedenstellend erfüllt werden kann, muss gegebenenfalls ein einzelner Anbieter oder eine kleine Gruppe von Anbietern mit der betreffenden Aufgabe betraut werden, wofür der Staat besondere oder ausschließliche Rechte neu gewährt oder verlängert.

In diesem Fall kann der Staat wie bei der Gewährung ausschließlicher Rechte im Rahmen einer Ausschreibung eine angemessene Finanzierung sicherstellen, die den betreffenden Unternehmen die Erfüllung der ihnen zugewiesenen Gemeinwohlaufgabe ermöglicht.

Die Einhaltung von Vorschriften des EG-Vertrags, insbesondere der wettbewerbs- und binnenmarktrechtlichen Bestimmungen, ist voll und ganz mit der gesicherten Bereitstellung von Leistungen der Daseinsvorsorge vereinbar (siehe: Artikel 86 EG-Vertrag).

(vgl. Mitteilung der Kommission 2000/580, Punkte 14, 15, 17, 18, 19)

Die Anerkennung des Subsidiaritätsprinzips und insbesondere der Gestaltungsfreiheit des Mitgliedsstaates bei der Bestimmung, was eine Leistung der Daseinsvorsorge ausmacht, erfordert eine sorgfältige Untersuchung der Rollenverteilung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen bei der Regulierung solcher Dienste.

Im neuen Artikel 16 EG-Vertrag wird die Rolle, die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt spielen, ausdrücklich anerkannt und der Gemeinschaft die Aufgabe übertragen, diesen Diensten die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erleichtern.

In diesem Sinne wird die Kommission weiterhin die europäische Dimension von Leistungen der Daseinsvorsorge zum Vorteil der Bürger in partnerschaftlicher Zusammenarbeit auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene fördern, indem sie

1.
den größten Nutzen aus der Öffnung der Märkte zieht,
2.
die Koordinierung und Solidarität in Europa stärkt und
3.
andere Beiträge der Gemeinschaft zur Förderung gemeinwohlorientierter Leistungen entwickelt.

(vgl. Mitteilung der Kommission 2000/580, Punkte 55 - 57)

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7. Grundsätze des EU-Rechts (Artikel 86 EG-Vertrag) für staatliche Entscheidungen zur Versorgung der Bürger mit bestimmten Dienstleistungen der Daseinsvorsorge

Neutralität

Die Neutralität im Bezug auf die Form der Unternehmensorganisation - öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich - wird durch Artikel 295 EG-Vertrag gewährleistet.

Die Kommission macht also keine Vorgabe dahingehend, dass Leistungen der Daseinsvorsorge von öffentlichen oder von privaten Unternehmen zu erbringen sind und verlangt auch nicht die Privatisierung öffentlicher Unternehmen.

Gleichzeitig gelten aber die Vorschriften des Vertrags und insbesondere die wettbewerbs- und die binnenmarktrechtlichen Bestimmungen ungeachtet des (öffentlich- und privatrechtlichen) Status eines Unternehmens.

Gestaltungsfreiheit

Gestaltungsfreiheit bedeutet, dass für die Definition dessen, was ausgehend von den spezifischen Merkmalen einer Tätigkeit als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu gelten hat, vorrangig die Mitgliedsstaaten zuständig sind.

Diese Definition darf nur einer Kontrolle auf offenkundige Fehler unterworfen werden.

Sie können besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, die die Unternehmen zur Erbringung der ihnen übertragenen Aufgaben benötigen, sie können deren Tätigkeit reglementieren und sie können sie erforderlichenfalls finanzieren.

Wo es noch keine gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften gibt, haben die Mitgliedsstaaten bei der Gestaltung ihrer einschlägigen Politik großen Spielraum; hier unterliegen sie lediglich einer Kontrolle auf offenkundige Fehler.

Die Frage, ob ein Dienst als Leistung der Daseinsvorsorge anzusehen ist und wie er organisiert werden soll, wird zuallererst auf nationaler Ebene entschieden.

Die Kommission muss ihrerseits drauf achten, dass die zu diesem Zweck eingesetzten Mittel mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

Damit die Ausnahme nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auch greifen kann, muss der Versorgungsauftrag in jedem Fall klar definiert und ausdrücklich durch Hoheitsakt (Verträge eingeschlossen) aufgetragen sein.

Verhältnismäßigkeit

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Verbindung mit Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag besagt, dass die Mittel, die zur Erfüllung des Versorgungsauftrags eingesetzt werden, keine unnötigen Handelshemmnisse erzeugen dürfen.

Konkret ist sicherzustellen, dass Einschränkungen gegenüber den EG-Vertragsbestimmungen und insbesondere Einschränkungen des Wettbewerbs oder der Binnenmarktfreiheiten nicht über das zur tatsächlichen Erfüllung des Auftrags erforderliche Maß hinausgehen.

Die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse müssen leistungsfähig sein und die damit betrauten Unternehmen müssen in der Lage sein, den besonderen Aufwand und die zusätzlichen Nettokosten auf sich zu nehmen, die mit der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben verbunden sind.

Zur Frage der Finanzierung solcher Leistungen (Leistungen der Daseinsvorsorge) hat das europäische Gericht erster Instanz geurteilt, dass der Ausgleich, den ein Staat einem Unternehmen für die Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen gewährt, eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt (vgl. EuGeI, Urteil vom 27.02.97, Rechtssache T - 106/95 und Urteil vom 10.05.00, Rechtssache T - 46/97).

Sofern keine der in Artikel 73 oder 87 vorgesehenen Ausnahmen einschlägig ist, kann eine Beihilfe dennoch aufgrund von Artikel 86 Absatz 2 mit dem EG-Vertrag vereinbar sein.

Letzteres trifft zu, wenn alle Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, d.h. konkret, wenn der Ausgleich nicht über die mit der anvertrauten Aufgabe verbundenen Nettokosten hinausgeht.

Nach Ansicht der Kommission kann in den Fällen, in denen ein solcher Ausgleich im Anschluss an ein offenes, transparentes und nicht diskriminierendes Verfahren für einen angemessenen Zeitraum festgesetzt wird, davon ausgegangen werden, dass die staatliche Hilfe mit den beihilferechtlichen Bestimmungen des Vertrags im Einklang steht.

(vgl. Mitteilung der Kommission 2000/580, Punkte 21 - 23, 26)

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8. Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften auf Leistungen der Daseinsvorsorge

Bei der Klärung dieser Frage sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

1.
Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten,
2.
Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedsstaaten,
3.
Vorgehen der Gemeinschaft gegenüber Bagatellfällen.

Zu 1.

Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten

Die Bedingungen des Artikel 86 beziehen sich auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse.

In aller Regel finden die Binnenmarktvorschriften und Wettbewerbsregeln grundsätzlich keine Anwendung auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten und berühren daher auch nicht Leistungen der Daseinsvorsorge, die keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen. (Hinweis: Im kommunalen Wirtschaftsrecht Thüringens wurde die Unterscheidung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit durch Änderung der ThürKO im Juli 2000 aufgehoben.)

Hieraus folgt, dass auf Aufgaben, die per se dem Staat vorbehalten sind (z.B. Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit, Justizverwaltung, Außenpolitik, andere hoheitliche Aufgaben), die Wettbewerbsregeln und Binnenmarktvorschriften keine Anwendung finden und somit auch Artikel 86 und seine Bedingungen nicht greifen.

Nicht anwendbar sind die Wettbewerbsregeln und Binnenmarktvorschriften auch nicht auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit nationalen Bildungssystemen und mit der Pflichtmitgliedschaft in Grundversorgungssystemen der sozialen Sicherheit.

Generell werden nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, 07.12.93, Rechtssache C - 109/92) viele Tätigkeiten von Einrichtungen, die weitgehend soziale Aufgaben ohne Gewinnabsicht erfüllen und deren Zweck nicht in der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit besteht, von den wettbewerbs- und binnenmarktrechtlichen Vorschriften der Gemeinschaft in der Regel nicht erfasst.

Darunter fallen diverse nichtwirtschaftliche Tätigkeiten von Einrichtungen wie Gewerkschaften, politischen Parteien, Kirchen und religiöse Gemeinschaften, Verbraucherverbände, wissenschaftliche Gesellschaften, Wohlfahrtseinrichtungen sowie Schutz- und Hilfsorganisationen.

Sobald eine derartige Einrichtung jedoch bei der Erfüllung eines Gemeinwohlauftrags wirtschaftliche Tätigkeiten aufnimmt, sind hierauf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften unter Berücksichtigung des besonderen sozialen und kulturellen Umfelds, in dem die betreffenden Tätigkeiten ausgeübt werden, anzuwenden.

Zu 2.:

Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedsstaaten

Das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft gilt ferner nur dann, wenn der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt wird.

Dementsprechend finden auch die Bestimmungen des Vertrags über die Dienstleistungsfreiheit keine Anwendung, wenn sich die betreffende Tätigkeit in all ihren Aspekten auf einen einzelnen Mitgliedsstaat beschränkt.

Was die in den Artikeln 81 und 82 EG-Vertrag niedergelegten kartellrechtlichen Bestimmungen betrifft, so wird eine Tätigkeit, die sich nur unwesentlich auf den Markt auswirkt, wie dies bei einer Reihe von Leistungen der Daseinsvorsorge für ein räumlich begrenztes Gebiet der Fall ist, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten normalerweise nicht beeinträchtigen und daher auch nicht unter die einschlägigen Regeln des Gemeinschaftsrechtes fallen (vgl. EuGH, 21.01.99, Rechtssachen C - 215/96 und C - 216/96).

Zu 3.:

Vorgehen der Gemeinschaft gegenüber Bagatellfällen

Es gibt Bagatellfälle, die gemäß der einschlägigen Bekanntmachung der Kommission (vgl. Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die nicht unter Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag fallen - ABl. C 372 vom 09.12.97, S. 13) nicht weiter nach Maßgabe der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln untersucht werden.

Dies dürfte wiederum bei vielen lokal angebotenen Dienstleistungen der Fall sein, so dass die Kommission hier von der Verfolgung mutmaßlicher Verstöße (z.B. gegen kartellrechtliche Vorschriften) absehen wird.

(vgl. Mitteilung der Kommission 2000/580, Punkte 27 - 32)

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9. Beihilfeprüfungen der Gemeinschaft bei Leistungen der Daseinsvorsorge

Was die Prüfung nach Maßgabe der Bestimmungen des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen anbelangt, so trifft es zwar zu, dass ein verhältnismäßig kleiner Beihilfebetrag oder die relativ geringe Größe eines begünstigten Unternehmens für sich genommen eine etwaige Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels nicht ausschließt.

Dennoch ist das Kriterium "Beeinträchtigung des Handels" nach ständiger Rechtsprechung nur dann erfüllt, wenn das begünstigte Unternehmen wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet, die den Handel zwischen Mitgliedsstaaten berührt.

Die Kommission hat ferner Schwellenwerte festgelegt, bis zu denen die Beihilfevorschriften keine Anwendung finden (vgl. Mitteilung über "De-minimis"-Beihilfen; ABl. C 68 vom 06.03.96, S. 9, an deren Stelle neue Verordnung, Entwurf siehe ABl. C 89 vom 28.03.00, S. 6).

Damit dürften viele lokal erbrachten Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der beihilferechtlichen Vorschriften ausgenommen sein.

Werden Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mit öffentlichen Mitteln in einer Weise gefördert, die geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen, ist außerdem nach Maßgabe der beihilferechtlichen Vorschriften des Vertrags zu prüfen, ob diese Förderung nicht dennoch zulässig ist.

Neben der Ausnahmebestimmungen des Artikel 86 Abs. 2 gibt es mehrere Möglichkeiten der Ausnahme bzw. Freistellung solcher Fördermaßnahmen vom grundsätzlichen Beihilfeverbot.

Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang die in Artikel 73 vorgesehenen Ausnahmen für Beihilfen im Bereich Verkehr und die Freistellung von Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes gemäß Artikel 87, Absatz 3, Buchstabe b.

Gleiches gilt auch für:

Beihilfen für klein und mittelständige Unternehmen (KMU),
Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln,
Beschäftigungsbeihilfen,
Ausbildungsbeihilfen,
Einzelstaatlichen Regionalbeihilfen,
Umweltschutzbeihilfen, und
Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen.

(vgl. Mitteilung der Kommission 2000/580, Punkte 33 - 35 )

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10. Subsidiarität und kommunale Daseinsvorsorge

Zur Steuerung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen enthalten die Kommunalverfassungen in der Regel so genannte Funktionssperren oder Subsidiaritätsklauseln. Danach sind wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden nur dann zulässig, wenn der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erfüllt werden kann. Zudem muss das Unternehmen durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt sein. Diese Regelungen bezwecken, dass sich die Kommunen auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren, unternehmerische Risiken nur in sehr begrenztem Maße eingehen und insbesondere eine wirtschaftliche Betätigung zu Lasten der Privatwirtschaft vermeiden. Eine etwaige Vereinheitlichung oder Verschärfung dieser Regelungen steht nicht in der Kompetenz des Bundes.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 5)

Nach den Gemeindeordnungen der Länder ist die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden an einen (dringenden) öffentlichen Zweck gebunden. Innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens liegt es in der alleinigen Zuständigkeit der Gemeinden und Gemeindeverbände, über eigene wirtschaftliche Tätigkeit im Bereich kommunaler Aufgabenerfüllung zu entscheiden.

Aufgaben der Daseinsvorsorge und im Übrigen auch der Infrastrukturverwaltung werden dabei häufig mit Hilfe wirtschaftlicher Unternehmen der Gemeinde wahrgenommen.

Eine sich auf alle Bereiche kommunaler Aufgabenerfüllung beziehende, allgemein gültige und exakte Grenzziehung zwischen öffentlichem und privatem Sektor ist hierbei nicht sachgerecht und auch gar nicht möglich.

Denn das, was auch von einem Privatunternehmer erfüllt werden könnte, unterliegt wechselnden sozialen Anschauungen und sich wandelnden Problemlagen, nicht zuletzt auf Grund technologischer Entwicklungen.

Hingewiesen sei beispielhaft auf den öffentlichen Nahverkehr und die Energieversorgung, die den Gemeinden erst allmählich zugewachsen sind.

Umgekehrt können traditionelle Kommunalaufgaben wie z. B. die Entsorgung und die Straßenreinigung durch Privatisierung oder - wiederum - die Energieversorgung durch Liberalisierung in den Bereich privatwirtschaftlicher Betätigung überwechseln.

Die Länderwirtschaftsministerkonferenz hat im Mai 2000 einen Beschluss zur wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen gefasst, in dem der Innenministerkonferenz u. a. dringend empfohlen wird, das in den Ländern jeweils geltende Kommunalrecht so auszulegen, dass der ordnungspolitisch gebotene Vorrang privatwirtschaftlicher Tätigkeit deutlich in den Mittelpunkt gerückt und im Wege der Kommunalaufsicht konsequent durchgesetzt wird.

Die Bundesregierung befürwortet eine solche Auslegung des Kommunalrechts, da so mögliche Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der privaten Wirtschaft und insbesondere eine Verdrängung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie die Gefährdung von Arbeitsplätzen vermieden werden können.

Es ist jedoch das Recht der Länder, den Rahmen für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen in eigener Verantwortung abzustecken.

Die Bundesregierung kann hier nur beispielhaft handeln (siehe § 7 BHO) und Empfehlungen geben.

Die Bundesregierung begrüßt ausdrücklich Anstrengungen der Bundesländer, die auf eine Modernisierung des Kommunalwirtschaftsrechts im Energiebereich zielen.

Die Bundesregierung hat sich in diesem Zusammenhang unter anderem für eine vertretbare Lockerung des Örtlichkeitsprinzips für gemeindeübergreifende Energiehandelstätigkeiten der Kommunen ausgesprochen.

Der Deutsche Städtetag und die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände als Dachorganisation haben mehrfach zu den Auswirkungen der Liberalisierungs- und Wettbewerbspolitik der EU auf die Daseinsvorsorge Stellung genommen.

Dabei haben sie auch zum Ausdruck gebracht, dass sie die jüngste Mitteilung der Kommission vom 20. September 2000 zu Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die vor allem auf Drängen der Bundesregierung zustande gekommen ist, "als wichtigen Schritt, in Europa neben dem Wettbewerb auch die Grundversorgung der Bevölkerung mit wichtigen Dienstleistungen zu garantieren", werten.

Sie sehen jedoch weiteren Klärungsbedarf.

Die Bundesregierung nimmt die Besorgnisse der Kommunalen Spitzenverbände, dass durch die Liberalisierungspolitik der EU der kommunale Versorgungsauftrag in Frage gestellt werden könnte, ernst.

Auch sie betrachtet die Mitteilung der Kommission als wichtigen Zwischenschritt zur Erreichung von mehr Rechtsicherheit und als gute Grundlage für die weiteren notwendigen Diskussionen mit der Kommission und den EU-Partnern. Sie wird dabei die Auffassung der Kommunalen Spitzenverbände berücksichtigen.

Die Bundesregierung teilt durchaus die Befürchtungen der kommunalen Spitzenverbände, dass mit einer Liberalisierung die Gefahr verbunden sein kann, dass oligopolistisch bestimmte Märkte entstehen.

Dem ist durch die Art und Weise der Liberalisierung so entgegenzuwirken, dass im Vordergrund das verbesserte Leistungsangebot durch mehrere Wettbewerber steht. In diesem Zusammenhang ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) von besonderer Bedeutung.

Seine Aufgabe ist es, die positiven Wirkungen einer Liberalisierung durch Offenhaltung der Märkte und Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen nachhaltig zu sichern.

Dafür hält es insbesondere die Instrumente der Fusionskontrolle und des Missbrauchsverbots für marktbeherrschende Unternehmen bereit.

In Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf Qualität und Umwelt nimmt die Bundesregierung die Befürchtungen der Kommunalen Spitzenverbände ebenfalls ernst und wird ihnen Rechnung tragen.

Die Bundesregierung hat ein Gutachten vergeben, in dem mögliche Marktöffnungsmodelle für den Trinkwasserbereich auf ihre Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sowie den Gewässer- und Umweltschutz untersucht werden.

Im Hinblick auf die Länderkompetenz für kommunale Angelegenheiten sind derartige Modelle allerdings lediglich als Angebote zu betrachten.

Die Besorgnis, mit einer Liberalisierung könne der Verlust von Arbeitsplätzen verbunden sein, wird in dieser allgemeinen Betrachtung nicht geteilt.

Werden alle Auswirkungen, wie Steigerung der Effektivität und Effizienz, sinkende Kosten, gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit auch anderer Wirtschaftsbereiche und damit verbundene Steigerung der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte mit einbezogen, kann damit gerechnet werden, dass bei einer Gesamtbetrachtung der volkswirtschaftlichen Auswirkungen per Saldo eher von einer steigenden als von einer sinkenden Zahl von Arbeitsplätzen ausgegangen werden kann.

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass eine Liberalisierung im Bereich der Daseinsvorsorge nicht zwingend zu einem substanziellen Verlust kommunaler Rechte führen muss. Denn die notwendig flächendeckende und umfassende Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Leistungen der Daseinsvorsorge wird auf längere Sicht Raum lassen für ein Nebeneinander privater und öffentlicher Strukturen.

Die Bundesregierung stützt sich dabei auch auf die Mitteilung der Kommission zu Leistungen der Daseinsvorsorge vom 20. September 2000. Diese aktualisierte Mitteilung trägt wesentlich zur Klarstellung der Rechtslage in der EU bei.

Nach Auffassung der Bundesregierung muss aber die Rechtssicherheit im Rahmen der Daseinsvorsorge noch weiter erhöht werden, denn die bewährten Formen der Daseinsvorsorge in der Bundesrepublik Deutschland dürfen nicht verdrängt oder bedroht werden.

Die Bundesregierung hielte daher auch eine etwaige Kompetenzausweitung der EU auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge, die in dieser Form in der Mitteilung aber nicht zum Ausdruck kommt, für unangemessen und nicht mit dem Grundsatz der Subsidiarität vereinbar.

Im Übrigen könnten sich auch nach Auffassung der Kommunalen Spitzenverbände durch die Transparenzanforderung der EU-Kommission zur Verhinderung nicht erlaubter Beihilfen möglicherweise die Strukturen verändern, in denen diese Leistungen erbracht werden.

Die demokratischen Mitspracherechte, die über die Steuerungs- und Kontrollinstrumente der Gemeinde- bzw. Kreisvertretung in den kommunalen Unternehmen wahrgenommen werden, wären indes nicht direkt berührt.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antworten 18, 19, 20, 21)

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11. Daseinsvorsorge und "Public Private Partnership"

Die Bundesregierung hat die Schaffung rechtlicher Regelungen für "Public Private Partnership" im Rahmen ihres Programms "Moderner Staat - Moderne Verwaltung" zu einem Leitprojekt erklärt.

Die Vorschriften zum öffentlich-rechtlichen Vertrag im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sollen um Vertragstypen und Vertragsklauseln ergänzt werden, mit denen Kooperationsverhältnisse zwischen Staat und Privaten gestaltet werden können.

In Vorbereitung dieser Gesetzesänderung hat das Bundesministerium des Innern hierzu zwei Gutachtenaufträge vergeben.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 24)

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12. Örtlichkeitsprinzip und kommunale Daseinsvorsorge

Das so genannte Örtlichkeitsprinzip in Artikel 28 Abs. 2 GG begrenzt die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen auf "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft". Es hat sowohl Bedeutung für den Inhalt der wirtschaftlichen Betätigung als auch für die räumliche Reichweite.

Die wirtschaftspolitische Bedeutung des Örtlichkeitsprinzips besteht in einer Beschränkung der Leistungserbringung kommunaler Unternehmen auf solche Tätigkeiten, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben. Eine ausufernde wettbewerbsverzerrende Betätigung wird damit ausgeschlossen.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 6)

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13. Kostendeckungsprinzip und kommunale Daseinsvorsorge

Das abgabenrechtliche Kostendeckungsprinzip verbietet Gebühren zu erheben, die den Aufwand der Verwaltung wertmäßig übersteigen. Eine Gewinnerzielung auf Kosten des Bürgers wird dadurch ausgeschlossen. Die Kontrolle über die Einhaltung entsprechender kommunalabgabenrechtlicher Regelungen obliegt den Ländern.

Das Kostendeckungsprinzip gilt außerhalb des Gebührenrechts allerdings weder für die Unternehmen mit Bundesbeteiligung noch für kommunale Wirtschaftsunternehmen. Diese Unternehmen sind vielmehr grundsätzlich nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 7)

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14. Quersubventionierung (Querverbund) und kommunale Daseinsvorsorge

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die auf europäischer und deutscher Ebene bestehenden Instrumente (insbesondere im Beihilfe-, Subventions-, Vergabe- und Haushaltsrecht) ausreichen, um mögliche Quersubventionen aus gemeinwohlbezogenen und mit staatlichen Mitteln finanzierten Bereichen zugunsten wettbewerblicher Aktivitäten zu überwachen und erforderlichenfalls zu verhindern.

Die neue Transparenzrichtlinie sieht u. a. vor, dass Unternehmen, die sowohl subventionierte "Leistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse" erbringen als auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse tätig sind, ab dem 1. Januar 2002 getrennte Konten für die unterschiedlichen Geschäftsfelder (öffentliche Aufgabe/marktwirtschaftlicher Bereich) führen müssen. Wo dies zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie erforderlich ist, sind die zuständigen staatlichen Stellen also vor die Aufgabe gestellt, den genauen Umfang der im "rein privat-wirtschaftlichen Bereich" wahrgenommenen Tätigkeiten zu bestimmen. Insoweit kann die neue Transparenzrichtlinie mittelbar zur Konkretisierung des Begriffs der Daseinsvorsorge beitragen.

Der Anwendungsbereich der neuen Transparenzrichtlinie wird durch eine Reihe von Voraussetzungen und Ausschlussvorschriften in praktisch bedeutsamer Weise eingeschränkt.

Erhebungen auf Bundes- und Landesebene deuten darauf hin, dass die Richtlinie infolgedessen nur für eine begrenzte Anzahl von öffentlichen Unternehmen neue Pflichten mit sich bringen wird. Die Transparenzpflichten müssen beispielsweise nicht von Unternehmen beachtet werden, die marktbezogene Leistungen im öffentlichen Interesse, aber ohne Subventionen und im freien Wettbewerb erbringen.

Infolge der Liberalisierung ist das heute etwa im Telekommunikations- und Energiesektor der Fall. In einigen anderen Bereichen (z. B. im Verkehrs- und Postsektor) existieren EG-rechtliche Spezialvorschriften zur getrennten Kontenführung für unterschiedliche Geschäftsfelder, die den Pflichten aus der neuen Transparenzrichtlinie vorgehen.

Schließlich sind auch kleinere Unternehmen mit einem Nettoumsatz bis zu 40 Mio. Euro p. a. ausgeschlossen, so dass zahlreiche kommunale Unternehmen nicht betroffen sein werden. Diejenigen Unternehmen, die nicht den Ausnahmevorschriften der neuen Transparenzrichtlinie unterfallen, sind teilweise bereits jetzt auf Grund verwaltungsrechtlicher Vorgaben zu einer getrennten Kontenführung verpflichtet und insoweit gut auf die neue Transparenzrichtlinie vorbereitet.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antworten 10, 11, 12)

Im Rahmen ihrer Organisationshoheit haben die Kommunen das Recht, die gemeindlichen Einrichtungen einschließlich der Wirtschaftsbetriebe in geeigneter Weise zu organisieren, insbesondere auch mehrere Sparten oder Dienstleistungen in einem Betrieb oder einer Einrichtung zusammenzufassen (Querverbund).

Der kommunale Querverbund hat auf Grund seiner technischen, betriebswirtschaftlichen und z. T. auch steuerlichen Synergieeffekte eine lange Tradition.

Nach Auffassung der Europäischen Kommission, die von der Bundesregierung geteilt wird, ist die Quersubventionierung aus Tätigkeitsbereichen außerhalb der Daseinsvorsorge in Bereiche, in denen Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrgenommen werden, wettbewerbsrechtlich unproblematisch.

Der umgekehrte Weg unterliegt der beihilferechtlichen Kontrolle.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 23)

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15. Öffentlicher Auftrag und kommunale Daseinsvorsorge

Es ist das Anliegen der Bundesregierung, die Handlungs- und Entscheidungsspielräume von Ländern und Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge zu stärken. Deren Aufgabe ist es, die Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere durch Konkretisierung des öffentlichen Auftrages zu nutzen.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 16)

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16. Kommunale Beschäftigungsgesellschaften und Daseinsvorsorge

Kommunale Beschäftigungsgesellschaften bieten Personen Arbeit, die im Regelfall bei privaten Unternehmen keine Beschäftigung finden.

Dabei ist darauf zu achten, dass Beschäftigungsgesellschaften nicht in Konkurrenz zu privaten Unternehmen treten und reguläre Arbeitsplätze verdrängen.

Deshalb war und ist die Zusätzlichkeit der von Beschäftigungsgesellschaften durchgeführten Arbeiten ein wichtiges Kriterium für deren Tätigwerden.

Daneben darf aber nicht vergessen werden, dass Beschäftigungsgesellschaften nicht nur der Produktion von Gütern und Diensten dienen, sondern ihre Beschäftigten für die Aufnahme von regulärer Arbeit weiter qualifizieren.

Dies ist eine Leistung, die in privaten Betrieben oftmals gar nicht erbracht werden kann, weshalb Beschäftigungsgesellschaften auch weiterhin ein wichtiges Instrument aktiver Arbeitsmarktpolitik bleiben.

(vgl. DS DBT 14/6249, Antwort 22)

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